/ „Alles war furchtbar unübersichtlich“: Charles Goerens und Frank Engel präsentieren neues EU-Instrument
In der Chamber wurde am Dienstagmorgen das neue Budget vorgestellt. Kurze Zeit später und nur ein paar hundert Meter weiter stellten die Luxemburger Europaabgeordneten Charles Goerens (DP) und Frank Engel (CSV) im Europahaus ebenfalls ein Budget vor. Oder besser gesagt: ihren Bericht zur Außendimension des EU-Haushalts. Dabei geht es um rund 90 Milliarden Euro. Und um fast alles, was außerhalb der Europäischen Union finanziert wird.
„Das gab es noch nie“, so Christoph Schroeder, Leiter des Informationsbüros des Europäischen Parlaments in Luxemburg. Gleich zwei Luxemburger Europaabgeordnete können sich Ko-Berichterstatter eines Textes nennen, der im Europäischen Parlament zur Abstimmung vorgelegt wird. Diesen haben Goerens und Engel über einen Zeitraum von sechs Monaten zusammen mit zwei weiteren Berichterstattern ausgearbeitet. Dabei geht es um die gesamte außenpolitische Aktion der EU. Und es geht um rund 90 Milliarden Euro.
Damit soll die Finanzperiode 2021 bis 2027 abgedeckt werden. Der Bericht wird voraussichtlich Ende März im Plenum des Europaparlaments abgestimmt werden.
Neu bei diesem Budget ist die Tatsache, dass die aktuell sieben unterschiedlichen Programme unter einem einzigen Instrument zusammengefasst werden. Der Name: Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und Internationale Zusammenarbeit (NDICI).
Humanitäre Hilfe muss neutral sein
Das soll vieles vereinfachen, da sind sich Goerens und Engel sicher. „Bislang war es eine ganze Horde“, so Engel. „Das war auch einer der vielen Vorwürfe, die man uns gemacht hat.“ Insbesondere in der Afrika-Politik sei alles „furchtbar unübersichtlich“ gewesen. „Viele Partnerstaaten wussten irgendwann nicht mehr, wo sie anfangen sollten, wenn es um die Beantragung von Finanzierungen ging, um an EU-Gelder zu kommen“, so Engel.
Das NDICI soll aber auch dem Ansehen der EU dienen. So soll das Instrument die Interessen der EU in der Welt fördern, indem es die Sichtbarkeit des auswärtigen Handels verbessert. Weltweit gilt die EU als der größte Geber von Entwicklungshilfe.
Quasi alles, was außerhalb der EU finanziert wird, läuft in Zukunft über dieses Instrument. Neben ein paar sehr spezifischen Fonds wird insbesondere auch die humanitäre Hilfe davon ausgenommen. Letztere sei aus berechtigten Gründen nicht in dem Instrument enthalten, so Goerens. „Die humanitäre Hilfe der EU, auch ECHO genannt, genießt einen besonders guten Ruf. Die soll neutral sein“, sagt Goerens. Es wäre laut dem DP-Abgeordneten nicht gut, wenn humanitäre Hilfe zum Beispiel in einer Konfliktsituation im Paket der EU enthalten wäre. „Wir haben als Europaparlament stets darauf geachtet, dass die Entwicklungshilfe ihre Autonomie behält.“
Durch die zunehmende Globalisierung ist vieles miteinander verflochten. Auch die einzelnen Programme der EU-Entwicklungshilfe. Durch das Zusammenlegen sollen Überschneidungen vermieden und Anknüpfungen gefördert werden, so Engel. Als Beispiel nennt der CSV-Europaabgeordnete Afrika. Bislang gab es, finanztechnisch gesehen, zwei Afrikas. Die fünf nördlichen afrikanischen Länder fielen unter die EU-Nachbarschaftspolitik. Der Rest des Kontinents unter die entwicklungspolitische Zusammenarbeit. „Wir hätten gerne eine Strategie für Afrika“, fordert Engel. „Deshalb haben wir im Text eine Position gesucht, die den gesamten afrikanischen Kontinent abdeckt.“
Ein wichtiges Problem konnte im Text allerdings nicht gelöst werden, so Engel. „Die Europäische Union hat im Gegensatz zu China, den USA, der Afrikanischen Union oder Asien keine Entwicklungsbank.“ Die Europäische Investitionsbank (EIB) zähle nicht, so Engel. „Sie ist keine Entwicklungsbank.“
EU hat keine Entwicklungsbank
Das sei auch einer der Gründe, wieso sie unter den zukünftigen Finanzierungsinstrumenten nicht mehr das Monopol hat. „Sie war darüber nicht sehr erfreut, aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es andere Länder und Kulturen gibt, die sich besser mit Entwicklung auskennen als die EIB.“ Letztere müsse bei der Überlegung mithelfen, wie man eine wahrhafte Entwicklungsbank für die EU auf die Beine stellen könnte. Als Zweig der EIB oder als autonomes Institut.
Im Jahr 1989 galt es quasi als Tabu, private Investoren in die Entwicklungshilfe hineinzuziehen, so Goerens. Heute sei dieses Tabu gebrochen. Um Investitionen aus dem Privatsektor anzuziehen und somit den Finanzrahmen zu erhöhen, müsse die EU nun neue Wege gehen. Privatinvestoren brauchen Garantien, wenn sie in die Entwicklungshilfe investieren, da diese mit gewissen Risiken belastet sei. Dazu sei der Europäische Fonds für nachhaltige Entwicklung (EFSD+) mit 60 Milliarden Euro da, so Goerens. 50 Prozent der Investition trägt der Fonds. Die andere Hälfte der Investor.
„Das läuft so ab: Geht alles gut, werden die 60 Milliarden nicht angetastet. Geht etwas schief, werden die 60 Milliarden angezapft. Durch das Fallen lernt man Gehen“, so der DP-Europaabgeordnete. „Von diesem Fonds erhoffen wir uns eigentlich sehr viel.“ Goerens nennt den Juncker-Fonds. „Der war irgendwann so beliebt, dass er zu klein erschien.“
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