Islamismus / 30 Jahre Haft für Hauptangeklagten Abrini im Brüsseler Terrorprozess
Zum Abschluss des Mammutprozesses um die Brüsseler Terror-Anschläge vom Frühjahr 2016 hat das Schwurgericht in der belgischen Hauptstadt lange Haftstrafen verhängt.
Der 38-jährige belgische Hauptangeklagte Mohamed Abrini muss wegen der Taten mit mehr als 30 Todesopfern 30 Jahre lang ins Gefängnis, die Urteile gegen sieben weitere Angeklagte reichen bis lebenslang. Gegen den bereits wegen anderer Vergehen verurteilten Franzosen Salah Abdeslam sprach das Gericht keine zusätzliche Strafe aus.
Bei den Selbstmord-Anschlägen in der Abfertigungshalle des Brüsseler Flughafens und in der U-Bahn-Station Maelbeek waren 32 Menschen getötet worden, darunter eine deutsche Touristin. Drei weitere Menschen starben später und wurden ebenfalls als Anschlagsopfer anerkannt. Zudem wurden fast 700 weitere Menschen verletzt. Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Tat für sich.
Zu den Todesopfern zählt auch eine 29-jährige Deutsche aus Aachen, ihr Mann wurde bei dem Abschlag verletzt. Das Paar hatte von Brüssel aus in den Urlaub fliegen wollen.
Im letzten Moment zurückgeschreckt
Die seit der Kindheit befreundeten Angeklagten Abrini und Abdeslam, die beide marokkanische Wurzeln haben, waren im vergangenen Jahr bereits wegen ihrer Verwicklung in die Terror-Anschläge in Paris 2015 mit 130 Todesopfern zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Ende Juli wurden sie in Brüssel des vielfachen Mordes, versuchten Mordes und der Mitgliedschaft in einer Terrorgruppe für schuldig befunden. Die Staatsanwaltschaft forderte Anfang September lebenslange Haftstrafen für Abrini und Abdeslam.
Abrini hätte ebenfalls einen Sprengstoffgürtel am Brüsseler Flughafen zünden sollen. Damit sei er einer der „Pfeiler“ der Terrorzelle, hatte Staatsanwalt Bernard Michel in seinem Plädoyer erklärt. Abrini hatte in dem Prozess ausgesagt, er habe im letzten Moment vor der Tat zurückgeschreckt, als er in der Warteschlange Frauen und Kinder gesehen habe.
Abrini war neben den beiden Flughafen-Attentätern, die kurz danach ihre Sprengsätze zündeten, auf Bildern einer Überwachungskamera zu sehen gewesen und zunächst als „Mann mit Hut“ bezeichnet worden.
Bereits „Frankreich terrorisiert“
Abdeslam, der am Freitag 34 Jahre alt wurde, ist das einzige noch lebende Mitglied des Pariser Terrorkommandos. Er war nach Ansicht des Gerichts ebenfalls Teil der Brüsseler Terrorzelle. Nachdem er bereits „Frankreich terrorisiert“ habe, habe er seinen Glaubenskrieg in Belgien fortsetzen und Unschuldige töten wollen, hatte Staatsanwältin Paule Somers gesagt.
Abdeslam bestritt seine Verwicklung in die Brüsseler Anschläge. Er war vier Tage zuvor festgenommen worden. Nachdem Abdeslam in Belgien bereits 2018 wegen Schüssen auf Polizisten zu 20 Jahren Haft verurteilt worden war, sprach das Schwurgericht am Freitag keine zusätzliche Strafe gegen ihn aus. Der Franzose habe darauf „sehr erleichtert“ reagiert, sagte sein Rechtsbeistand Michel Bouchat.
Während des Prozesses in Brüssel hatte Abdeslam verlangt, seine Strafen in Belgien abzusitzen, da die Haftbedingungen in Frankreich unmenschlich seien. Er scheiterte jedoch vor Gericht mit seiner Forderung.
Schilderungen von Opfern
Drei Angeklagte wurden am Freitag zu lebenslanger Haft verurteilt. Einer von ihnen, Oussama Atar, der als Initiator der Pariser und Brüsseler Anschläge gilt, wurde in Abwesenheit verurteilt. Es wird vermutet, dass er in Syrien zu Tode gekommen ist. Zudem verhängte das Gericht Haftstrafen von zehn und 20 Jahren gegen zwei weitere Angeklagte.
Der Tunesier Sofien Ayari entging wie Abdeslam wegen einer bereits zuvor verhängten Haftstrafe einem weiteren Hafturteil. Eine Aberkennung der belgischen Staatsbürgerschaft, wie es die Anklage für fünf Angeklagte gefordert hatte, verfügte das Schwurgericht in keinem der Fälle.
Es war das größte Verfahren vor einem Schwurgericht, das jemals in Belgien stattgefunden hat. Der Prozess hatte Ende vergangenen Jahres begonnen und fand begleitet von strengen Sicherheitsmaßnahmen im früheren NATO-Hauptquartier in Brüssel statt. Viele Überlebende und Opferangehörige schilderten, was ihnen die Attentäter angetan haben.
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