Rockhal / „Äppel mat Bieren?“: Die ersten Luxemburger Musikpreise werden am Mittwochabend verliehen
Nach der Theaterbranche im letzten Jahr wird nun auch der Musiksektor mit einem eigenen Preis dotiert. Die Gewinner werden heute Abend in der Rockhal bekanntgegeben, bei den Kategorien der Shortlist stellen sich aber, wie bereits beim ersten Theaterpreis, einige Fragen.
Für einige auserwählte Luxemburger Musiker*innen dürfte heute vorweihnachtliche Stimmung herrschen: Während einer von Mike Tock und Sascha Ley moderierten Zeremonie werden die ersten Luxemburger Musikpreise in der Rockhal verliehen. Im Vergleich zu den Luxembourg Music Awards, die Ende 2018 zwölf Preisträger*innen in ebenso vielen Kategorien kürten, soll es bei den ersten Musikpreisen aber nur fünf Sieger*innen in den Bereichen „Nowuesstalent“, „Op der Bün“, „Hannert der Bün“, „Fräizäitmusek“ und „Musekvermëttlung“ geben.
Der „Lëtzebuerger Musekspräis“ reiht sich dabei in eine kulturpolitische Preisreform ein – das Kulturministerium möchte in Sparten, in denen Kulturschaffende eher selten die Gelegenheit haben, Auszeichnungen abzusahnen, aufbessern und reicht nach dem Theater- und Danzpräis (an u.a. die Schauspieler Marie Jung und François Camus, den Regisseur Frank Feitler und die Tänzerin und Choreographin Elisabeth Schilling) im vorigen Jahr nun den „Musekpräis“ nach, der alle drei Jahre verliehen werden soll.
Wie bereits beim Theaterpreis, stellt sich die Frage nach Sinn und Zweck der Typologie – insbesondere in der Kategorie „Hinter der Bühne“ und „Musikvermittlung“ vermischen sich einige Berufssparten, womit sich die Wahl eines Gewinners als schwierig gestalten dürfte und der Verlierer so oder so den Einwand, man würde hier „Äppel mat Biere“ vergleichen, erheben könnte.
Ein wildes Sammelsurium
So fragt man sich durchaus, wie man die Arbeit einer Managerin wie Stéphanie Baustert oder der Booking Agency Konektis Entertainment mit der von Produzenten wie Tom Gatti, Sacha Hanlet oder Charel Stoltz vergleichen will. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wieso sich Stéphanie Baustert, eine der beiden Empfänger*innen des Kultur | lx-Pilotstipendiums „Artist Management Programme 2022“, nicht auf der Shortlist der Musikvermittler befindet, auf der Elvis Duarte, der andere Empfänger des gleichen Stipendiums, via Beast Records und Konektis Entertainment dann doch fungiert?
Darüber hinaus dürfte die Kategorie „Fräizäitmusik“ für Kritik sorgen: Als im Sommer eine Polemik entstand, weil die beim von der Philharmonie organisierten „Fräiraum“-Festival mitwirkenden Musiker*innen mit der Begründung, es handele sich dabei ausschließlich um Freizeitmusiker, keine Gage erhielten, wurde vielseits argumentiert, die Definition eines Luxemburger Freizeitmusikers falle umso schwieriger aus, da die wenigsten Musiker*innen ausschließlich von den Erzeugnissen ihres kreativen Schaffens leben können.
Sehr viele hiesige Musiker oder Bands befinden sich so in einem Zustand der stetigen Professionalisierung, ohne dass man bei ihnen von Vollblutprofis reden kann. Vielleicht erklärt dies die Kluft zwischen den Kategorien „Op der Bün“ und „Fräizäitmusik“ – und wieso zahlreiche wichtige Bands und Musiker*innen der luxemburgischen Musikszene fehlen.
Denn so wirkt es etwas bizarr, dass sich unter nur 25 Nominierten gleich fünf Freizeitmusiker/Bands/Ensembles befinden – und dabei gleich eine ganze Reihe an Musikgenres gar nicht erst vorhanden ist. Obwohl Luxemburg eine florierende, lebendige Metalszene hat, gibt es keine Vertreter dieses Genres. Mutiny on the Bounty, eine der weltbekanntesten Instrumentalrockbands überhaupt, sind genauso „aux abonnées absents“ wie Francesco Tristano oder Pascal Schumacher, dessen Solo-Diptychon mitsamt seiner szenischen Aufführung (hierzulande in der städtischen Philharmonie) definitiv den Shortlist-Kriterien der Kategorie „Op der Bün“ („un artiste ayant présenté un projet musical particulièrement réussi ces trois dernières années“) entspricht. Hier hätte (vielleicht) ein Publikumspreis für weitere Diversität gesorgt – schließlich ist die heutige Preisverleihung, im Gegensatz zur Theater- und Tanzpreis-Zeremonie, auch für das „grand public“ angedacht.
„Die Wahl der Kategorien fußt auf Entscheidungen, die nach Überlegungen von und Gesprächen zwischen Rockhal-Leiter Olivier Toth, Philharmonie-Direktor Stephan Gehmacher, Sacem-Generalmanager Marc Nickts, ‚Premier conseiller’ Jo Kox und meiner Wenigkeit getroffen wurden“, erklärt Joe Haas, „Chef de Service Musique“ beim Kulturministerium.
Diese Kategorien, so Haas, seien keineswegs in den Stein gemeißelt und es gäbe bereits Überlegungen, die Preisverleihung im Jahr 2025 um ein oder zwei Kategorien zu erweitern. „Dass es nur fünf Kategorien gibt, hat auch mit budgetären Einschränkungen zu tun. Anstatt 30 Preisgelder à 500 Euro, bevorzugen wir es, fünfmal ordentliche Preisgelder auszuzahlen“, präzisiert Joe Haas. Zum Vergleich: Bei den Music Awards, für die neben dem Kulturministerium auch Den Atelier, music:LX, der Film Fund, die Sacem, die „Œuvre nationale de secours Grande-Duchesse Charlotte“ und das 1535° Creative Hub verantwortlich zeichnen, schwankten die Preisgelder zwischen 1.500 und 7.500 Euro.
Letztlich stellt sich die Frage, wieso eine Homogenisierung der kulturministeriellen Preise angebracht wäre? Denn da, wo der nationale Literaturwettbewerb jedes Jahr unveröffentlichte Manuskripte fordert, werden beim Theater- und Musikpreis ganz organisch Leistungen bewertet, die keiner Ausschreibung entsprechen und Teil der natürlichen Entwicklung der Schaffenden sind. Zudem gibt es in der Literatur bisher keine Kategorien für Menschen, die hinter den Kulissen arbeiten – wie z.B. Verleger*innen, Grafikdesigner*innen oder Lektor*innen (von Agent*innen brauchen wir gar nicht erst zu reden, sowas gibt’s in Luxemburg nicht). Dass die Musikpreise, so Joe Haas, nur alle drei Jahre stattfinden, hat auch damit zu tun, dass in den beiden Zwischenjahren nicht nur Tanz und Theater, sondern auch die Literatur prämiert werden sollen. Zu den zukünftigen „Lëtzebuerger Literaturpräiser“ kann Haas, der nicht für diese Sparte zuständig ist, jedoch noch nichts verraten.
Die Nominierten
In der Kategorie „Nowuesstalent” (2.500 Euro)
• Pit Brosius
• Francis of Delirium
• MAZ
• CHAILD
• Benjamin Kruithof
In der Kategorie „Op der Bün“ (3.500 Euro)
• Francis of Delirium
• MAZ
• Reis Demuth Wiltgen
• Artemandoline
• Tuys
In der Kategorie „Hannert der Bün“ (3.500 Euro)
• Stéphanie Baustert
• Tom Gatti
• Charles Stoltz
• Konektis Entertainment
• Sacha Hanlet
In der Kategorie „Fräizäitmusek”: (2.500 Euro)
• Big Band OPUS 78
• Orchestre national des jeunes
• Hunnegstrëpp
• Luxembourg Philharmonia
• Festival Koll an Aktioun
In der Kategorie „Musekvermëttlung“ (3.000 Euro)
• Konektis Entertainment
• OCL
• Two Steps Twice
• Beast
• Klenge Maarnecher Festival
- Barbie, Joe und Wladimir: Wie eine Friedensbotschaft ordentlich nach hinten losging - 14. August 2023.
- Des débuts bruitistes et dansants: la première semaine des „Congés annulés“ - 9. August 2023.
- Stimmen im Klangteppich: Catherine Elsen über ihr Projekt „The Assembly“ und dessen Folgeprojekt „The Memory of Voice“ - 8. August 2023.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos