Arbeitsmarkt / 4,8 Prozent Arbeitslosenquote und „Skill Gap“ als größte Hürde: ADEM stellt Jahresbericht 2022 vor
Die Luxemburger Arbeitsagentur ADEM meldet zum Abschluss des Jahres 2022 mit 4,8 Prozent eine schon fast historisch niedrige Arbeitslosenrate. Dabei kämpft Luxemburg zusehends mit dem sogenannten „Skill Gap“: Arbeitssuchenden fehlen die nötigen Qualifikationen, um dem gesuchten Profil der Arbeitgeber gerecht zu werden. Abhilfe soll die neue Strategie der ADEM schaffen.
Arbeitsminister Georges Engel (LSAP) und ADEM-Direktorin Isabelle Schlesser stellten am Montag die Arbeitslosenzahlen für das Jahr 2022 vor. „Mit gemischten Gefühlen blicke ich auf das Jahr 2022 zurück“, sagte Engel bei der Pressekonferenz im Hauptsitz der ADEM. „Einerseits haben wir eine Arbeitslosenrate, die so niedrig ist wie seit fast 15 Jahren nicht mehr“, andererseits hätten durch den Krieg in der Ukraine 1.500 Flüchtende betreut werden müssen – „und das war nicht immer einfach“. Ende Dezember 2022 betrug die Arbeitslosenquote 4,8 Prozent – seitdem ist sie bis Ende April wieder leicht auf 4,9 Prozent angestiegen.
Die niedrigen Arbeitslosenzahlen von 2022 seien jedoch keinen Grund zur Entspannung. „Über das vergangene Jahr hinweg ist die Arbeitslosenquote wieder leicht angestiegen“, sagt Engel. „Wir werden die Lage aufmerksam verfolgen.“ In den sozialen Medien aber seien in den vergangenen Tagen Falschinformationen verbreitet worden, die er richtigstellen wolle. „Wir sind mit der Arbeitslosenquote im europäischen Vergleich auf Platz sieben“, erklärte Engel wohl als Reaktion auf einen Post vom Sekretär der „Fédération des artisans“, Romain Schmit. Dieser hatte auf Twitter verkündet, Luxemburg sei „bestenfalls mittelklassig was die Arbeitslosigkeit anbelangt“. Angeheftet an seinen Tweet hatte Schmit eine Grafik der OECD, die zeigt, dass Luxemburgs Arbeitslosenquote nur knapp über dem OECD-Durchschnitt liegt.
Dat wier dach ooch een Thema mat dem sech den Arbechts- a Beschäftegungsminister mol beschäftege keint? LU ass beschtefalls mettelklasseg wat d‘Arbechtslosegkeet ugeht, an en huet mol nach keng Etude ugefuerdert…@georges_engel https://t.co/ipkZHxQMzR
— Romain Schmit (@RomSchmit) May 12, 2023
„Vergleichen, was vergleichbar ist“
„Man sollte vergleichen, was vergleichbar ist“, sagte Engel als Replik auf den Post. Dass Luxemburg hinter den G7-Staaten liege, sei wenig verwunderlich. „Die USA, Japan oder auch Korea fahren nach ganz anderen Systemen – das lässt sich nur schwer vergleichen.“ Deshalb sei der europäische Vergleich laut Arbeitsminister Engel der aussagekräftigere. „Und auch hier müssen wir festhalten, dass Personen, die sich in einer Reclassement-Prozedur befinden und Arbeitnehmer mit Behinderung in die Arbeitslosenstatistiken einfließen“, sagte Engel. Das sei selbst in Europa nicht überall der Fall. Diese Arbeitssuchenden würden rund 17 Prozent der Anfragen ausmachen.
Ukrainische Flüchtlinge
Durch den Krieg in der Ukraine sind zahlreiche ukrainische Flüchtlinge nach Luxemburg gekommen. Rund 2.800 Flüchtende – fast 70 Prozent davon sind Frauen – seien im arbeitsfähigen Alter. Bei der ADEM habe man 1.481 Einschreibungen von ukrainischen Flüchtlingen registriert. 833 haben laut Isabelle Schlesser einen Arbeitsplatz in Luxemburg gefunden. „Nicht jeder davon hat über die ADEM eine Arbeit bekommen.“ Die Beschäftigungsquote von fast 30 Prozent unter den Flüchtlingen findet die ADEM-Direktorin bemerkenswert.
ADEM-Direktorin Isabelle Schlesser bezeichnete das vergangene Jahr als „absolutes Rekordjahr“ – noch nie seien so viele offene Stellen bei der Arbeitsagentur gemeldet worden. 46.926 Stellenausschreibungen bedeuten einen Zuwachs von zehn Prozent zum Jahr 2021 und einen Anstieg von fast 20 Prozent zu 2019, dem Jahr vor der Pandemie. Im Dezember 2022 war die Zahl der gemeldeten Stellen jedoch deutlich rückläufig im Vergleich zu Dezember 2021 (-17,8%). „Ein Indikator dafür, dass die Wirtschaft etwas langsamer läuft“, so Schlesser – obwohl die Anzahl offener Stellen am Jahresende im Jahresvergleich um 6,9 Prozent angestiegen ist.
Neben den Langzeitarbeitslosen sei aber vor allem der „Skill Gap“ ein Problem auf dem Arbeitsmarkt. Luxemburger Unternehmen würden andere Berufsprofile suchen, als die Arbeitssuchenden vorweisen könnten. „Es wird immer mehr hoch qualifiziertes Personal gesucht“, sagte Schlesser. „Vor allem im Bereich der IT, der Buchhaltung und im Bau ist die Nachfrage besonders groß.“ In ihrer strategischen Neuausrichtung bis zum Jahr 2025, will die ADEM vor allem dem „Skill Gap“ entgegenwirken. Anhand sieben sektorieller Studien will die Arbeitsagentur herausfinden, was von Arbeitgeberseite gefragt wird und entsprechende Fortbildungen anbieten. Bereits jetzt biete die ADEM Arbeitssuchenden Weiterbildungen im Bereich der IT, zum Rechtssekretär, im Bau oder auch als Gehaltssachbearbeiter an – also in den Bereichen, die gerade besonders gefragt sind und in denen in wenigen Monaten die nötigen Grundkenntnisse vermittelt werden können.
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