/ Luxemburg kann bei der EM-Qualifikation weiterhin auf den ersten Tabellenplatz hoffen
Luxemburgs Start in die EM-Qualifikation war furios. Nach der tragischen Niederlage gegen die Ukraine kann die FLF-Auswahl jedoch weiterhin auf den ersten Tabellenplatz hoffen. Die FIFA wird in den nächsten Monaten entscheiden, ob Luxemburg am grünen Tisch drei Punkte zugesprochen bekommt.
Der Protest
Der luxemburgische Fußballverband FLF hat gestern Protest gegen die Wertung des EM-Qualifikationsspiels gegen die Ukraine eingelegt. Bei der Mannschaft aus Osteuropa lief Junior Moraes auf. Der gebürtige Brasilianer hat erst kürzlich die ukrainische Staatsangehörigkeit erhalten.
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Linke Seite: Wer muss am Ende wen trösten? Unglücksrabe Gerson Rodrigues (r.) wird von Junior Moraes ermuntert. / Rechte Seite: Vincent Thill rief zwei starke Leistungen ab)
Das FIFA-Reglement verlangt, dass ein Spieler bei einem Nationenwechsel während fünf Jahren ohne Unterbrechung in einem Land lebt, bevor er für seine neue Nationalmannschaft auflaufen kann.
Der 31-Jährige hatte seinen Lebensmittelpunkt allerdings nur vier Jahre und acht Monate in der Ukraine. 2017 wechselte der Stürmer von Dynamo Kiew zu TJ Quanjian und unterbrach dadurch diese fünf Jahre.
Der Ursprung des Protestes kommt aus Portugal. Der portugiesische Fußballverband hatte bereits am vergangenen Samstag Protest eingelegt. Bei der FLF rechnet man sich durchaus berechtigte Chancen aus, die drei Punkte am grünen Tisch zu gewinnen. Eine Entscheidung wird bis spätestens Ende Mai fallen.
Die ukrainischen Medien beriefen sich gestern auf ihr Nationalitätengesetz, das jedoch bei der FIFA nicht in Betracht gezogen wird. Gibt die Disziplinarkommission der UEFA Luxemburg und Portugal recht, würden die „Roten Löwen“ mit sechs Punkten wieder die Tabellenführung in der Gruppe B übernehmen.
Die Emotionen
Die beiden ersten Auftritte des Jahres waren mit vielen Gefühlen verbunden. Da wäre zunächst einmal die Unterstützung von den Rängen. Bereits gegen Litauen waren die Zuschauer im Stade Josy Barthel lautstark zu hören. Gegen die Ukraine waren die Fans der FLF-Auswahl wie losgelöst. Einen solchen Lärmpegel erlebt das Nationalstadion selten. Eine neue Euphorie ist dabei zu entstehen und die Leistungen der „Roten Löwen“ werden immer stärker und von einem breiteren Publikum wahrgenommen.
Ein zutiefst emotionaler Moment ereignete sich nach dem Abpfiff des Ukraine-Spiels. Eigentorschütze Gerson Rodrigues lag niedergeschlagen auf dem Boden und wurde vom Ukrainer Junior Moraes getröstet und innig umarmt. „Sei nicht traurig. Du warst der beste Spieler auf dem Platz. Solche Dinge passieren im Fußball“, sagte der Stürmer dem Luxemburger. Danach kam es zum Trikottausch.
Kurz bevor das Eigentor das Schicksal der Luxemburger besiegelte, bekam Mario Mutsch von Nationaltrainer Luc Holtz ein ganz besonderes Geschenk. Als er in der 90. Minute den Rasen des Stade Josy Barthel betrat, wurde der Mittelfeldspieler zum ersten Luxemburger, der 100 Länderspiele bestritt. Laurent Jans zollte dem 34-Jährigen Respekt, legte einen 50-Meter-Sprint hin und überreichte Mutsch die Kapitänsbinde.
Statistik
Gesamtstatistik der Spiele gegen Litauen und die Ukraine:
Tore: 3
Gegentore: 3
Punkte: 3
Torschüsse: 29
Ecken: 11
Passgenauigkeit: 85 Prozent
Ballbesitz: 52 Prozent
Gelbe Karten: 7
Fouls: 27
Gefoult worden: 22Werte: Uefa
Hohes Niveau, neues Image
Andrej Schewtschenko gehört nicht zu den Weltstars, die auf einer anderen Wolke schweben. Der ehemalige Stürmer vom AC Mailand und Chelsea London hatte seine Mannschaft vor dem Spiel mehrmals vor der Gefahr gewarnt. Am Ende musste er feststellen, dass die Luxemburger in der Lage waren, eine Leistung abzurufen, mit der weder Schewtschenko noch Luc Holtz oder die Zuschauer gerechnet hatten. Die FLF-Elf präsentierte sich auf Augenhöhe mit der Nummer 30 der Weltrangliste.
War die Grundeinstellung gegen auf dem Papier deutlich stärkere Gegner in der Vergangenheit noch defensiv, so spielten sich die Luxemburger diesmal in einen wahren Offensivrausch. Im Mittelfeld gewannen Leandro Barreiro (19 Jahre) und Christopher Martins (21) die Bälle und über die Flügel machten Vincent Thill (19) und Gerson Rodrigues (23) unglaublichen Druck. Teilweise hatten die ukrainischen Verteidiger sogar Knoten in den Beinen. „Ich hätte nie im Leben geglaubt, dass Luxemburg konditionell so stark ist“, sagte Schewtschenko nach dem Schlusspfiff. Der Ukrainer hatte kurz vorher Luc Holtz seinen Respekt ausgedrückt und war erleichtert über den glücklichen Sieg seiner Mannschaft.
Bände sprechen die Aussagen von Litauens Nationaltrainer Valdas Urbonas. Der 51-Jährige war nach der 1:2-Niederlage nicht enttäuscht über das Ergebnis, sondern zeigte sich erfreut über die defensive Disziplin seiner Mannschaft. Die Aussagen von Urbonas und Schewtschenko zeigen in aller Deutlichkeit den neuen Stellenwert der FLF-Mannschaft.
Entwicklung
Zu den Gewinnern des Doppelvergleichs zählen die beiden Toptalente Leandro Barreiro und Vincent Thill. Beide haben in den vergangenen Monaten einen Schritt nach vorne gemacht und bewiesen gegen Litauen und die Ukraine, dass sie mehr als nur eine Option sind. Barreiro fraß im Mittelfeld die Kilometer, eroberte viele Bälle, bewahrte im Passspiel die Ruhe und erzielte gegen Litauen den wichtigen Ausgleichstreffer. Thill zeichnete sich gegen Litauen mit zwei Vorlagen aus und präsentierte sein neu gewonnenes Selbstbewusstsein. Seit er in Pau Spielpraxis sammelt, ruft der 19-Jährige immer öfter sein riesiges Potenzial ab.
Christopher Martins bewies bei den zwei internationalen Vergleichen, dass er der Chef im Mittelfeld ist. Der 21-Jährige gibt den Takt an und ist in den Zweikämpfen mittlerweile eine wahre Macht. Lange wird der von Lyon an Troyes ausgeliehene Mittelfeldspieler nicht mehr in der zweiten französischen Liga spielen.
Die Überraschung der bisherigen EM-Qualifikation ist jedoch Gerson Rodrigues. Zum ersten Mal in seiner Karriere als Nationalspieler durfte er 90 Minuten auf dem Platz stehen. Gegen Litauen bedankte er sich mit einem Traumtor. Vorgestern bekam er wieder das Vertrauen von Holtz geschenkt und lieferte das Spiel seines Lebens ab. Daran änderte auch das Eigentor nichts. Rodrigues scheint in Japan die Disziplin und das Trainingsvolumen gefunden zu haben, die er braucht, um seine Fähigkeiten weiterzuentwickeln.
Das Sorgenkind
Aurélien Joachim fiel wegen eines Knöchelbruchs für die zwei Begegnungen aus. Auch in Virton läuft es derzeit nicht optimal für den Routinier. Neben Joachim verfügt Luxemburg mit David Turpel nur über zwei Mittelstürmer. Nach den beiden starken Offensivleistungen gegen Litauen und die Ukraine stellt sich die Frage, ob die FLF-Auswahl überhaupt noch auf einen Stürmertypen à la Joachim angewiesen ist. Fest steht aber auch, dass der 32-Jährige über jede Menge Erfahrung verfügt und immer in der Lage ist, ein Tor zu schießen.
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