Staatsbesuch / Beispiel Serbien: Wie China mit Krediten und Baubeton seinen Einfluss in Europa ausweitet – und festigt
Als „eiserner Freund“ gefeiert – und hofiert: Bewusst machte sich Chinas Staatspräsident Xi Jinping zum Ende seiner Blitzeuropatour in dieser Woche nach Serbien auf: Der EU-Anwärter ist ein Paradebeispiel, wie Peking mit Krediten und Baubeton den Einfluss in Europa ausweitet – und festigt.
Der hohe Gast aus dem Fernen Osten konnte sich in Belgrad wie in der Heimat wähnen. Nicht nur ein Meer roter Nationalflaggen und überdimensionierte Willkommensbotschaften erwarteten Chinas Staatschef Xi Jinping bei seiner zweitägigen Visite in Serbiens Hauptstadt. Hunderte von Autobussen hatten am Mittwoch aus allen Ecken und Enden des Balkanstaats tausende von Werksjublern vor den „Palast Serbiens“ gekarrt.
Als „unseren großen eisernen Freund“ würdigte Staatschef Aleksandar Vucic salbungsvoll seinen gefeierten Gast, der nirgendwo eine „solche Liebe wie in Serbien“ finden könne. Euphorisch feierte der ranghöchste Süßholzraspler des Landes auch die Unterzeichnung eines Freihandelsabkommens und zwei Dutzend weiterer Verträge. Schon in fünf Jahren könne serbischer Wein und in zehn Jahren gar auch Rakija zollfrei nach China exportiert werden, jubilierte der populistische Landesvater: „Wisst Ihr, was das für unser Land bedeutet? Die Rettung!“
Diplomatisch gab der pünktlich zum 25. Jahrestag der NATO-Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad eingesegelte Xi Jinping die Komplimente zurück. Vucic sei ein „außergewöhnlicher Staatsmann mit einer strategischen Vision“ würdigte er seinen in Europa wegen seines Schmusekurs mit Moskau zunehmend isolierten Amtskollegen: „Unsere Beziehungen sind ein wahres Beispiel der Beziehungen Chinas mit einem europäischen Land. Wir sind bereit, dies fortzusetzen – im Geist unserer eisernen Freundschaft.“
Tatsächlich ist der zwischen Ost und West lavierende EU-Anwärter ein Paradebeispiel, wie Peking mit Krediten und Baubeton seinen Einfluss in Europa ausweitet – und festigt. Doch was sind die Errungenschaften, der Charakter und der Preis dieser „eisernen Freundschaft“?
Chinas Kredite finanzieren Chinas Baufirmen, Serbien zahlt
Serbien kann in seinem diplomatischen Windmühlenkampf um den seit 2008 unabhängigen Kosovo im UN-Sicherheitsrat ebenso auf die Unterstützung von Peking wie auf die von Moskau zählen. Umgekehrt stellt sich Belgrad in der Taiwan-Frage resolut auf die Seite Pekings. „Für uns ist Taiwan China“, versicherte Vucic seinem Gast erneut.
Doch weniger als Verbündeter im Kosovo-Streit denn als williger Geldgeber für Infrastrukturprojekte ist China für den ausgezehrten Balkanstaat interessant. In nur einem Jahrzehnt haben sich Serbiens Schulden bei Chinas staatlichen Banken von 300 Millionen auf 3,7 Milliarden Euro nahezu verzwölffacht.
Im Gegensatz zur EU müssen bei von Peking vorfinanzierten Bauvorhaben weder lästige Ausschreibungen oder Bedarfsanalysen noch Umweltverträglichkeitsprüfungen vorgenommen werden. Einzige Bedingung: Den mit chinesischen Krediten finanzierten Bau von Autobahnen, Brücken und Kraftwerksblöcken sollen Chinas staatliche Baufirmen realisieren.
Vor allem China profitiert vom Handel
„Wie viel kostet uns die Liebe von Vucic und Xi?“, fragt sich ketzerisch das unabhängige Webportal „nova.rs“: „Wir nehmen ihr Geld, schenken ihnen unser Land und versacken stets tiefer im Schuldensumpf.“ Den Preis für die „eiserne Freundschaft“ der beiden Nationen habe nur eine zu bezahlen, so das bittere Fazit des Portals, das Serbien eher in Chinas eisernen Würgegriff denn in freundschaftlicher Umarmung sieht: „Nur die chinesischen Firmen profitieren.“
Zwar hat sich das Handelsvolumen zwischen den beiden Staaten zwischen 2017 und 2023 mit 6,09 Milliarden Dollar im Jahr mehr als verdreifacht. Doch obwohl der Anteil der serbischen Ausfuhren offiziell inzwischen von 3,5 auf 25,4 Prozent gestiegen ist, wird die vermeintliche Exportsteigerung in erster Linie durch das 2016 von dem chinesischen Zijin-Konzern übernommene Kupferbergwerk in Bor und das seit 2017 chinesisch geführte Stahlwerk in Smederevo erzielt. 92 Prozent der Ausfuhren nach China machen Kupfer und veredeltes Kupfer aus: Von dem von Vucic als „historisch“ gefeierten Freihandelsabkommen dürfte daher vor allem China selbst profitieren.
Zwar spielen Chinas Staatskonzerne auch als Direktinvestoren in Serbien eine stets größere Rolle. Doch ob der Bergbauriese Zijin, der Stahlkonzern Hesteels oder der Reifenhersteller Linglong: Auf Umweltschutzauflagen oder arbeitsrechtliche Vorschriften ihres Gastlandes pflegen chinesische Großunternehmen keinerlei Rücksicht zu nehmen. Als „typisches Verhältnis zwischen einem Kolonisator und seiner Kolonie“ umschreibt die Zeitung Danas die „eisernen“ Freundschaftsbeziehungen der ungleichen Bruderstaaten.
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