Kommissionssitzung / 180-Grad-Wendungen und ein Millionenkredit: Neues in der Causa Caritas
Die Regierung zeigt in der Causa Caritas Kehrtwenden: Nach anfänglicher Ablehnung soll nun ein Millionen-Darlehen fließen. Doch wesentliche Fragen zum Arbeitsrecht bleiben weiter offen.
Mehr als zwei Stunden dauerte die Kommissionssitzung zur Causa Caritas am Mittwoch. Premierminister Luc Frieden, Kooperationsminister Xavier Bettel, Bildungsminister Claude Meisch und Familienminister Max Hahn teilten den Abgeordneten die neuesten Informationen mit.
Warum es in der Causa Caritas keinen sogenannten „transfert d’entreprise“ gegeben hat, bleibt dabei auch nach der Sitzung ein zentraler Kritikpunkt. Zudem bleibt ein Großteil der Fragen zum Arbeitsrecht offen. Denn: Arbeitsminister Georges Mischo glänzte am Mittwoch mit Abwesenheit. An seiner Stelle ging Premierminister Luc Frieden auf die Fragen der Abgeordneten ein. Es gebe unterschiedliche Interpretationen, was einen „transfert d’entreprise“ angeht – deswegen müsse die Angelegenheit von Gerichten geklärt werden. Die Regierung selbst habe damit nichts zu tun.
Djuna Bernard („déi gréng“) findet diese Aussage jedoch problematisch: „Es ist deutlich, dass die Regierung sich nicht verantwortlich fühlt“, sagt die Abgeordnete im Gespräch mit dem Tageblatt und weist darauf hin, dass die Regierung Konventionen in Millionenhöhe an HUT vergeben hat. „Wir haben noch nicht verstanden, warum die Personalübernahme nicht nach dem Arbeitsrecht geregelt wird“, sagt auch Marc Spautz (CSV) gegenüber dem Tageblatt. Es werde noch zum juristischen Streit kommen. Für Marc Baum („déi Lénk“) ist die Abwesenheit des Arbeitsministers ein Zeichen dafür, dass die Regierung ihre Verantwortung bezüglich des Arbeitsrechts nicht ernst nimmt. „Alle Fragen, die das eigentliche heutige Anliegen waren, konnten nicht beantwortet werden“, sagt Baum. HUT sei eine parastaatliche Organisation, also habe die Regierung Verantwortung zu tragen.
„Es sind noch immer ganz viele Fragen offen“, findet auch die LSAP-Abgeordnete Taina Bofferding. Die Situation sei chaotisch und alles andere als transparent. „Es heißt, die neuen Verträge enthalten Dispositionen, die gegen das Arbeitsrecht verstoßen“, sagt Bofferding. Wenn so etwas im Raum steht, müsse dies überprüft werden. Der Premierminister mache es sich leicht, indem er sage, die Regierung hätte keine Verantwortung. „Die Politik hängt mit in der Sache, weil sie mit HUT Konventionen abgeschlossen hat.“
Unerwartete Kehrtwende bei finanzieller Unterstützung
Auffallend an der Kommissionssitzung ist zudem, dass sie einige Kehrtwenden der Regierung zum Vorschein brachte. Zum einen ist da der Aspekt der finanziellen Unterstützung. Mit der Begründung, dass die Gelder sonst direkt an die Banken fließen, hatte es bisher von Premier Luc Frieden geheißen, der Staat werde „keinen Euro“ an die Caritas zahlen. Das soll sich allerdings ändern: Um eine Insolvenz der Organisation zu verhindern, will der Staat ihr nun fünf Millionen Euro in Form eines Darlehens zukommen lassen.
„Das sind sehr gute Nachrichten, aber warum erst jetzt?“, fragt sich Djuna Bernard. Man freue sich zwar darüber, dass eine Lösung gefunden wurde. Allerdings stelle sich durchaus die Frage, warum nicht bereits zuvor mit einem Darlehen ausgeholfen wurde. „Es hieß, wir werden keine Gelder geben. Jetzt geht es ja doch“, sagt Bernard. So sieht es auch Marc Baum: „Die Frage stellt sich – es wäre zum Beispiel mehr Zeit für den Aufbau einer neuen Struktur dagewesen und man hätte Gerichtsprozesse abwarten können.“ Auch Taina Bofferding versteht nicht, warum ein solches Darlehen nicht schon eher in Betracht gezogen wurde.
Eine weitere Kehrtwende kam von Kooperationsminister Xavier Bettel (DP). Dieser hatte zuvor behauptet, nicht von der Caritas kontaktiert worden zu sein. Eine Konfrontation mit den Aussagen von Christian Billon, der das genaue Gegenteil behauptete, scheint nun auch auf internationalem Niveau etwas auszulösen. „Der Druck der letzten Wochen scheint gewirkt zu haben“, freut sich Bernard. Bettel habe jedoch noch keine Details angekündigt und lediglich auf künftige Kooperationen verwiesen. Laut Marc Spautz würden die internationalen Aktivitäten nicht vom Staat übernommen, sondern es werde nach anderen Partnern gesucht, die diese übernehmen können. „Zumindest gibt es die Hoffnung, dass die bestehenden Projekte übernommen und die Leute weiterhin beschäftigt werden“, sagt Spautz. Dies sei von großer Wichtigkeit.
Opposition sieht 180-Grad-Wende der Regierung
Der Frage nach dem Verbleib der politischen Stimme der Caritas scheint ebenfalls einen Umschwung zu erleben. „Vor einigen Wochen hieß es noch eiskalt, das wäre nicht die Arbeit der Regierung“, sagt Bernard. Ein potenzielles Verschwinden dieses Aspekts sei ein oft kritisiertes Thema. Die Betroffenen sollen nun in einer nicht-staatlichen Struktur, zum Beispiel der Fedas (Verband der Akteure im Sozialwesen), angesiedelt und vom Staat kofinanziert werden. „Die, die den Staat immer daran erinnern, was gemacht werden muss, werden nicht vom Staat selbst übernommen“, sagt Marc Spautz. „Der richtige Weg ist jetzt zu schauen, dass die ‚cellule politique’ erhalten bleibt.“ Alle seien sich einig gewesen, dass ihr Verschwinden nicht gut sei. Für Taina Bofferding stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, warum HUT die betroffenen Personen nicht doch übernehmen könnte, denn „die kritische Stimme der Caritas ist wichtig“. Es sei nicht klar, welche die konkreten Werte und langfristigen Aussichten der neuen Organisation HUT seien.
Grünen-Abgeordnete Bernard schlussfolgert gegenüber dem Tageblatt, dass die Regierung in einigen Punkten eine 180-Grad-Wendung gemacht hat. Dies sei insbesondere auf den Druck der Opposition und der Medien zurückzuführen. „Wir müssen schauen, was die Umsetzung bringt, aber es scheint sich etwas zu bewegen“, sagt die Abgeordnete. Frustrierend bleibe jedoch die Unbekümmertheit der Regierung, was das Einhalten des Arbeitsrechts angeht – das Fehlen einer klaren Haltung sei bedauerlich.
Viele Probleme hätten durch das richtige Krisenmanagement vermieden werden können, findet Taina Bofferding. Derzeit funktioniere der Premierminister eher „wie der CEO der Firma Luxemburg, der die Sache rein aus der Perspektive der Buchhaltung betrachtet.“ Bis heute hätten die Akteure Regierung, Caritas und Bistum nicht zusammen an einem Tisch gesessen. „Es sind noch immer ganz viele Fragen offen“, sagt Bofferding.
Lesen Sie auch:
Nach Transfer / HUT übernimmt Aktivitäten der Caritas – nur zwei Mitarbeiter unterzeichnen nicht
„Illegal und moralisch verwerflich“ Transfer von Caritas zu HUT: OGBL zieht vor Gericht
Caritas-Skandal / „Leadership mit Herz sieht anders aus“: Grüne fordern mehr Antworten
Kommissionssitzung / Ein bisschen gerettet: Die Chamber diskutiert über die Zukunft der Caritas
- „Die Chemie stimmt“: Nationale-2-Leader Racing vor dem Pokalduell gegen die Amicale Steinsel - 3. Dezember 2024.
- Was im Fall eines Regierungssturzes passiert - 3. Dezember 2024.
- Nach ruhigem Inversionswetter: Zweite Wochenhälfte wird turbulenter - 3. Dezember 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos