Google-Rechenzentrum / Abgeordnete erhalten Einsicht in die Absichtserklärung
Der Regierungsrat hat am Freitag entschieden, dem Parlament in einer nicht-öffentlichen Sitzung Einblick in die Absichtserklärung zu gewähren, die die Regierung und die Gemeinde Bissen mit dem Internetkonzern Google zur Errichtung eines Rechenzentrums auf Roost unterzeichnet hat. Die parlamentarische Opposition verbucht das Einlenken der Regierung als Etappensieg für sich. Die LSAP interpretiert die Entscheidung des Ministerrats als Gewinn für das gesamte Parlament.
Nach langen Diskussionen will die Regierung in der kommenden Woche dem Parlament in einer nicht-öffentlichen Sitzung Einblick in das „Memorandum of Understanding“ (MoU) gewähren, das der Luxemburger Staat im Dezember 2017 mit der Gemeinde Bissen und dem Internetgiganten Google zum Bau eines Datenzentrums auf Roost unterzeichnet hat. Dies betätigte Staatsminister Xavier Bettel (DP) am Freitag nach einer gemeinsamen Sitzung mit dem Büro und der „Conférence des présidents“ der Abgeordnetenkammer. Die Regierung wolle es der Abgeordnetenkammer dadurch ermöglichen, ihre parlamentarische Kontrollfunktion wahrzunehmen.
Wirtschaftsminister Franz Fayot (LSAP) werde Google aber im Vorfeld über diese Entscheidung informieren, präzisierte Bettel. Falls Google dies verlange, sei nicht auszuschließen, dass bestimmte Namen oder Angaben aus datenschutzrechtlichen Gründen geschwärzt werden müssten. Unter welcher Form das MoU vorgelegt werden soll, ist noch unklar. Es müsse nur sichergestellt werden, dass darin enthaltenen Informationen nicht an die breite Öffentlichkeit gelangen, sagte Bettel.
CSV, ADR, „déi Lénk“ und Piraten werteten das Einlenken der Regierung in dieser Angelegenheit am Freitag als gemeinsamen Erfolg der gesamten Opposition. Seit über einem Jahr hatten die vier Parteien Druck auf die Regierung ausgeübt, um Einsicht in die Absichtserklärung über das umstrittene Rechenzentrum zu erhalten, das vor allem wegen seines mutmaßlich hohen Verbrauchs an Wasser, Energie und landwirtschaftlich nutzbarer Fläche in der Kritik steht. In den vergangenen Tagen hatte insbesondere die CSV diesen Druck noch erhöht.
Entsprechend groß war am Freitag die Freude beim CSV-Abgeordneten Laurent Mosar, der im Dezember 2019 eine Motion eingebracht hatte, um die Offenlegung von Absichtserklärungen einzufordern. Die Abgeordneten könnten nun ihre Kontrollfunktion vollends erfüllen, so Mosar. Er unterstrich die Absicht des Parlaments, die Informationen aus dem MoU vertrauenswürdig zu behandeln. Sollten in der Absichtserklärung aber Zusagen getroffen worden sein, die von allgemeinem Nutzen oder Interesse seien, müsse die breite Öffentlichkeit darüber informiert werden, betonte Mosar. Deshalb müsse geprüft werden, inwieweit die Einschränkungen einer nicht-öffentlichen Sitzung angewandt werden könnten. „Es kann nicht sein, dass den Abgeordneten ein Maulkorb angelegt wird und wir gar nichts darüber sagen dürfen“, echauffierte sich der CSV-Abgeordnete. Auch Gast Gibéryen (ADR) betonte, dass in dem Text, der den Parlamentariern gezeigt wird, nichts geschwärzt werden dürfe, was die Chamber in ihrer Kontrollfunktion behindere.
Der Abgeordnete Marc Baum („déi Lénk“) bezeichnete die Entscheidung der Regierung als großen Gewinn für die Demokratie. Es sei zum ersten Mal, dass das Parlament Einsicht in eine Absichtserklärung erhalte, die der Staat mit einem Privatunternehmen abgeschlossen hat. Angesichts der seit Jahrzehnten in Luxemburg praktizierten „Geheimniskrämerei der Exekutive“ stelle dieser „historische Schritt“ einen regelrechten Paradigmenwechsel dar, sagte Baum.
Bettel: „Darf nicht zur Regel werden“
Der Staatsminister hatte aber schon zuvor davor gewarnt, es dürfe in Luxemburg nicht zur Regel werden, dass Vereinbarungen zwischen der Regierung und privaten Unternehmen in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Dies könne zukünftige Investoren abschrecken. Für Marc Baum ist aber klar, dass auch multinationale Konzerne sich an die Gesetze halten müssen und die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit gegenüber den Interessen potenzieller Investoren überwiegt. Auch Sven Clement (Piratenpartei) schloss sich der Forderung nach mehr Transparenz an und erinnerte daran, dass seine Partei Einspruch vor dem Verwaltungsgericht eingelegt hat, um Einsicht in den Konventionsvertrag zu bekommen, den die Regierung mit CLT-UFA abgeschlossen hat.
Der LSAP-Abgeordnete Mars di Bartolomeo wehrte sich gegen die Darstellung, dass es sich bei dieser Angelegenheit um einen Kampf zwischen Opposition und Mehrheit handelt. In einer gemeinsamen Sitzung der parlamentarischen Kommissionen für Institutionen und für internationale Angelegenheiten hätten die Abgeordneten am vergangenen Mittwoch nach Wegen gesucht, wie das Parlament Zugang zu Abmachungen der Regierung mit Staaten oder Privatinvestoren erhalten könne. Auch die Abgeordneten der Mehrheitsparteien hätten Interesse daran, ihre Kontrollfunktion geltend zu machen, unterstrich Di Bartolomeo, der daran erinnerte, dass das Parlament bei den Verhandlungen über das TTIP-Abkommen bereits einen ähnlichen Erfolg erzielen konnte.
Neben dem Parlament fordert auch die Zivilgesellschaft Einsicht in das MoU, das im Dezember 2017 zwischen der Regierung, der Gemeinde Bissen und Google abgeschlossen wurde. Die Umweltorganisation „Mouvement écologique“ hatte Anfang dieses Jahres Beschwerde vor der „Commission d’accès aux documents“ eingereicht, weil sowohl das Wirtschaftsministerium als auch die Gemeinde Bissen die Herausgabe der Vereinbarung abgelehnt hatten. In ihrem Gutachten vom 4. Mai gibt die Kommission dem „Méco“ nun recht. Sollte das Wirtschaftsministerium die Herausgabe weiter verweigern, plant die Umweltorganisation, Einspruch vor dem Verwaltungsgericht einzulegen.
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alles huet ëffentlech ze sinn. Jidderee muss kënnen alles kucken a gewuer ginn. Do geet et net, dass d’Regierung oder eng Gemeng mengt, se misst de Leit eppes verweigeren a virenthalen.
Transparenz, Gambia I an Gambia II ?