/ 21 Kanonenschüsse und viele ergreifende Momente: Luxemburg verneigt sich vor Großherzog Jean
Zahlreiche Bürger waren gekommen, um Großherzog Jean ihre letzte Ehre zu erweisen. Der Trauerumzug war ein ergreifender Moment in der Geschichte Luxemburgs.
Samstag, 9.30 Uhr. Noch ist es ruhig. Nur wenige Bürger sind bislang da, um Abschied von Großherzog Jean zu nehmen, der zwischen 1964 und 2000 die Geschicke des Landes leitete. Einzig am Souvenirgeschäft auf der place de la Constitution, gleich gegenüber dem Vorplatz der Kathedrale, haben sich ein paar Schaulustige eingefunden, die Wind und Wetter trotzen.
Kurz vor 10.00 Uhr stehen die Mitglieder der Chamber in der rue de l’Eau. Die Schöffen und Gemeinderäte der Stadt Luxemburg sowie die Vertreter von Justiz und Magistratur kommen hinzu. Auch sie sind Teil der rund 1.400 Gäste, die dem Pontifikalamt beiwohnen werden.
Bevor die Abgeordneten den Weg zur Kathedrale in Angriff nehmen, ist die Regierung an der Reihe, angeführt von den beiden Vizepremierministern Etienne Schneider und Felix Braz. Es folgen ehemalige Minister, darunter Marie-Josée Jacobs, Fernand Boden und Henri Grethen.
10.30 Uhr: Wie es das Programm vorsieht, fahren die ersten Limousinen die ausländischen Trauergäste zur Kathedrale, zunächst die Mitglieder der nicht-regierenden Adelsfamilien, darunter Vertreter aus Griechenland, Rumänien und Bulgarien. Mittlerweile stehen wesentlich mehr Menschen entlang der Gitter, die den Weg absperren, den der Sarg mit der sterblichen Hülle von Großherzog Jean in Kürze nehmen wird.
250 Scouts der LGS und FNEL stehen Spalier
In der rue de la Reine stehen eine Ehrengarde von Armee und Pfadfindern Spalier. Rund 250 Mitglieder der „Lëtzebuerger Guiden a Scouten“ (LGS) und der „Fédération nationale des éclaireurs luxembourgeois“ (FNEL) haben sich eingefunden, um beim letzten Geleit des Chef-Scouts dabei zu sein.
Es hat aufgehört zu regnen. Es ist nach wie vor kalt, mit Temperaturen nur knapp über dem Gefrierpunkt. Vielleicht war das Wetter ja auch so, als Großherzog Jean am 5. Januar 1921 auf Schloss Berg das Licht der Welt erblickte.
Das Defilee der Limousinen setzt sich unterdessen fort. Der Hochadel ist zahlreich erschienen, unter anderem König Philippe und Königin Mathilde aus Belgien sind zu sehen. Auch König Albert II. und Königin Paola sowie Prinzessin Astrid und Prinz Laurent sind gekommen, um Großherzog Jean die letzte Ehre zu erweisen. Aus den Niederlanden ist die ehemalige Königin Beatrix angereist, aus Kopenhagen die dänische Königin Margrethe II., aus Norwegen König Harald V.
Auch König Carl XVI. Gustaf von Schweden hat den Weg nach Luxemburg auf sich genommen. Das spanische Königshaus ist mit dem ehemaligen König Juan Carlos und Königin Sofia vertreten, Monaco mit dem regierenden Fürsten Albert II.
Aus Buckingham Palace hat Prinzessin Anne, Tochter von Queen Elizabeth, die Reise ins Großherzogtum angetreten. Den wohl weitesten Weg hat Prinz Hassan aus Jordanien zurückgelegt. Mit dabei sind auch die ehemaligen Staatschefs aus Deutschland und Frankreich Joachim Gauck und Nicolas Sarkozy.
Haubitze ein Geschenk der Irish Guards
Kurz vor 11.00 Uhr ist das Defilee der Limousinen vorbei. Die Militärmusik hat sich in der rue de la Reine aufgestellt. Die auf halbmast stehenden Fahnen wehen im Wind. Stille. Nur Glockengeläut ertönt aus der Kathedrale. Daneben sind die Kommandos der Armeeoffiziere zu hören sowie das Geräusch der Stiefel der Soldaten. Auch die Pfadfinder nehmen Haltung an.
Es ist 11.11 Uhr, als der Sarg von Großherzog Jean, der auf einer Haubitze, einer Kanone, angebracht ist und von einem Humvee der luxemburgischen Armee gezogen wird, in die Kathedrale geleitet wird. Die Kanone stand noch bis vor kurzem im Militärmuseum in Diekirch. Sie ist ein Geschenk der Irish Guards, des ehemaligen Regiments von Großherzog Jean, und wurde am vergangenen Wochenende gesandstrahlt und lackiert.
Insgesamt 21 Kanonenschüsse ertönen im 10-Sekunden-Takt, als der Sarg das großherzogliche Palais verlässt. Er wird von Offizieren der Luxemburger Armee und der Police grand-ducale begleitet. Dahinter schreiten Großherzog Henri, Großherzogin Maria Teresa, die Prinzen Jean und Guillaume sowie deren Ehefrauen und die Prinzessinnen Marie-Astrid und Margaretha sowie deren Ehemänner. Das erbgroßherzogliche Paar und dessen Verwandte folgen, vor den nationalen Autoritäten wie Chamber-Präsident Fernand Etgen, Premier Xavier Bettel und Agnès Durdu, die Präsidentin des Staatsrates.
„Et ass en ergräifende Moment an der Geschicht vun onsem Land. Ech hunn et als wichteg ëmfonnt, haut hei ze sinn. Präsenz ass wichteg, och wann ech an der Stad wunnen“, sagt Georges Schmitz, der sich wie so viele andere an diesem 4. Mai 2019 eingefunden hat, um Abschied von Großherzog Jean zu nehmen.
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