/ Medienfusion wird zum Politikum
Das US-Justizministerium klagt vor Gericht gegen die geplante Übernahme des Medienkonzerns Time Warner durch den Telekomriesen AT&T. Darunter fällt auch der Nachrichtensender CNN, einer der Lieblingsfeinde von Präsident Trump.
Von unserem Korrespondenten John Dyer
Aus Unternehmersicht ist es eine ganz normale Übernahme: Der Telekommunikationsgigant AT&T will für 85,6 Milliarden Dollar (73 Milliarden Euro) das Medien-Konglomerat von Time Warner kaufen. Die grundsätzliche Vereinbarung beider Unternehmen wurde schon im Oktober 2016 getroffen. Die Fusion sollte bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein.
Dazu wird es wohl nicht mehr kommen. Denn das amerikanische Justizministerium will die Übernahme verhindern und führt kartellrechtliche Gründe an. Daran gibt es aus politischer Sicht Zweifel, denn zu Time Warner gehört auch der Nachrichtensender CNN, der im Wahlkampf und seither durch kritische Berichterstattung über Präsident Donald Trump von sich reden gemacht hat. Auch ist er zu einem der wichtigsten Ziele der Trump’schen Medienkritik geworden, der nicht von CNN spricht, sondern Reportern des Senders auf Pressekonferenzen die Beantwortung ihrer Fragen mit folgender Bemerkung verweigert hat: „You are Fake News“ (Sie sind die Falschmeldung).
Justizministerium: Waffe gegen Konkurrenz
Die Klage gegen den Firmenzusammenschluss reichte das Justizministerium am Montag bei einem Bundesgericht in Washington D.C. ein. Zur Begründung hieß es, AT&T könne dann Sendungen von Time Warner auf seinen Medienplattformen, darunter auch dem 2015 gekauften Satellitensender DirecTV, Vorrang vor anderen Anbietern einräumen. Zu Time Warner gehören neben CNN auch Anbieter von Filmen und anderen Videoinhalten wie HBO, TBS und TNT.
„Würde diese Fusion erlaubt, dann würde die neu entstehende Firma … ihre Kontrolle von Time Warners populären Programmen als eine Waffe nutzen, um der Konkurrenz zu schaden“, heißt es in der Klageschrift. „Die vorgeschlagene Fusion würde zu weniger innovativen Angeboten und höheren Rechnungen für amerikanische Familien führen.“
AT&T will Gleichbehandlung
Die Fusionen großer Medienhäuser sind in den USA nichts Besonderes. Denn viele Unternehmen suchen den Zusammenschluss gegen die Konkurrenz der Internetanbieter wie Facebook und Google, um im Kampf um die Anzeigen-Dollars bestehen zu können. Diese Transaktionen machen meist keine juristischen oder speziell kartellrechtlichen Probleme, vor allem weil oft Firmen zusammengehen, die keine Konkurrenten sind. Umso mehr zeigten sich die Manager von AT&T am Montag empört über die Klage, hinter der sie eine Anweisung von Trump wegen CNN sehen.
„Die heutige Klage des Justizministeriums ist eine radikale und nicht zu erklärende Abkehr von jahrzehntelanger Praxis im Kartellrecht“, sagte AT&T-Justiziar David McAtee. Fusionen von Nicht-Konkurrenten wie diese „werden routinemäßig genehmigt, denn sie nutzen den Verbrauchern, ohne irgendeinen Konkurrenten aus dem Markt zu drängen“. McAtee fügte hinzu: „Wir sehen keinen rechtlichen Grund, warum unsere Fusion anders behandelt werden sollte.“
Konzernchef vermutet Trumps lange Hand
AT&T-Chef Randall Stephenson fragte sich auf einer Pressekonferenz öffentlich, ob nicht die persönliche Animosität von Trump gegen CNN eine Rolle bei der Klage des Justizministeriums gespielt habe. Der Präsident hat CNN auch seit seinem Amtsantritt häufig angegriffen. Er wisse nicht, ob das Weiße Haus hinter der Klage stecke, aber „niemand sollte überrascht darüber sein, dass diese Frage gestellt wird“.
Der Leiter der Kartellabteilung im Justizministerium, Makan Delrahim, sagte noch bei der Ankündigung der Fusion im vergangenen Herbst, er sehe „keine größeren Kartellrechtsprobleme“. Heute denkt er genau andersherum. Blair Levin von der angesehenen Denkfabrik Brookings Institution sagte, wenn ein solcher Einfluss erkennbar werde, „dann wird es für jeden Richter schwer, der Linie der Regierung zu folgen“.
Zum Autor
John Dyer schreibt von Boston aus über Politik, Wirtschaft und Technologie in Nordamerika. Ausser für Café Europe schreibt er auch für Newsday, den Boston Globe und andere Medien in Amerika und Europa. Den alten Kontinent kennt er von seinen Jahren an der Amerikanischen Universität in Sofia und durch ein Fellowship an der Universität Oxford.
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