Frankreich / Xis Europa-Spalten-Mission: Auftakt des chinesischen Staatsbesuchs in Paris
Ein Europabesuch ohne Stationen in Brüssel, Berlin, Warschau oder Rom – die Reise des chinesischen Staatschefs Xi Jinping wird aus EU-Perspektive besonders kritisch beobachtet, und gleich zum Auftakt hielt EU-Kommissionspräsidentin handfeste Drohungen bereit.
Weil die Welt gerade eine neue Ära voller Turbulenzen und Wandel erlebe, sollten China und Europa als wichtige Kräfte in der Welt zusammen zu Weltfrieden und Entwicklung beitragen, lautete die wichtigste Botschaft, die Chinas Staatschef Xi Jinping zum Auftakt seiner Europareise am Montag mit nach Paris gebracht hatte. Der deutsche Kanzler Olaf Scholz hatte zwar die Bitte von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron abgeschlagen, Xi gemeinsam ein einiges Europa vorzuführen, so wie es Macron bei Xis letztem Besuch mit Scholz-Vorgängerin Angela Merkel noch gelungen war. Doch am Auftakt-Treffen war auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dabei, um diese Funktion zu übernehmen. Und die packte gleich zu Beginn mehr Turbulenzen und Wandel auf den Tisch, als Xi lieb sein konnte.
„Europa kann wettbewerbsverzerrende Praktiken nicht akzeptieren“, stellte die Kommissionschefin so scharf wie entschlossen fest. Und sie verband damit sogleich eine klare Drohung: „Europa wird sich nicht von harten Entscheidungen abhalten lassen, um seine Wirtschaft und seine Sicherheit zu schützen“, kündigte sie in Paris an. Längst hat ihre Kommission Strafzölle auf chinesische Elektroautos vorbereitet und will die Entscheidung darüber offenbar noch vor den Europawahlen vom 6. bis 9. Juni forcieren. Nach dem Treffen gab sie in Paris zu Protokoll: „Subventionierte Produkte wie E-Autos und Stahl überschwemmen den europäischen Markt.“ Es drohe sogar eine „Deindustrialisierung“ Europas als Folge. Sie habe Xi daher gebeten, die „strukturellen Überkapazitäten“ anzugehen. Zugleich unterstrich sie, dass Europa bereit sei, Instrumente zur Verteidigung des Handels einzusetzen.
Berlin sorgt sich um China-Geschäft der Autoindustrie
Macron und von der Leyen sind sich in diesem Vorgehen einig. Mit Scholz will sich der französische Staatschef letzten Donnerstag in Paris eng abgestimmt haben. Doch die Haltung des Kanzleramts in Sachen China liegt meilenweit neben diesem Kurs und ist getragen von der Sorge um das China-Geschäft der deutschen Autoindustrie. Bei seiner jüngsten China-Reise fiel auf, dass Scholz sogar den Begriff des De-Risking mied, also die vor allem von den USA verfolgte Strategie, die Abhängigkeit von China runterzufahren. Macron, von der Leyen und Scholz als Gesprächspartner hätten Xi die Brüche in der europäischen China-Politik unmittelbar vorgeführt. Doch der Gast hatte sich durch die Wahl seiner Besuchsstationen rechtzeitig gewappnet, um die gespaltene europäische Aufstellung gegenüber China in vollen Zügen genießen und die Spaltung dabei noch vergrößern zu können.
Nach seinen Terminen mit Macron in Frankreich reist er am Mittwoch nämlich zunächst nach Serbien und seiner china- und russlandfreundlichen Nicht-EU-Führung. Dann für ganze drei Tage nach Ungarn und seinem china- und russlandfreundlichen EU-Regierungschef Viktor Orbán. Dort wird er dem Vernehmen nach weitere massive Investitionen Chinas in die EU-Auto- und Batterien-Produktion verkünden und damit zugleich das Instrument präsentieren, mit dem er versuchen könnte, die Strafzölle der EU durch seine beherrschende Stellung in Ungarn auszuhebeln. Beide Länder sind Teil der neuen chinesischen Seidenstraße, beide Länder setzen auf massive chinesische Investitionen und die Hauptstädte beider Länder will China nun mit einer neuen Eisenbahnlinie besser verknüpfen. Damit kommt auch der Einfluss Chinas in Europa voran.
Machtgeste für das heimische Publikum
Waren die Gespräche am Montag in Paris auch von der Erwartung der EU geprägt, dass Xi seinen Einfluss auf Russlands Präsident Wladimir Putin nutzt, um zu einem Ende des Angriffskriegs auf die Ukraine beizutragen und die neuerlichen Atomwaffendrohungen abzumildern, dürfte er in Budapest und Belgrad in Sachen Neutralität auf einer Wellenlänge funken. Von der Leyens Aufforderung, die Belieferung Russlands mit auch zu militärischen Zwecken nutzbarer Technologie einzustellen, dürfte ebenfalls nicht zu den serbischen und ungarischen Themen gehören.
„Ein Kuschel-Erlebnis war das Treffen von Chinas Diktator Xi mit den Präsidenten Macron und von der Leyen nicht“, stellte der China-Experte und Grünen-Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer am Montag fest. Besonders mit Blick auf die Risiken in den wirtschaftlichen Beziehungen sei von europäischer Seite offenbar Klartext geredet worden. Mit Verweis auf die Benennung der Gefahren für Europa und die Entschlossenheit zur Gegenwehr durch von der Leyen stellte Bütikofer fest: „Das klang erfreulicherweise ganz anders als bei dem Chinabesuch des Bundeskanzlers.“ Bemerkenswert sei gewesen, dass Chinas Propagandaapparat Pro-Xi-Demonstrationen inszeniert habe. Anscheinend sei es Peking gleichgültig gewesen, dass eine solche Machtgeste für das heimische Publikum in Europa nicht gut ankommt. „Man sieht daran: China scheut die Konfrontation nicht“, stellte Bütikofer fest. Umso mehr müsse Europa zusammenstehen.
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