/ Als Autodidakt zum „Député-maire“: Nicolas Eickmann lebte für die Politik
„E Mann wéi e Kleederschaf“ und ein engagierter Sozialist, so wird Nic. Eickmann in Erinnerung bleiben. Er verstarb am Freitag im Alter von 90 Jahren.
Die letzten Monate war er nicht mehr derselbe. Der kürzliche Tod seiner Tochter Doris, die u.a. Wirtin der Differdinger Gaststätte Bizarre war, hatte ihn doch sehr mitgenommen und seine Gesundheit angeschlagen. Bis dahin war er, auch im hohen Alter, ein begeisterter Leser philosophischer Texte, spazierte täglich über den Differdinger „Bierg“ oder im Mondorfer Park und nahm am gesellschaftlichen Leben teil, wenn auch nicht mehr so intensiv wie zu seiner aktiven Zeit als Politiker.
Vor einem Vierteljahrhundert hat er sich aus der Tagespolitik zurückgezogen. Mit der Gelassenheit des Alters kommentierte er sowohl lokal- als auch weltpolitische Themen und sammelte alle politischen Artikel, die über „seine Stadt“ Differdingen veröffentlicht wurden, wohl auch eine Spätfolge aus seiner Zeit als freier Tageblatt-Mitarbeiter. Schon seine Mutter, die immerhin 100 geworden ist, war unserer Zeitung als Austrägerin verbunden.
Nicolas Eickmann war Autodidakt, stammte aus bescheidenen Verhältnissen und verdingte sich nach dem Krieg zunächst als Laufbursche in einer Differdinger Papeterie. 1979 wurde er Bürgermeister der Stahlstadt, er bekleidete den Posten ganze 14 Jahre lang. Eickmann vertrat die Interessen der Gemeinde ebenfalls im Parlament und trug den Titel des „Député-maire“ mit Stolz.
„Differdange: Ville morte“
In seine Amtszeit fiel die Stahlkrise bzw. deren Konsequenzen für die Wirtschaft des Südens. Um auf die dramatischen Auswirkungen auf die Geschäftswelt aufmerksam zu machen, schmückte damals jahrelang ein Transparent mit dem Schriftzug „Differdange: Ville morte“ die Brücke im Differdinger Ortskern.
Die finanzielle Durststrecke dauerte etwa ein Jahrzehnt; die Gemeinde griff nach jedem Strohhalm, so empfing Eickmann auch die Vertreter eines französischen Rennstalls, die eine Formel-1-Strecke auf dem „Déifferdenger Bierg“ bauen wollten (ein Projekt, das Eickmann auf Anraten des damaligen Ministers Robert Krieps ablehnte), er sprach mit Promotoren eines Golfplatzes …
Das ist lange her. Heute ist die 25.000 Einwohner zählende und drittgrößte Stadt Luxemburgs dabei, sich zu verändern. Die einstige LSAP-Hochburg ist nun fest in grüner Hand. Und das, was Eickmann bereits vor 20 Jahren prophezeit hatte, ist längst eingetreten: „In ein paar Jahren wird man Differdingen nicht mehr wiedererkennen“, sagte er damals.
Mitbegründer der ASJ
Nicolas Eickmann setzte sich immer stark für das Niederkorner Spital ein – lange Jahre war er Präsident des Verwaltungsrates jener Infrastruktur, die er am 4. September 1981 gemeinsam mit Namensgeberin Prinzessin Marie-Astrid einweihte, und bedauerte vor allem, dass die Gemeinde nach der Fusion mit dem CHEM („Centre hospitalier Emile Mayrisch“) keine Geburtsstation mehr hatte und somit „keine richtigen Differdinger mehr zur Welt kommen“.
Eickmann, der u.a. zwei Jahrzehnte lang das Gemeindesyndikat Sudgaz präsidierte, kümmerte sich nach seiner aktiven politischen Zeit intensiv um soziale Themen. Zusammen mit John Castegnaro gründete er die Initiative ASJ („Action sociale pour jeunes“), aus der die lokalen Jugendaktionen und die ersten solidarwirtschaftlichen CIGL-Angebote hervorgingen.
Mit Nic Eickmann verliert Differdingen einen aufrichtigen Linkspolitiker, der zweifellos positive Spuren in der Gemeinde hinterlässt. Und was er im März 2018 über seine Partei sagte, als er für 55 Jahre Mitgliedschaft in der LSAP geehrt wurde, ist aktueller denn je: „Es redet keiner über uns. Wir sind zu leise. Und das ist schlecht.“ Die LSAP müsse sich neu erfinden, so Eickmann. Aber das müssten andere Parteien eigentlich auch …
Kurzbiografie
Nicolas Eickmann wurde am 5.4.1929 in Differdingen geboren, übrigens in einem Haus, das dort stand, wo später das neue Rathaus errichtet wurde. Dort war er als Bürgermeister 15 Jahre im Amt. Nach seiner Schulzeit arbeitete er von 1944 bis 1946 als Laufbursche in der Differdinger Papeterie Otto Anen. Von 1946 bis 1948 machte er eine Malerlehre beim Unternehmen Berens in Clerf, ehe er im Hadir-Hüttenwerk Beschäftigung fand. Dort arbeitete er bis 1967, dann bis 1984 als Kontrolleur bei der Arbeitsverwaltung.
1950 heiratete er und absolvierte seinen sechsmonatigen Militärdienst 1952. Früh (1948) engagierte er sich gewerkschaftlich in der CGT-Gewerkschaft LVOV („Lëtzebuerger Viraarbechter- an Obermaschinisten-Verband“), deren Nationalpräsident er wurde. 1962 trat er der LSAP bei. 1968 wurde er auf Anhieb in den Differdinger Gemeinderat gewählt, dem er 25 Jahre angehörte.
Nach einigen Jahren als Schöffe wurde er am 1.1.1979 Bürgermeister; diesen Posten bekleidete er bis 1993. Er stand während seiner Amtszeit der Sidor vor, war Präsident des Spitalsyndikates des „Hôpital Princesse Marie-Astrid“ und mehr als 20 Jahre Präsident des Verwaltungsrates von Sudgaz.
Von 1985 bis 1989 war Eickmann Abgeordneter. Nach seiner Pensionierung galt sein Interesse besonders der Solidarwirtschaft. Während den 1960ern arbeitete Eickmann als Lokalkorrespondent für das Tageblatt.
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