Editorial / Alles ist eine Frage der Perspektive – das hat auch der Brics-Gipfel wieder verdeutlicht
Alles ist eine Frage der Perspektive. Auf dem Brics-Gipfel der fünf stärksten Schwellenländer in dieser Woche gab die Organisation bekannt, sechs neue Mitglieder aufzunehmen. Zu den alten Brics-Staaten Brasilien, Indien, China, Südafrika und Russland kommen bald Saudi-Arabien, Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate, Argentinien, Iran und Äthiopien hinzu. Andere Staaten haben eine Mitgliedschaft beantragt. Auch als Brics11 versammelt sich schon viel: viele Menschen, viele Rohstoffe, viel militärische Schlagkraft, viel Wirtschaftskraft. Zusammen soll eine neue Währung auf den Weg gebracht werden, um die Vormachtstellung des Dollars zu brechen.
Ist das das Ende für die Welt, wie wir sie kennen? Falls ja, ist es ein Ende, das in weiten Teilen der Welt gefeiert wird.
Es ist ein knappes Jahr her, dass Europas Chefdiplomat, bekannt dafür, kaum ein Fettnäpfchen auszulassen, in eines gesprungen ist, das auch heute noch Wellen schlägt. Vor Jungdiplomaten sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell damals in Brügge, Europa sei ein Garten, der größte Teil der restlichen Welt aber ein Dschungel, der in unseren Garten eindringen könnte. Die Aussage, die viele im Westen zum Fremdschämen einlud, wunderte in weiten Teilen der Welt kaum jemanden – sie wurde als weiterer Beleg dafür aufgefasst, mit welcher Arroganz, welchem Unwissen und welch unterschwelligem Rassismus europäische Eliten auf den Rest der Welt blicken.
Und Borrells Aussage bot auch in dieser Woche, nach dem Brics-Gipfel, einigen eine willkommene Vorlage. So frohlockte Russlands Auslandsgeheimdienstchef, die Welt sei jetzt ein Garten, in dem „hundert Blumen blühen“, die multipolare internationale Struktur, die sich gerade bilde, könne „von keiner Bestie der Welt“ wieder zerlegt werden. Dass Russland seit bald 550 Tagen einen bestialischen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, interessierte in Südafrika, wo der Gipfel stattfand, kaum jemanden. Unsere Lesart, dass der Krieg in der Ukraine auch ein Konflikt zwischen Demokratie und Autokratie ist, findet dort wenig bis keine Resonanz.
China, als treibende Kraft hinter der Brics-Erweiterung und dritter weltweiter Player neben den USA und Russland, hat sich längst in Eigenregie zum Anführer des globalen Südens aufgeschwungen und setzt seine Vorstellungen einer multipolaren Welt mit Nachdruck um. Die Brics-Erweiterung ist dabei ein weiteres wichtiges Puzzleteil. Der Ort aber, an dem alle an einem Tisch sitzen, bleiben die Vereinten Nationen. Sollen sie weiter ein möglicher Garant für Frieden und Stabilität bleiben, müssen sie reformiert werden. Der UN-Sicherheitsrat repräsentiert längst nicht mehr die Welt. Während mit Großbritannien und Frankreich zwei ehemalige Kolonialmächte einen ständigen Sitz haben, steht ein solcher Lateinamerika und Afrika noch immer nicht zu. Zudem lähmen die Antagonisten Russland beziehungsweise China auf der einen und die USA auf der anderen Seite den Sicherheitsrat.
Die Stärkung des Blocks der Brics-Staaten mag aus westlicher Sicht Sorgen bereiten, da Einfluss verloren geht. Den Ausweg würde eine Reform der Vereinten Nationen bieten. Eine Reform, nach der dann alle in einem gemeinsamen Garten sitzen, egal aus welcher Perspektive man ihn betrachtet. Vielleicht wäre das der Anfang einer Welt, wie wir sie alle wollen.
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Vernuenftiges Editorial.
Warum sollten Laender und Leute in Afrika oder Lateinamerika diesen Ukaine konflikt als etwas wichtiges oder weltbewegendes ansehen?
Hier in Europa interessiert doch kaum jemand sich wenn im Kongo ein krieg stattfindet oder die CIA wahlen irgendwo in zentralamerika manipuliert.
Dass Europa der nabel der welt war ist passe und wird auch nicht wiederkommen.