Medienbericht / 3. Mai: An diesem Tag hätte der Finanzbetrug bei der Caritas auffliegen können
Neue Erkenntnisse im Caritas-Finanzskandal: Laut dem Rechercheportal Reporter war ein Wirtschaftsprüfer bereits am 3. Mai zweifelhaften Überweisungen auf der Spur. Es wurde alles getan, um den Vorfall zu vertuschen.
Am 3. Mai 2024 hätte der Finanzbetrug bei der Caritas aufgedeckt und der betroffene Betrag mindestens halbiert werden können, berichtet Reporter am Montagmorgen. Denn an jenem Freitag soll ein Mitarbeiter von Grant Thornton, einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die Finanzabteilung der Caritas auf Überweisungen angesprochen haben, die ohne Belege getätigt worden sind – was in der Abteilung Panik ausgelöst haben soll.
Im Anhang der E-Mail des Wirtschaftsprüfers wurde laut Reporter in einer Datei um Erklärungen zu einer Reihe von Überweisungen zwischen Ende Januar und Ende Februar 2024 gebeten. Die fraglichen Gelder seien vom Konto der Caritas bei der BCEE auf mehrere Konten bei der BBVA in Spanien zugunsten der türkischen NGO ASAM geflossen. Eigentlich arbeite die Partnerorganisation der Caritas aber nur mit Banken aus ihrem Heimatland zusammen.
Es scheine niemanden gestört zu haben, dass die Gelder – die zuvor auf das türkische Konto der Organisation überwiesen worden waren – nun bei einer Bank mit Sitz im spanischen Bilbao gelandet waren. Aber: ASAM war dort nicht tätig und habe auch keinen Grund, dort tätig zu sein, schreibt Reporter. Die türkische NGO ist eine der beiden humanitären Organisationen, die ohne ihr Wissen dafür genutzt wurden, 61 Millionen Euro bei der Caritas zu veruntreuen. Die zweite sei der internationale Caritas-Dachverband „Caritas Internationalis“.
Mehr als fünf Millionen Euro innerhalb weniger Wochen überwiesen
Mehr als fünf Millionen Euro, aufgeteilt in elf Zahlungen, seien innerhalb weniger Wochen auf Konten der BBVA überwiesen worden – obwohl die finanzielle Beteiligung der Caritas an ASAM sonst kaum mehr als zwei Millionen pro Jahr groß war. Allein am 29. Februar seien vier Überweisungen „in Höhe von knapp unter 500.000 Euro“ ausgeführt worden, schreibt Reporter.
Die Anfrage des Wirtschaftsprüfers von Grant Thornton habe die Caritas zwei Wochen vor der Genehmigung des Jahresabschlusses durch die Generalversammlung erreicht. Denn der Rechnungsprüfer habe sicherstellen müssen, dass nach dem Abschluss zum 31. Dezember 2023 keine wichtigen Ereignisse eingetreten seien, die sich darauf hätten auswirken können. Deshalb habe er einen Mitarbeiter der Caritas nach Zahlungen gefragt, die in den ersten Monaten des Jahres 2024 getätigt wurden – eigentlich ein Routinevorgehen. Dennoch seien eine Assistentin der Finanzabteilung und die Finanzchefin in Panik geraten, berichtet Reporter.
Zweifel am „Präsidentenbetrug“ – auch laut Tageblatt-Informationen
Denn der Wirtschaftsprüfer habe neben der Finanzdirektorin und einer Assistentin eine weitere Mitarbeiterin der Caritas in Kopie seiner E-Mail gesetzt – und diese habe nichts von den geheimen Transaktionen gewusst. Daraufhin seien große Anstrengungen unternommen worden, um zu überprüfen, ob die Mitarbeiterin einen Alarm auslösen würde, schreibt Reporter.
Das Medium stellt deswegen die These vom „Präsidentenbetrug“ infrage. Es gibt zudem weitere Zweifel: Laut Informationen des Tageblatt habe es unter jeder Überweisung zwei Unterschriften gegeben, die der Finanzdirektorin und die eines zweiten Mitglieds der Generaldirektion – die des Generaldirektors sei jedoch nicht dabei gewesen.
Die Finanzdirektorin der Caritas soll angeblich mit den vermeintlichen Betrügern – einer davon soll sich als Caritas-Generaldirektor Marc Crochet ausgegeben haben – in Kontakt gewesen sein. Dieser soll von einer bevorstehenden wichtigen Finanztransaktion gesprochen haben, die streng vertraulich bleiben sollte. Seit Februar 2024 sind vor diesem mysteriösen Hintergrund 61 Millionen Euro bei der Caritas verschwunden, 28 Millionen aus den eigenen Reserven und 33 Millionen aus Kreditlinien. Die Staatsanwaltschaft hatte Anfang August gemeldet, dass der Betrugsskandal bei der Caritas aller Wahrscheinlichkeit nach mit einem sogenannten „Präsidentenbetrug“ in Zusammenhang stehe. Radio 100,7 zweifelte dies in einem Beitrag bereits an. Zu den Hintergründen stellen sich derzeit immer noch mehr Fragen, als es Antworten gibt.
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