Vianden / 1.200 Nussbrote an einem Tag: So bewältigt Bäcker Claude Muller den „Nëssmoort“
Der „Veiner Nëssmoort“ zieht jährlich bis zu 20.000 Besucher an. Bäcker Claude Muller verkauft dort etwa 1.200 Brote – und ist dafür stundenlang im Einsatz.
Es ist 9.00 Uhr an einem Sonntag. Die Straßen des „Veiner Nëssmoort“ sind noch relativ leer, doch in drei Stunden werden die Menschen hier Schulter an Schulter durch die Gassen wandern. Bäcker Claude Muller rennt vom Verkaufsstand zur Theke, gibt Anweisungen, transportiert Kisten mit Backwaren und beantwortet die Fragen seiner Mitarbeiter. Der Mehlfleck auf seiner Nase verrät, dass er auch in der Backstube mit anfasst. Er ist schon seit 23.00 Uhr am Vorabend auf den Beinen. „Davor habe ich nur zwei Stunden geschlafen“, sagt er mit einem Grinsen. Müdigkeit ist in seinem Gesicht nicht zu erkennen. „Das sind meine Weihnachten“, betont der 33-Jährige.
Muller ist seit 2015 der Besitzer der Bäckerei „Au Croissant d’Or“ in Vianden. Davor befand sich der Betrieb seit der Gründung im Jahr 1902 im Familienbesitz der Familie Nosbusch. An den alten Traditionen, wie dem „Nëssbrutt“, hält Muller weiterhin fest. Während des „Nëssmoort“ verkauft er etwa 1.200 Laibe des dunklen Brotes mit Walnüssen aus Vianden. Es sei das Alleinstellungsmerkmal der Bäckerei – und der Bestseller an diesem Sonntag. „Dieser Tag ist extrem wichtig für den Betrieb. Wir verkaufen etwa 20- bis 30-mal so viel wie an anderen Tagen – das ist unsere Reserve für den Winter“, erklärt Muller. Während der kalten Monate sei in der Touristenstadt wesentlich weniger los, wodurch auch die Verkäufe zurückgehen.
Neben Brot verkauft die Bäckerei u.a. auch Waffeln, Nussbaumkuchen, Nuss-Eclairs, aber auch „Nësspaté“ und „Veinerlömmelen“. Damit Muller dieses Arbeitspensum stemmen kann, hat er sein übliches vierköpfiges Team für diesen Sonntag auf zwölf hochgeschraubt. Seine Frau steht hinter der Theke, sein 14-jähriger Sohn kümmert sich um die Kokosmakronen. Am liebsten hätte der Bäckermeister allerdings noch einen weiteren ausgebildeten Bäcker in der Backstube stehen. „Aber für nur einen Tag findest du niemanden“, bedauert der Luxemburger.
„Es ist meine Passion“
Zwei Männer helfen an diesem Sonntag beim Backen. Einer davon ist Geselle Jason Schmit. Der 29-Jährige arbeitet seit anderthalb Jahren im Betrieb und ist das zweite Mal beim „Nëssmoort“ dabei. Er ist seit Mitternacht auf den Beinen – das scheint ihn allerdings nicht zu stören. „Es ist irgendwie cool: Viele Menschen, immer etwas zu tun. Man muss die ganze Zeit Gas geben“, sagt Schmit. Er will ebenfalls einmal seine eigene Bäckerei eröffnen. „Es ist meine Passion. Ich habe den Beruf gelernt, weil ich es wirklich wollte und nicht weil ich musste“, erklärt der Geselle.
Die Arbeit scheint sich zu lohnen. Gegen 10.45 Uhr bildet sich beim Verkaufsstand der Bäckerei eine Schlange. Viele der Kunden scheinen sich sofort für mehr als nur eine Mahlzeit mit Nusswaren einzudecken. So auch Mich und seine Familie. Sie wohnen in Vianden und haben mehrere Tüten Backwaren im Gepäck. „Ein gutes Stück Nussbrot mit ‚Nësspaté’ oder ‚Veinerlömmelen’ ist etwas Wunderbares“, sagt der 54-Jährige. Er schickt seine Söhne kurz mit den Einkäufen zum Ablagern nach Hause, bevor die Einkaufstour weitergeht. „Wir erledigen unsere Einkäufe jedes Jahr am Morgen, wenn es etwas ruhiger ist. Ab einer gewissen Uhrzeit ist viel los und die Menschen sind dann auch schon … gut drauf“, sagt Mich.
Onofrio hat ebenfalls beim „Nëssbrutt“ zugegriffen. Auch wenn der 49-Jährige mittlerweile nicht mehr in Vianden wohnt, für den „Nëssmoort“ findet er seit etwa 20 Jahren immer wieder den Weg in seine alte Heimat. „Ich mache einen ‚Nëssmoort’-Abend mit der Familie – dann gibt es neben dem Brot auch noch ‚Nësspaté’ und ‚Nësszoossis’. Das schmeckt jedes Jahr immer wieder gut.“
Zwei Stunden Schlaf
Claude Muller hilft auch gegen 12.00 Uhr noch überall aus. Einmal bereitet er den Teig für die Waffeln vor, dann hilft er beim Brotbacken und kurz darauf bastelt er die Konstruktion für die Baumkuchen-Maschine. Und das, obwohl er seit mittlerweile 13 Stunden arbeitet. „Davor habe ich zwei Stunden geschlafen“, sagt Muller mit einem Grinsen. Und: Am Vortag hat er um Mitternacht in der Backstube mit der Arbeit angefangen.
An diesem „Nëssmoort“-Sonntag wird der Bäcker wohl gegen 19.00 Uhr ins Bett gehen. Wie schafft man diesen Aufwand? „Man muss es einfach machen – es ist einmal im Jahr. Da hilft die Gewohnheit, aber auch das Adrenalin gibt Energie. Denn die Menschen warten immerhin auf ihr Brot.“ Dem Bäckermeister bereite seine Arbeit weiterhin Spaß – und für den „Veiner Nëssmoort“ werde er auch kommendes Jahr wieder 20 Stunden am Stück arbeiten.
„Veiner Nëssmoort“
Der „Veiner Nëssmoort“ ist seit vielen Jahren fester Bestandteil des Veranstaltungskalenders von Vianden und zieht jährlich bis zu 20.000 Besucher an. Der Markt, der 1935 ins Leben gerufen wurde, entwickelte sich von einem reinen Verkaufsort für Nüsse zu einem renommierten Volksfest mit über 50-jähriger Tradition. Organisiert von der „Veiner Nëssmoort asbl“, einer Partnerschaft von lokalen Vereinen und Betrieben, in Zusammenarbeit mit der Stadt und dem Wirtschaftsministerium, bietet der Markt unter anderem kulinarische Nuss-Spezialitäten.
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