Nach den Wahlen / 46 anstelle von 60: Neue Chamber tritt am Dienstag erstmals zusammen
Die neu gewählte Chamber kommt am Dienstag erstmals nach den Wahlen zusammen. 46 anstelle der 60 Abgeordnete werden dann am Krautmarkt vereidigt. Was die neue Chamber am Dienstag macht – und ob sie überhaupt beschlussfähig ist, erklärt der Generalsekretär Laurent Scheeck im Gespräch mit dem Tageblatt.
Wer wird die Sitzung leiten?
Die Chamber-Sitzung am Dienstag wird nicht wie in den vergangenen fünf Jahren gewohnt vom ehemaligen DP-Parlamentspräsidenten Fernand Etgen geleitet. „Das rangälteste direkt gewählte Mitglied der Abgeordnetenkammer wird die Sitzungen präsidieren und eröffnen“, erklärt der Generalsekretär der Chamber, Laurent Scheeck, gegenüber dem Tageblatt. Das sei dieses Mal Michel Wolter von der CSV. An Wolters Seite werden die beiden jüngsten Abgeordneten Liz Braz (LSAP) und Luc Emering (DP) als Vizepräsidenten sitzen. „Die Idee ist eine depolitisierte Lösung für die Leitung der ersten Chamber-Sitzung, die darin zum Ausdruck kommt, dass das erfahrenste Mitglied des Parlaments, der Rangälteste, zusammen mit den beiden jüngsten Mitgliedern die Sitzung leitet.“ In der Praxis aber werde hauptsächlich Michel Wolter agieren. Wenn eine Frage auftauche, die so nicht vorgesehen sei, würden die drei Abgeordneten diese gemeinsam bearbeiten.
Der „richtige Parlamentspräsident“ wird erst in der zweiten Plenarsitzung der Legislaturperiode ernannt. Das könnte im Dezember der Fall sein, meint Scheeck. Dann werden neben dem Parlamentspräsidenten auch die Präsidentenkonferenz, das Büro der Chamber und die verschiedenen Kommissionen ernannt. „Dann steht das Parlament ganz“, sagt Scheeck. Der Premierminister werde anschließend eine Regierungserklärung abgeben und das Vertrauen des Parlaments erfragen.
Ablauf der ersten Sitzung
Nach der Eröffnung der Sitzung durch Michel Wolter werden laut Generalsekretär Laurent Scheeck erst einmal ein paar Formalitäten technischer Natur verlesen. „Es gibt eine Hommage an frühere Abgeordnete, die über den Sommer verstorben sind“, sagt Scheeck. „Per Los werden dann sieben Mitglieder für die ‚Commission de vérification des pouvoirs‘ bestimmt.“ Die Sitzung wird unterbrochen und die sieben Mitglieder begeben sich in einen anderen Saal. Dort wird dann geprüft, ob der Wahlablauf den legalen Bestimmungen entsprochen hat. Das passiert auf Basis der Arbeit, die die Parlamentsverwaltung bereits in den vergangenen zwei Wochen geleistet hat. Anschließend werde geprüft, ob die Abgeordneten, die gewählt wurden, alle gesetzlichen Bestimmungen erfüllen, um ihr Mandat übernehmen zu können. „Das dauert so lange, wie es dauert“, erklärt Scheeck die Prozedur.
Erst danach werden die Gewählten zu Abgeordneten vereidigt. „Das wird in Gruppen gemacht, nach Wahlbezirk und Alphabet“, sagt der Parlaments-Experte. 46 Vereidigungen werden am Dienstag vorgenommen. „Alle Mitglieder der noch amtierenden geschäftsführenden Regierung sind eingeladen, auf der Regierungsbank zu sitzen.“
Ist die Chamber beschlussfähig?
„Die kurze Antwort ist: ja“, erklärt Laurent Scheeck. Seit dem Inkrafttreten der neuen Verfassung hat Luxemburg durchgehend eine Chamber. „Früher, vor dem 1. Juli, war es so vorgesehen, dass die Chamber nach den Wahlen aufgelöst wird.“ Die neue Verfassung löst dieses Machtvakuum jedoch auf, indem nicht mehr von einer Auflösung der Chamber geredet wird, sodass Luxemburg durchgängig ein funktionierendes Parlament hat. „Jetzt sieht die Verfassung vor, dass sich die neue Chamber am dritten Dienstag nach den Wahlen trifft.“ Obwohl die Chamber beschlussfähig ist, werden wohl keine neuen Gesetze gestimmt, bis die neue Regierung steht. „In der Praxis ist es so, dass jetzt nicht große Politik gemacht wird, sondern gewartet wird, bis die neue Regierung steht und das Parlament komplett besetzt ist“, erklärt Scheeck.
46 anstelle von 60 Abgeordneten
Wenn die Chamber am Dienstag zusammenkommt, ist die DP-LSAP-„déi gréng“-Regierung noch geschäftsführend im Amt. Da das Ministeramt (Exekutive) und das Amt des Abgeordneten (Legislative) unvereinbar miteinander sind, werden zahlreiche am 8. Oktober gewählte Politiker noch fehlen. Die Sitze von Xavier Bettel, Claude Meisch, Lex Delles, Yuriko Backes, Max Hahn (alle DP), Paulette Lenert, Jean Asselborn, Taina Bofferding, Franz Fayot, Claude Haagen, Georges Engel (alle LSAP) sowie François Bausch, Sam Tanson und Joëlle Welfring (alle „déi gréng“) bleiben vorerst leer. Somit wird ein provisorisches Parlament von 46 Abgeordneten zusammentreten – darunter auch der designierte Premierminister Luc Frieden, der am Wahlsonntag direkt ins Parlament gewählt wurde und bis zur Vereidigung der neuen Regierung also formell Abgeordneter ist. „Wir haben keine Präsidentschaftswahlen wie in Frankreich“, erklärt Scheeck die Besonderheit. „Aus dem gewählten Parlament geht die Regierung hervor.“
Das bedeutet jedoch auch, dass das Parlament, das am Dienstag zusammentritt, nur ein Provisorium ist, bis die neue Regierung steht. Dann werden wohl zahlreiche gewählte CSV- und DP-Politiker zu Ministerehren kommen – und Kandidaten, die nicht direkt ins Parlament gewählt wurden, auf deren Stühle nachrücken.
Sitzordnung
In der vergangenen Legislaturperiode haben die drei Koalitionspartner DP, LSAP und „déi gréng“ geschlossen gegenüber der Opposition im Parlament Platz genommen. Das dürfte sich in der zukünftigen Regierung ändern, wie der neuen Sitzordnung auf der Chamber-Seite zu entnehmen ist. Darauf ist zu sehen, dass DP, LSAP und ADR auf der einen Seite Platz nehmen, während die CSV mit „déi gréng“, den Piraten und „déi Lénk“ auf der anderen Seite im Hohen Haus sitzen wird. „Tatsächlich war es in den vergangenen zehn Jahren so, dass die Mehrheit auf einer Seite saß und die Opposition auf der anderen“, sagt Laurent Scheeck. „Weil das von der Konfiguration des Raumes her möglich war.“
Eine Konfiguration, die in der Geschichte des Luxemburger Parlamentes eher unüblich war. „Wenn man etwas weiter zurückgeht, war es bei uns eigentlich immer so, dass die Regierungsparteien, die Mehrheit, Richtung Regierungsbank saßen, auf zwei Seiten“, sagt der Chamber-Generalsekretär. Die Oppositionsparteien haben hingegen auf der Seite des Parlamentspräsidenten Platz genommen – ebenfalls auf den zwei Seiten der Chamber. Die Alternative in dieser Legislaturperiode wäre gewesen, den Hauptteil der Mehrheit auf der einen Seite und ein paar Abgeordnete auf der anderen Seite zu platzieren. Das würde aber entweder die Fraktion der CSV oder der DP aufspalten. „Das sah nicht harmonisch aus“, sagt Scheeck. Der Generalsekretär glaubt auch nicht, dass sich nach der Regierungsbildung noch einmal etwas an der Sitzordnung ändern wird. „Ich gehe davon aus, dass das jetzt für diese Legislaturperiode gelöst ist“, sagt Scheeck. „Das wurde am Donnerstag so in der Präsidentenkonferenz entschieden.“
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Könnte man nicht bei 46 bleiben?
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