Interview mit E-Sportler / Alexander Andersson: „Es geht darum, zusammen mit dem Team gut zu sein“
Alexander „AlekS“ Andersson ist Kapitän eines E-Sport-Teams. Der 19-jährige Schwede führt die CS:GO-Mannschaft der niederländisch-luxemburgischen E-Sport-Organisation 4Elements an. Seine Erfahrung als Handballer hilft ihm dabei, seine Mitspieler zu motivieren, verriet er im Interview mit dem Tageblatt.
Tageblatt: Wie sind Sie zum E-Sport gekommen?
Alexander Andersson: Als ich jünger war, habe ich das Spiel oft mit meinen Freunden gespielt. Wir hatten Spaß daran. Ich habe aber mehr Zeit in das Spiel investiert als sie und habe viele Stunden damit verbracht. So bin ich gut geworden und zu dem Sport gekommen.
Im Fußball beispielsweise spielt man in einem Verein und fällt dort auf. Wie sind Sie zum Profi geworden?
Das ist im E-Sport ähnlich, würde ich sagen. Mit dem Unterschied, dass man an Online-Turnieren teilnimmt, wo andere dann sehen, wie gut man selbst ist.
Wie alt waren Sie, als sie angefangen haben?
Ich bin mit 16 zu Fnatic Academy gekommen. Heute bin ich 19.
Wie hat Ihr Umfeld und Ihre Familie darauf reagiert, als Sie entschieden haben, E-Sports professionell zu betreiben?
Meine Freunde und meine Eltern haben sich sehr für mich gefreut. Einige Leute hatten allerdings Bedenken. Zuvor habe ich Handball gespielt und auch das hat mir Spaß gemacht. Ich glaube, dass ich Handball gespielt habe, gibt mir im Game einen Vorteil, wenn ich ein guter Mannschaftskamerad sein will.
Was genau macht diesen Vorteil aus?
In dem Game, das ich spiele, spielen wir als Team. Meine Erfahrung im Handball hat mich gelehrt, mit meinen Teamkameraden zu sprechen und sie zu motivieren, wenn sie unzufrieden sind.
E-Sports sind in Ihrer Heimat Schweden populärer als in vielen anderen Ländern. Hat das Ihnen geholfen?
Ja, ich glaube, das hat mir geholfen, gut zu werden. In Schweden gibt es viele LAN-Events, an denen man teilnehmen kann – selbst an abgelegenen Orten. Man kann fast überall an solchen Veranstaltungen teilnehmen. Es gibt viel zu tun hier. (Anm.d.Red.: LAN steht für Local Area Network und bezeichnet eine Veranstaltung, bei der Gamer sich mit ihren Computern an einem Ort physisch treffen)
Wie sieht Ihr Training aus? Sitzen Sie Stunden vor dem Computer und spielen?
Ein Teil ist individuelles Training. Ein anderer Teil ist das Training mit meinen Mannschaftskameraden. Wenn ich alleine bin, dann trainiere ich meine Bewegungsabläufe (engl. Muscle Memory), schaue mir andere Spieler an und versuche das was sie machen in mein eigenes Spiel einzubauen, um mich selbst zu verbessern. Mit meinem Team trainiere ich momentan fast jeden Tag von 13 Uhr bis 21 Uhr.
Das klingt nach sehr langen Tagen.
Ja. Zwischendurch gehen wir aber durchaus auch mal raus.
Trainieren Sie an einem Ort zusammen oder sitzen Sie momentan alleine zu Hause?
Im Moment sitzen wir allein zu Hause. Wir suchen aber gerade nach einer Möglichkeit, wie wir ein Trainingslager einrichten können, damit wir zusammen am gleichen Ort spielen können.
Hatte die Corona-Pandemie einen großen Einfluss auf E-Sports?
Ja, hat sie. Einige Leute haben viele Einbußen bei ihrem Einkommen. Davon abgesehen sind jetzt alle Events nur noch online. Das ist doch sehr verschieden von einer Veranstaltung vor Publikum. Dort sehen viele einem beim Spielen zu und man ist aufgedreht. Wenn man nur online spielt, hat man diesen Hype nicht.
Ein Match online anzusehen, ist also nicht das Gleiche wie das Match in einer Halle mit Publikum?
Genau. Das ist nicht anders als bei anderen Sportarten.
Wenn Sportarten wachsen und populär werden, dann werden sie immer auch zu einem Business. Wie erfahren Sie diesen Wandel? Müssen Sie sich viel damit befassen?
Im Moment nicht, nein. Aber ich muss immer die Marketing-Seite im Hinterkopf haben. Wenn ich spreche, bin ich niemals entspannt, weil ich meinen Ruf nicht beschädigen will. Wenn ich sehr gut werde, kann ich mein eigenes Merchandise bekommen (Anm.d.Red.: zum Beispiel Trikots). Im Moment ist es aber noch nicht so weit.
In den meisten Sportarten kann man nur bis zu einem gewissen Alter professionell aktiv sein. Welche Karriere-Aussichten bieten E-Sports?
Ich glaube, dass die Altersgrenze im E-Sport bei ungefähr 35 oder 36 liegt. Das hängt natürlich von vielem ab. Wenn man dieses Alter überschritten hat, dann hat man nicht mehr dieselbe Reaktionsgeschwindigkeit. An diesem Punkt kann man dann eine Management-Position übernehmen. Viele Spieler gehen diesen Weg.
Planen Sie bereits für diese Zeit im Voraus?
Ich glaube, es würde mir Spaß machen, mein eigenes Team zu haben und meine Erfahrungen zu teilen. Das wäre ziemlich cool.
E-Sports sind in Asien und in Skandinavien bereits sehr populär. Mitteleuropa hinkt dem etwas hinterher. Wie schätzen Sie diese Entwicklung in der Zukunft ein?
Das ist schwer zu beurteilen. Aus meiner Perspektive sind E-Sports bereits sehr groß. Ich glaube, dass die besten Spieler der Szene in Zukunft viel mehr verdienen werden, wenn der Markt für E-Sports wächst.
Meines Erachtens müssen gute Spieler in Zukunft auch mehr Wert auf ihre Gesundheit legen. Sie spielen jeden Tag so viele Stunden, dass sie es sich nicht erlauben können, ungesund zu leben. Ich glaube, das wird eine neue Entwicklung sein.
Sie machen sich Sorgen um die Gesundheit der Spieler?
Ja. Viele ernähren sich sehr schlecht und haben keine Aktivitäten neben dem E-Sport. Ich weiß, dass das nicht gesund ist. Es ist wichtig, neben dem Leben im Game auch ein Leben außerhalb des Games zu führen.
Bestätigt das nicht ein Vorurteil über Gamer, dass sie ständig nur vor ihrem Computer sitzen und Junkfood essen?
Nicht unbedingt. Es kann auch in anderen Sportarten vorkommen, dass man den Sport trainiert und sich sehr schlecht ernährt. Aber solche Argumente treffen mich nicht. Spiele sind für mich so viel mehr als nur Spiele. Es ist auch eine gemeinsame Zeit mit den Kumpeln, die man genießt.
Sie genießen es also, als Team zu spielen?
Ja. Für mich ist das gemeinsame Spiel als Team das wichtigste Element überhaupt. Es geht nicht darum, alleine Leistung zu bringen. Es geht darum, zusammen mit dem Team gut zu sein.
Stehen E-Sportler unter viel Druck, um Leistung zu bringen?
Meinem Gefühl nach ja. Aber ich glaube, dass sich viel davon nur in meinem Kopf abspielt. Mein Kopf sagt mir, dass ich unbedingt gewinnen muss. Ich mache mir selbst Druck.
Glossar:
Counter-Strike: Global Offensive (meist als CS:GO abgekürzt) ist ein taktischer Shooter. Zwei Teams von jeweils fünf Spielern stehen sich dabei in einer begrenzten virtuellen Umgebung (der „Map“) gegenüber und bekämpfen sich mit virtuellen Waffen und taktischer Ausrüstung. Das Spiel fordert schnelle Reflexe und die ganze Konzentration des Spielers.
E-Sports nennt man den sportlichen Wettbewerb in Videospielen. Mittlerweile gibt es weltweit Organisationen, Ligen und Turniere. Einige E-Sport-Veranstaltungen locken hunderte Zuschauer und füllen ganze Arenen. CS:GO ist einer der beliebtesten Titel, die im E-Sport gespielt werden.
4Elements wurde 2018 in den Niederlanden gegründet und ist die größte E-Sport-Organisation in Benelux. Im Oktober 2020 gaben 4Elements und FWRD aus Luxemburg ihre Fusion bekannt. 4Elements hat Teams für alle bekannten Videospiele, die als E-Sport praktiziert werden.
Das ist also Sport? Doch aber nicht im herkömmlichen Sinne von körperlicher Betätigung , die ( im Wettkampf mit anderen ) der Gesundheit dient, körperliche Ertüchtigung ?