Zentrum für Gleichbehandlung / 2021 wurden mehr Fälle von Diskriminierung wegen Herkunft bearbeitet
An 245 Fällen von Diskriminierung hat das „Centre pour l’égalité de traitement“ (CET) im vergangenen Jahr gearbeitet – das geht aus dem am Dienstag vorgestellten Aktivitätenbericht zum Jahr 2021 hervor. Im Vergleich zu den Vorjahren haben sich demnach mehr Menschen an das Zentrum gewandt und: Vermehrt ging es dabei um Ungleichbehandlung in Zusammenhang mit ethnischer Herkunft.
Während es vielerorts auch im zweiten Pandemiejahr etwas ruhiger zuging, lautet das Fazit vom „Centre pour l’égalité de traitement“ (CET) für 2021: „Es war ein aktives Jahr – trotz oder gerade wegen der Pandemie.“ Das schlussfolgerte der Präsident des Zentrums für Gleichbehandlung, Patrick Hurst, am Dienstag bei der Vorstellung des Aktivitätenberichts vom vergangenem Jahr. An 245 Fällen wurde 2021 gearbeitet, 23 davon standen im Zusammenhang mit der Pandemie.
Zur Erklärung: Das Zentrum für Gleichbehandlung setzt sich in Luxemburg gegen Diskriminierung ein. Wenn eine Person Opfer von Ungleichbehandlung wird oder das Gefühl hat, aus verschiedenen Gründen – wie unter anderem Ethnie, Geschlecht oder einem vorhandenen Handicap – benachteiligt zu werden, kann sie sich beim CET melden. „Wir fragen dann nach möglichen Beweisen, zum Beispiel E-Mails oder Zeugenaussagen, beraten uns und wenden uns an die andere Partei“, erklärt Patrick Hurst.
Der CET spricht das diskriminierende Verhalten an und nimmt sozusagen die Rolle des Vermittlers ein. Meist findet sich so eine Einigung, es gibt aber auch Fälle, die vor Gericht landen. Denn Diskrimination ist ein Verstoß gegen das Gesetz. Bei den im Zusammenhang mit Corona stehenden Situationen von 2021 ging es unter anderem um Fälle, in den Menschen mit einem Handicap oder wegen einer Krankheit keine Maske tragen konnten – und ihnen trotz eines entsprechenden Nachweises der Zutritt verweigert wurde. „In einem Supermarkt wollte die Geschäftsführung eine Person deshalb nicht hereinlassen“, berichtet man beim CET.
Aktualität sensibilisiert
Bei den meisten Dossiers ging es 2021 allerdings um Diskriminierungen aufgrund der tatsächlichen oder vermeintlichen Zugehörigkeit zu einer – wie es im aktuellen Antidiskriminierungsgesetz von 2006 formuliert wird und an dessen Wortlaut sich das CET orientiert – „Rasse“ oder ethnischen Herkunft: 60 solcher Fälle gab es im vergangenen Jahr. Auf die Kategorie „andere“ (50 Fälle) folgen Diskriminierungen im Zusammenhang mit einem Handicap (48 Fälle). Damit befindet sich auf ethnische Herkunft bezogene Diskrimination erstmals an erster Stelle.
In den Jahren zuvor hatten die meisten Diskriminierungsfälle mit dem Handicap eines Menschen zu tun. Die Verantwortlichen des CETs sehen den Grund für diese Verlagerung in einer Konferenz von November 2019 mit dem Titel „Being Black in Luxembourg“ und andererseits in der Black-Lives-Matter-Bewegung sowie der Mediatisierung um den Fall George Floyd im Mai 2020. „Das hat Rassismus in Luxemburg zur Sprache gebracht“, meint Patrick Hurst. CET-Direktorin Nathalie Morgenthaler ergänzt: „Die Menschen werden durch die Aktualität sensibilisiert und auf die eigenen Rechte aufmerksam. Dabei werden sie sich vielleicht bewusst, dass sie selbst Opfer von Diskriminierung sind.“
245 Fälle. Damit wurden so viele Dossiers wie noch nie bearbeitet. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 waren es 203, im Jahr zuvor 155. In den meisten Fällen ging es 2021 um Diskriminierung am Arbeitsplatz (77), häufig waren auch solche, die unter die Kategorie „Accès aux/fourniture de biens et services“ (61) fallen. „Ein konkretes Beispiel dafür ist, wenn eine Person wegen ihrer Hautfarbe nicht in eine Diskothek hereingelassen wird. Oder wenn eine Immobilienagentur keine Kinder in der Wohnung haben will – das ist Diskriminierung aufgrund von Alter“, erklärt Nathalie Morgenthaler.
Sechs Motive
In fast der Hälfte der Fälle (124) konnte das Zentrum für Gleichbehandlung das Problem der Antragstellerinnen oder Antragsteller lösen. Insgesamt 55 Mal zogen sich die Menschen von der laufenden Prozedur zurück. In 41 Fällen konnte keine Diskrimination nachgewiesen werden – oder aber die Anträge fielen nicht in den gesetzlich festgelegten Zuständigkeitsbereich des CET. Demzufolge ist das aktuell dreiköpfige Team nämlich für folgende sechs Motive von Diskriminierung zuständig: „Alter“, „Geschlecht“ „Handicap“, „Rasse/Ethnische Herkunft“, „Religion/Überzeugung“ und „sexuelle Orientierung“.
Zum Zentrum für Gleichbehandlung
Das „Centre pour l’égalité de traitement“ (CET) in Luxemburg wurde 2008 im Zuge einer Direktive der Europäischen Union gegründet und kümmert sich seitdem darum, die Gleichbehandlung aller Menschen zu analysieren und zu fördern. Diskriminierung – sei es in Bezug auf Alter, Ethnie, Geschlecht, Handicap, Religion beziehungsweise Glaubensbekenntnis oder sexuelle Orientierung – soll demnach verhindert werden. Dazu veröffentlicht das CET unter anderem Berichte, gibt Empfehlungen und Ratschläge und erstellt eigene Studien. Und: Das Team berät Opfer von Diskriminierung sowie Menschen, die sich benachteiligt fühlen. An das CET kann man sich unter der Telefonnummer 28 37 36 35 oder per E-Mail an info@cet.lu werden. Termine vor Ort werden nach Vereinbarung vergeben.
„Wenn sich nun ukrainische Flüchtlinge bei uns melden, dann können wir eigentlich nichts tun. Eine Diskriminierung betrifft dann die Kategorie ‚Nationalität’ und da sind wir nicht der richtige Ansprechpartner – da wir diese Kompetenz nicht haben“, erklärt Nathalie Morgenthaler einen Umstand, der beim CET schon länger für Frustration sorgt. Bisher hätten sich laut den Verantwortlichen des Zentrums allerdings noch keine Flüchtende aus der Ukraine wegen Problemen mit Diskriminierung gemeldet. Das wohl auch, weil die Situation noch sehr rezent ist.
Bereits vor zwei Jahren hatte Morgenthaler im Gespräch mit dem Tageblatt beklagt, dass der Handlungsraum des Zentrums begrenzt sei und es an den nötigen Kompetenzbereichen sowie Mitteln fehle. Deshalb hält das CET weiter an seinen Forderungen zur Änderung des Antidiskriminierungsgesetzes von 2006 fest, in dem unter anderem die Mission des Zentrums definiert ist. Indes freut man sich allerdings darüber, dass ab Juli eine Juristin das dreiköpfige Team unterstützen wird. Gestärkt will man so weiter gegen Ungleichbehandlung vorgehen – im Bereich der gegebenen Möglichkeiten.
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