Europäischer Notruf-Tag / 112, da werden Sie geholfen
Der 11. Februar ist der Europäische Tag des Notrufs. Die 112, vormals 012, gibt es in Luxemburg seit 1966. Rund 60.000 Einsätze sind vergangenes Jahr über diese Telefonnummer ausgelöst worden. Anrufe waren es viermal mehr. Das dürfte auch daran liegen, dass oft angerufen wird, ohne dass ein Notfall vorliegt. Auch darauf soll am Donnerstag aufmerksam gemacht werden.
Claudia Thill entgeht nichts. An ihrem Arbeitsplatz in der Notrufzentrale in Gasperich hat sie das Land vor Augen. Die vielen Bildschirme zeigen ihr zum Beispiel, wer wo gerade im Einsatz ist.
Claudia Thill ist „Cheffe de salle“. Wenn sie Dienst hat, obliegt ihr die Koordinierung der Einsätze. Sie ist Ansprechpartner für die Mitarbeiter bei Fragen, die Einsätze betreffen, und sie hält den Kontakt zur Direktion, gibt Anregungen oder Beschwerden weiter. Seit August 2008 ist sie beim 112-Notruf. Während ihrer 12-Stunden-Schicht ist sie auch zuständig für das Pressebulletin „Info-Press“, mit dem die Presse über Unfälle, Brände oder sonstige Einsätze informiert wird
Am Tag unseres Besuchs wirkt die Atmosphäre recht entspannt. Das sei nicht immer so, sagt die Frau, die so leicht nichts aus der Ruhe zu bringen scheint. „Doch auch in Stresssituationen, wie beispielsweise am Tag des Tornados im Sommer 2019 versuchen wir, die Ruhe zu bewahren und kühlen Kopfes Entscheidungen zu treffen. Je nach Situation unterstützen wir uns dabei gegenseitig.“
Immer operationell
Herzstück von Claudia Thills Arbeitsplatz und wichtigste Verbindung zur Außenwelt sind Mikrofon und Kopfhörer. Sie erinnert sich an ein Ereignis vor fast 13 Jahren: „Im ersten Jahr meiner Arbeit hier ruft ein Junge an. Vielleicht sechs oder sieben Jahre alt. Er sagt, dass seine Oma im Wohnzimmer auf dem Boden liegt. Sie würde nicht mehr reagieren. Ich habe dem Jungen dann über Telefon erklärt, was er mit der Großmutter machen soll, bis der Krankenwagen eintrifft. Wie ich gehört habe, geht’s der Frau heute immer noch gut.“
Rund um die Uhr, an jedem einzelnen Tag des Jahres, ist die Notrufzentrale operationell. Es gibt standardisierte Prozeduren mit präzisen Fragebögen und diverse Einsatz- und Kommandostufen. „Letztendlich entscheidet aber immer noch der Mensch, der den Notruf entgegennimmt. Auch darüber, ob ein Einsatz vielleicht angepasst werden muss“, sagt Christopher Schuh. Deshalb würden für den Dienst in der Einsatzzentrale heute auch nur Frauen oder Männer rekrutiert, die vorher bei der Berufsfeuerwehr waren. „Dort sammeln sie wichtige Erfahrungen und bekommen das Bauchgefühl, auf das sie sich später am Telefon verlassen können müssen.“
Christopher Schuh ist Claudia Thills Chef, seit 2013 beim 112 und heute verantwortlich für die gesamte Koordination der Einsätze. Vom eingehenden Notruf bis zur Endanalyse des Einsatzes des CGDIS („Corps grand-ducal d’incendie et de secours“). Er erzählt, dass die Zentrale so ausgestattet sei, dass trotz eines Großeinsatzes oder wenn der „Plan nombreuses victimes“ ausgelöst wird zu jedem Zeitpunkt die anderen Einsätze normal weiter behandelt werden könnten.
Von Christopher Schuh erfahren wir, dass der Notruf in Luxemburg am 17. Mai 1966 ins Leben gerufen wurde: „In vielen Ländern ist in den 60er Jahren die Idee herangereift, den Notruf zentraler zu organisieren und eine einheitliche Anlaufstelle mit eigener Telefonnummer zu schaffen.“ Die Wahl fiel damals auf die 012. Kurz und einprägsam – und schnell auf den damaligen Telefonen mit Drehscheibe zu wählen. Das gilt auch für die 112, die seit 1993 die 012 verdrängt hat.
Umzug Ende des Jahres
In den 90er Jahren sei die Idee aufgekommen, EU-weit die gleiche Notrufnummer zu haben, so Schuh. Vor allem damit Bürger nicht lange zu überlegen brauchen, wenn sie in einem anderen Land unterwegs sind. Die 112-Nummer gilt heute in allen EU-Ländern, in der Schweiz und in Großbritannien. Und sie ist kostenfrei.
Den Europäischen Tag des Notrufs gibt es seit 2009. Warum der 11. Februar ausgewählt wurde, liegt auf der Hand oder in der Schreibweise: 11.2. Bingo!
Der diesjährige Notruftag ist der letzte am heutigen Standort in Gasperich. Seit 1993 ist man dort. Vorher war der Notruf in der rue Jean-Baptiste Esch in Belair. Ende 2021 soll voraussichtlich der Umzug ins neue Gebäude am Boulevard de Kockelscheuer sein – ebenfalls in Gasperich. Im Prinzip bedeutet das keine grundlegenden Veränderungen, aber mit den größeren Räumlichkeiten würden die Weichen gestellt, um der Entwicklung und der Nachfrage der nächsten Jahre gerecht zu werden, sagt Christopher Schuh. Dazu gehört auch das eCall-System, das bei schweren Autounfällen automatisch einen 112-Notruf absetzt.
Claudia Thill, die wir anfangs kennengelernt haben, wird „mit einem weinenden und einem lachenden Auge umziehen“. Dem insgesamt rund 40-köpfigen Notruf-Staff geht es wohl nicht wesentlich anders.
Unser 112 ist besonders
Die Leute in der 112-Zentrale beherrschen mindestens vier Sprachen. Das ist ziemlich einzigartig im internationalen Notrufwesen. Deshalb leisten die Luxemburger oft auch Übersetzungshilfe, wenn die deutschen oder französischen Kollegen sprachlich mal nicht weiterkommen. Dazu muss man auch wissen, dass beim Notruf das Netz gilt. Wer also beispielsweise im IKEA auf belgischer Seite ist, aber luxemburgisches Netz hat, der landet mit seinem Notruf nicht wie angenommen in Arlon, sondern in Luxemburg. „Wir verbinden dann einfach weiter“, sagt Christopher Schuh.
112 im Jahr 2020
242.671 Anrufe sind vergangenes Jahr über die Telefonnummer 112 in der Notrufzentrale in Gasperich eingegangen. Alle zwei Minuten einer. Durch die Anrufe kam es zu 59.721 Einsätzen, was einem Durchschnitt von 164 Einsätzen pro Tag oder einem alle sieben Minuten entspricht. Tendenz steigend. Rund 85% der Einsätze sind medizinische Notfälle. Der große Unterschied zwischen Anrufen und Einsätzen ist auch darauf zurückzuführen, dass die 112 fälschlicherweise oft von Leuten gewählt wird, die sich beispielsweise über diensthabende Krankenhäuser, Ärzte oder Apotheken informieren wollen.
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