Belgien / Nach monatelangem Warten auf eine Regierung: Die „Arizona“-Koalition steht

Der rechtskonservative Bart De Wever (l.) wurde gestern vom belgischen König Philippe (r.) als Regierungschef vereidigt
Nach acht langen Monaten und drei intensiven Verhandlungstagen endlich die Einigung: Belgien hat eine neue Regierung. Fünf Parteien haben sich unter Bart De Wever auf ein Programm geeinigt.
239 Tage hat es gedauert, bis sich in Belgien eine neue Regierung gefunden hat. Seit Montagmorgen ist es amtlich: Bart De Wever, Vorsitzender der rechtskonservativen Neu-Flämischen Allianz (N-VA), ist vom belgischen König Philippe als Regierungschef vereidigt worden. Er steht künftig an der Spitze der „Arizona“-Koalition, die aus insgesamt fünf Parteien besteht: der flämischen nationalistischen Partei N-VA, der flämischen christdemokratischen Partei CD&V, der flämischen sozialistischen Partei Vooruit, der frankophonen liberalen Partei Mouvement réformateur und der frankofonen zentristischen Partei Les Engagés. Am Freitag, nach drei Tagen und drei Nächten intensiver Verhandlungen, einigten sich die Unterhändler schließlich auf ein Regierungsprogramm.
Einer der Knackpunkte der Verhandlungen waren sozioökonomische Fragen, allen voran die einer größeren Steuerreform. Mit dieser sollen die Nettolöhne aller Arbeitnehmer durch eine Erhöhung des steuerfreien Betrages sinken. An der automatischen Lohnindexierung will die Regierung festhalten. Die während der Verhandlungen viel diskutierte Solidaritätsabgabe wird ebenfalls kommen. Diese sieht eine Steuer von zehn Prozent auf Kapitalgewinne aus Finanzanlagen wie Aktien, Anleihen und Kryptowährungen vor.
Veränderung der Rentenreform
Bart De Wever plant mit der neuen Regierungskoalition auch eine Veränderung der Rentenreform. Der Finanzminister und Rentenminister Jan Jambon (N-VA) übernimmt in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle. Die „Arizona“-Koalition hat sich letztlich darauf geeinigt, das Renteneintrittsalter für Staatsbeamte an das gesetzliche Renteneintrittsalter anzupassen. Besonders Militärangehörige und Angestellte der nationalen Eisenbahngesellschaft konnten bisher bereits mit 55 oder 56 Jahren in Rente gehen. Dieses Eintrittsalter wird nun schrittweise um sechs Monate pro Jahr an das gesetzliche Renteneintrittsalter von 67 angeglichen.
Kürzlich hatte diese Rentenreform zu einem landesweiten Streik in Belgien geführt, der unter anderem den Eisenbahnverkehr stark beeinträchtigte. Auch Luxemburg bekam die Auswirkungen zu spüren, da viele grenzüberschreitende Zugverbindungen gestrichen wurden und Pendler sowie Reisende erhebliche Einschränkungen hinnehmen mussten.
Zusätzlich wurde der gerade erst eingeführte Rentenbonus für Arbeitnehmer, die über das Rentenalter hinaus arbeiten, reformiert. An dessen Stelle wir eine neue Malus-Regelung für diejenigen eingeführt, die früher in Rente gehen. Gleichzeitig wird Arbeitnehmern mit 42 Dienstjahren der Renteneintritt mit 60 Jahren ermöglicht.
Nicht nur bei den Renten, auch beim Arbeitslosengeld will Belgiens Regierung einen härteren Kurs einschlagen. Je länger eine Person ohne Arbeit ist, desto mehr wird ihre Arbeitslosenunterstützung sinken. Ausnahmen gelten für Personen über 55 Jahren, die bereits eine lange Berufslaufbahn aufweisen können.
Strengere Migrationspolitik
Parallel zu den innenpolitischen Reformen plant die neue Regierung eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben. So sollen diese bis 2029 auf zwei Prozent und bis 2034 auf 2,5 Prozent des BIP angehoben werden. Theo Francken (N-VA), der neue Verteidigungsminister, wird sich in Zukunft um die Umsetzung dieser Maßnahmen kümmern. Der neue US-Präsident Donald Trump forderte die NATO-Staaten unlängst dazu auf, ihr Verteidigungsbudget auf fünf Prozent zu erhöhen. Am Montag sind deswegen die Staats- und Regierungschefs der EU zu einem Verteidigungsgipfel in Brüssel zusammengekommen.
Die Regierung von Bart De Wever strebt außerdem einen strengeren Kurs in der Migrationspolitik an, um erhebliche Einsparungen zu erzielen. Dazu gehört eine Reduzierung der Anzahl der Migrantenankünfte sowie die Einführung strengerer Regeln für die Annahme von Asylanträgen.
Auch bei der in Brüssel kontrovers diskutierten Energiepolitik konnte letzten Endes eine Einigung erzielt werden. Die fünf Koalitionäre haben beschlossen, das Gesetz zum Atomausstieg aufzuheben und die Laufzeit der aktiven Kernreaktoren um weitere zehn Jahre zu verlängern.
Am Montag wurden die neuen Minister vereidigt, darunter Bart De Wever (N-VA) als Premierminister, Jan Jambon (N-VA) als Rentenminister und Finanzminister sowie Maxime Prévot (Les Engagés) als Außenminister. Zu den weiteren Ministerposten gehören Theo Francken (N-VA) als Verteidigungsminister, Bernard Quintin (MR) als Innenminister, Frank Vandenbroucke (Vooruit) als Gesundheitsminister und Anneleen Van Bossuyt (N-VA) als Ministerin für Asyl und Migration.
Am Dienstag soll De Wever den belgischen Abgeordneten seine Regierungserklärung präsentieren. Die Parlamentsdebatte soll voraussichtlich am Mittwoch beginnen und die Abstimmung dazu bereits am Donnerstag erfolgen.
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