Der Echternacher Carlo Gillen / 48 Jahre im Rettungsdienst und kein bisschen müde
48 Jahre lang war Carlo Gillen ehrenamtlich als Rettungssanitäter in Echternach tätig. Mitte Dezember hatte er seine letzte Fahrt. Doch ganz aufhören kann und will er immer noch nicht. Er wird zukünftig als „pompier de support“ in einem Impfzentrum aushelfen. Das Tageblatt hat sich mit Carlo Gillen über seine Anfangszeit, die fortschreitende Professionalisierung, aber auch über das Coronavirus unterhalten.
„1972 habe ich einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert und wurde dann gefragt, ob ich auch mal mit einem Rettungswagen mitfahren würde. Damals war ich 15 Jahre alt und sofort begeistert von der Idee. Offiziell wurde ich im Mai 1973 mit 36 anderen als ehrenamtlicher Sanitäter bei der „Protection civile“ aufgenommen. Die Rettungswagen standen damals noch im Hof der alten Abtei. Wenn ich zu einem Einsatz musste, rief mich die Notfallzentrale – damals noch 012 – auf das Telefon meiner Eltern an. Weil meine Mutter gerne und lange telefonierte, war die Leitung dann auch öfters besetzt. In diesem Fall rief die Notfallzentrale bei der Post an. Die Mitarbeiter der Post wählten sich in das laufende Telefongespräch ein und baten meine Mutter, doch bitte kurz aufzulegen, da der 012 versuchen würde, mich zu erreichen“, erinnert sich Carlo Gillen an seine ersten Jahre im Rettungswesen.
Viele Schwerverletzte
Damals fuhren die Echternacher Sanitäter durchschnittlich sieben Einsätze pro Woche. Heute sind es sieben bis zu acht täglich. Die Zahl der Unfälle war damals zwar noch geringer als heute, dennoch gab es vergleichsweise mehr Schwerverletzte und auch Tote. „Bis ins Jahr 1985 mussten wir quasi jedes Wochenende zu mindestens einem Unfall mit Schwerverletzten ausrücken. Oft waren die Insassen eingeklemmt und mussten mit spärlichen Mitteln geborgen werden“, so Gillen.
Die medizinische Erstversorgung konnte damals nicht im Rettungswagen durchgeführt werden. „Load and go“ war unser Motto. Schnelligkeit war alles. Die Rettungswagen waren auch dementsprechend gebaut. Sie waren klein, wendig und sehr schnell. Es gab kaum Platz im hinteren Bereich, um sich um den Patienten zu kümmern. Erst mit der Gründung des SAMU änderte sich der Patiententransport und die Rettungswagen wurden geräumiger“, erklärt der ehemalige Rettungssanitäter.
Auch die „Groupe de support psychologique“ gab es damals noch nicht. „Ich habe zwei Fälle von plötzlichem Kindstod miterlebt. Das geht einem doch sehr nahe. Seit ein paar Jahren werden die Helfer bei Bedarf psychologisch unterstützt. Wir waren auf uns alleine gestellt. Das Erlebte haben wir nach der Schicht unter Kollegen verarbeitet“, sagt Gillen.
Doch nicht nur für seelische Unterstützung wird mittlerweile gesorgt. Auch die Ausbildung und die Ausrüstung wurden moderner und besser. „Die Fortbildungen bringen sehr viel und haben die Qualität der Rettungseinsätze deutlich verbessert. Die Abläufe am Unfallort können besser trainiert werden, und man hat eine gewisse Routine. In meiner Anfangszeit haben mich meine Kollegen noch aufgezogen, wenn ich den Blutdruck eines Patienten gemessen habe. Heute gehört das zum Standardprogramm.“
Corona
Doch Rettungssanitäter zu sein, reichte Carlo Gillen, der tagsüber bei der Post arbeitete, auf die Dauer nicht. Seit 1987 gibt er sein Fachwissen weiter. Er hat rund 30 Jahre lang jeden Wochentag einen Erste-Hilfe-Kurs oder andere Kurse abgehalten.
Seinen wohlverdienten Ruhestand wollte Gillen eigentlich damit verbringen, mit seinem Camper durch Europa zu fahren und seine Angel dort auszuwerfen, wo es ihm gerade gefällt. Dann kam Corona. Das Virus hat auch das Rettungswesen verändert. „Bevor das HIV-Virus bekannt wurde, haben wir nicht mal Handschuhe getragen. Wir hatten einen weißen Kittel und eine Baskenmütze als Uniform. Heute müssen wir bei Corona-Patienten Schutzanzüge tragen. Sogar das Anlegen der Schutzanzüge ist mittlerweile zur Routine geworden“, erklärt Gillen. Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen bleibt immer ein kleines Restrisiko – das musste Carlo Gillen vergangen März am eigenen Leib erfahren, als er sich bei einem Patienten mit dem Virus infizierte. „Ich hatte zum Glück nur einen leichten Schnupfen. Das Positive daran war, dass ich zehn Kilogramm abgenommen habe“, sagt Carlo Gillen und lacht.
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