Reisen / 130.000 Kilometer auf dem Motorrad: Anabela und Jorge Valente sind in 10 Jahren um die Welt gefahren
Seit zehn Jahren erscheint das luxemburgische Reisemagazin „diaries of“. Ende September gewannen die beiden Herausgeber Anabela und Jorge Valente beim Storyteller-Wettbewerb im schweizerischen Flims mit ihrem Vortrag „In zehn Jahren um die Welt“ den dritten Preis.
Am 1. April 2014 ereignete sich in Iquique (Chile) ein Erdbeben der Stärke 8,2 auf der Richterskala, mit anschließendem Tsunami. Anabela und Jorge Valente, zwei Globetrotter aus Luxemburg, erlebten die Naturkatastrophe vor Ort. „In dieser Gegend sind die Menschen an Erdbeben gewöhnt“, erzählt Jorge. „Jeder hat zu Hause einen mit dem Nötigsten gepackten Rucksack bereitstehen, damit er schnell fort kann. Wir hingegen sind aus der Dusche halbnackt auf die Straße gelaufen und mit allen Menschen auf eine Anhöhe hinter der Stadt geflüchtet, um vor dem erwarteten Tsunami in Sicherheit zu sein. Einige Personen halfen uns mit Kleidern aus.“
„Was für ein Pech“, war meine Reaktion. „Nein, nicht unbedingt, im Nachhinein betrachtet man viele Dinge des Lebens in einem anderen Licht“, sagt Anabela. Wer eine Reise macht, hat viel zu erzählen, und die beiden haben einige Geschichten auf Lager. Vor zehn Jahren haben sie beschlossen, ihr Hobby Reisen zum Beruf zu machen. Ihre Reiseerlebnisse veröffentlichen sie seitdem in dem zweimal jährlich erscheinenden Magazin „diaries of“.
2014 wussten sie bei ihrer ersten Reise nach Südamerika noch nicht, dass daraus ein Magazin mit Bestand entstehen sollte. „Wir wollten einfach mehr Zeit für unsere Reisen, das Fotografieren und Motorradfahren haben und beantragten bei unserem jeweiligen Arbeitgeber sechs Monate unbezahlten Urlaub. Wir entschieden, wenn einer von uns den Urlaub genehmigt bekommt, würde der andere kündigen. Schlussendlich wurde er uns beiden genehmigt.“
Das erste Abenteuer war nur als Reise geplant, doch bei der Rückkehr waren Freunde und Bekannte von den Fotos und Abenteuern begeistert und ermutigten sie, etwas mit dem Material zu tun, wie z.B. ein Buch zu veröffentlichen. So entstand die Idee eines Reisemagazins.
Kein einfaches Unterfangen, da sie nicht die Ersten mit einer solchen Idee waren und sie sich auch bewusst waren, dass Printmedien ein Risiko sind. Sie waren jedoch zuversichtlich, denn anders als herkömmliche Reiseführer wollen sie vor allem authentische Reiseerlebnisse erzählen. Jede Nummer besticht durch fantastische Fotografien und persönliche Reiseberichte, außerdem porträtieren sie zahlreiche Einheimische, die sie auch zu Wort kommen lassen.
Inspiration Che Guevara
Der Name ihres Magazins inspiriert sich an Ernesto Che Guevaras Reisebericht „Motorcycle Diaries“ (1952 unternahm der damals 23-jährige, spätere kubanische Revolutionär zusammen mit einem Freund eine neunmonatige Motorradreise durch Südamerika). Aus den Erlebnissen ihrer ersten, 22.000 Kilometer langen Reise entstanden drei Magazine über Chile, Argentinien und Peru.
Der Plan sei eigentlich gewesen, in sechs Monaten ganz Südamerika zu bereisen, was aber nicht so einfach war, da sie etwas nicht mit eingerechnet hatten: die Menschen vor Ort. Sie machten etliche Bekanntschaften, lernten neue Freunde kennen und wurden oft eingeladen, etwas länger zu bleiben.
Es folgten Reisen u.a. nach Georgien, in den Iran und die Mongolei, nach Japan, Tansania, Laos und Thailand. Auch Luxemburg haben sie eine Ausgabe gewidmet.
Wie viele Kilometer sie bis dato insgesamt zurücklegten, können sie nicht genau sagen. „Auf dem Motorrad sind es um die 130.000“, weiß Jorge.
Ihre Abenteuer sind zum großen Teil improvisiert: „Unsere einzigen Vorbereitungen betreffen die Flugtickets und die nötigen Visa. Zusätzlich informieren wir uns über Gesundheits- und Sicherheitsfragen der jeweiligen Region. Ansonsten verlaufen unsere Reisen ziemlich spontan“, sagt Jorge.
Während des Corona-Lockdowns mussten sie fünf Monate in Laos verbringen, was sie aber als Glücksfall bezeichnen. Laos sei eines der Länder, wo er sich vorstellen könnte, zu leben, sagt Jorge. „Aber man ist trotzdem immer froh, wieder zu Hause zu sein“, ergänzt Anabela schmunzelnd.
Die beiden ersten Nummern (Chile und Argentinien) entstanden noch parallel zu ihrer Arbeit. Vier Monate arbeiteten sie jeden Tag nach ihrem regulären Arbeitstag bis spät in die Nacht, um die erste Ausgabe vorzubereiten.
Anabela, als ehemalige Übersetzerin, schreibt die Texte und Jorge, gelernter Grafiker, macht die meisten Fotos und kümmert sich um das Design. Nach einem Jahr merkten sie, dass die zwei Jobs parallel nicht machbar waren. Die beiden kündigten, um sich voll und ganz ihrem Projekt zu widmen. Heute folgen nach den mehrwöchigen Reisen noch zwei Monate Arbeit am Computer zu Hause. Wurde die erste Nummer noch mit Crowdfunding finanziert, trägt sich das Magazin dank Abonnenten und Anzeigen mittlerweile selbst.
Das nächste Abenteuer steht kurz bevor: Im November fliegen die beiden nach Bali. Ihre vorherige Reise führte sie durch Malaysia (diaries of Nummer 20, „Malaysia“, erschien im Juli) und einen Teil von Indonesien bis eben nach Bali, wo sie ihr Motorrad gelassen haben. Von dort wollen sie weiter bis nach Ost-Timor fahren. Im Dezember erscheint dann Nummer 21, „diaries of Indonesia“.
Mehr von Anabela und Jorge finden Sie im Internet unter diariesofmagazine.com.
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