Deutschland / Die neuen Migrationspläne und was davon realistisch ist: Forderungen nach dem Attentat von Aschaffenburg
Faktisches Einreiseverbot, tägliche Abschiebungen und vieles mehr: Nicht nur die Union will drastische Verschärfungen der Migrationspolitik nach den Messermorden von Aschaffenburg. Doch Experten warnen vor nicht umsetzbaren Ankündigungen.
Die Ankündigungen von CDU-Chef Friedrich Merz nach den Morden durch einen Afghanen in Aschaffenburg und die Repliken aus anderen Parteien zeigen eins: Nach der Bundestagswahl wird es deutliche Verschärfungen in der Migrationspolitik geben. Möglicherweise auch noch vor dem Wahltermin am 23. Februar.
Zunächst aber noch einmal ein Überblick, was als Reaktion auf Aschaffenburg auf den Tisch gelegt wurde: Dabei stechen vor allem die fünf Punkte heraus, die Unionskanzlerkandidat und Oppositionschef Merz genannt hat. Erstens soll es ein faktisches Einreiseverbot für alle Menschen geben, die keine gültigen Einreisepapiere haben. Bei dauerhaften Grenzkontrollen zu allen Nachbarländern Deutschlands sollen sie aufgegriffen werden. Zweitens soll die Bundespolizei Haftbefehle aussprechen können und, drittens, sollen ausreisepflichtige Personen nicht mehr auf freien Fuß gesetzt werden nach einer Polizeikontrolle. Viertens soll es tägliche Abschiebungen geben und fünftens sollen ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder in unbefristeten Ausreisegewahrsam genommen werden.
Wir arbeiten mit dieser Partei nicht zusammenzu einer Zusammenarbeit mit der AfD
Auch SPD, Grüne und FDP sprachen sich für Konsequenzen in der Migrationspolitik aus. Allerdings sieht man insbesondere in der noch gemeinsam regierenden rot-grünen Koalition die Vorschläge von Merz kritisch und verweist auf bereits erfolgte Verschärfungen. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte etwa, dass das Grundrecht auf Asyl für die SPD nicht verhandelbar sei. Die Merz-Vorschläge für eine sofortige Zurückweisung an den deutschen Grenzen, die massive Erhöhung der Plätze für Ausreisegewahrsam, die Forderung nach Haftbefehlen der Bundespolizei und tägliche Abschiebungen werden in einem unserer Redaktion vorliegenden Papier der SPD-Bundestagsfraktion als rechtlich nicht machbar eingestuft. Auch von anderer Stelle kam Kritik. So hält beispielsweise die Gewerkschaft der Polizei (GdP) flächendeckende Kontrollen und Zurückweisungen an den deutschen Grenzen für nicht durchsetzbar.
Politisch heikel
Politisch besonders heikel ist jedoch die Ansage von Merz, dass es nach der Wahl mit ihm als Kanzler keine Kompromissbereitschaft bei dem Thema mehr gebe. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann machte gar deutlich, dass es entweder zu diesem Politikwechsel komme oder man in die Opposition gehe. Die Möglichkeiten für die Koalitionsbildung werden dadurch extrem verengt, was beispielsweise nach scheiternden Koalitionsverhandlungen wieder Populisten nützen könnte.
Auch Merz‘ Ankündigung von Anträgen für die kommende Sitzungswoche bietet politischen Sprengstoff. „Wir werden nächste Woche in den Deutschen Bundestag Anträge einbringen, die ausschließlich unserer Überzeugung entsprechen“, sagte er in Berlin bei einer Veranstaltung der Unionsfraktion. Merz weiter: „Wer diesen Anträgen zustimmen will, der soll zustimmen. Und wer sie ablehnt, der soll sie ablehnen. Ich gucke nicht rechts und nicht links. Ich gucke in diesen Fragen nur geradeaus.“
Es gibt mehrere Konstellationen, in denen die CDU/CSU eine Mehrheit für ihre Anträge im Bundestag bekommen könnte. „Es gibt keine Mehrheit im Deutschen Bundestag zwischen CDU, CSU und AfD“, sagte Merz. Es gebe auch keine Mehrheit von Union, AfD und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) – nur jene von SPD, Grünen und FDP oder von SPD und Union oder von Union, FDP und Grünen. Was Merz nicht erwähnte, ist eine mögliche Mehrheit von Union, FDP, AfD und BSW mit 372 Stimmen – die Mehrheit liegt bei 367.
Merz betonte jedoch, dass seine Haltung zur AfD klar sei und bleibe. „Wir arbeiten mit dieser Partei nicht zusammen.“ Dies bedeute erstens: „Wir gehen mit denen nicht zusammen in eine Regierung. Zweitens: Wir verhandeln mit denen im Deutschen Bundestag nicht über irgendwelche Anträge“, sagte Merz.
In der AfD zeigte man sich sofort gesprächsbereit, eins ihrer wichtigsten Ziele: die von der Union errichtete Brandmauer für eine Zusammenarbeit oder gar gemeinsame Koalitionen einreißen. In der SPD ist man alarmiert: Wenn der CDU-Vorsitzende die Ankündigung wahrmache, kommende Woche Gesetzentwürfe zur inneren Sicherheit ohne Abstimmung mit den anderen Mitte-Parteien zur Abstimmung zu stellen, „wäre das ein Dammbruch. Damit hätte seine Zusammenarbeit mit der AfD im Bundestag einen Freifahrtschein“, mahnte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, am Freitag.
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