Preissteigerung / „Als Studierende spüren wir die Inflation voll und ganz“
Leiden Studentinnen und Studenten an der Uni Luxemburg ganz besonders unter der aktuellen Preissteigerung? Denn kaum ein Studierender bezieht ein volles Gehalt, das an den Index gebunden ist. Das Tageblatt hat bei ausländischen und luxemburgischen Studierenden nachgefragt.
In Luxemburg befindet sich die Inflation aufgrund verschiedener Ereignisse auf einem Rekordniveau. Die Jahresinflationsrate von 2022 beläuft sich auf 6,3 Prozent, so die aktuellen Zahlen aus dem am Montag vorgestellten Statec-Bericht. Im EU-Vergleich ist die Quote in Luxemburg zwar weniger hoch, dennoch spüren die Verbraucher auch hierzulande den Preisanstieg. Insbesondere Lebensmittel und Sprit verursachen manches Loch in der Haushaltskasse.
Zurzeit kaufe ich einfach etwas weniger ein, sowohl Lebensmittel als auch andere SachenStudent
Wie sieht es bei den Studenten aus? Manche beziehen eine Börse oder bekommen Taschengeld von den Eltern, andere arbeiten nebenher. Wirkt sich die Inflation auf deren Alltag aus? Da ihre finanziellen Mittel nicht zu hundert Prozent aus einem indexgebundenen Gehalt stammen, könnte es sie besonders hart treffen. Das Tageblatt hat bei einigen Studierenden aus dem In- und Ausland nachgefragt.
Steve Müller ist luxemburgischer Student an der Universität Luxemburg. Er studiert im siebten Semester „Sciences de l’éducation“ auf Bachelor (BSC) mit dem Ziel, Lehrer zu werden. Er hat keinen Nebenjob. „Die Preissteigerung hat einen gewissen Einfluss auf meine Gewohnheiten“, sagt er. Er schätzt diesen Einfluss allerdings als eher gering ein. Allgemein lebe er recht bescheiden, was sich positiv auf seine aktuelle Bilanz auswirkt. „Zurzeit kaufe ich einfach etwas weniger ein, sowohl Lebensmittel als auch andere Sachen.“ Generell habe sich sein Lebensniveau nicht geändert.
Weniger ausgehen
Sein Kommilitone Eric Dax, ebenfalls Luxemburger, hat sein BSC dieses Semester erst angefangen. Deshalb hat er keine direkte Vergleichsmöglichkeit, ob der Lebensunterhalt im Studium nun anders ist als vorher. Dennoch hat er gemerkt, dass er beim Ausgehen mehr Geld ausgibt als vor der Preissteigerung. „Deshalb habe ich dies jetzt reduziert. Und beim Einkaufen überlege ich mir, was wirklich notwendig ist und greife vermehrt auf Sonderangebote zurück“, erklärt er. Um den hohen Benzinpreisen und Parkgebühren aus dem Weg zu gehen, überlegt er sich jedes Mal, ob es wirklich notwendig ist, mit dem Auto zu fahren, oder ob er die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen soll. „Auf Belval sind wir gut angebunden“, sagt er.
Die gestiegenen Spritpreise merke ich spürbarStudentin
Auch Cheryl Folschette und Marisa Fernandes studieren „Sciences de l’éducation“. Beide leben noch bei ihren Eltern und spüren die Inflation nur in einigen Punkten. Eine eigene Wohnung zu mieten, kommt für beide nicht infrage. Die Wohnungspreise seien nicht erst seit der gestiegenen Inflation ein Problem, sagt Fernandes. Cheryl Folschette bekommt ihre Studienbörse vom „Cedies“ und zudem Taschengeld von ihren Eltern. „Bis jetzt musste ich meine Gewohnheiten nicht ändern“, sagt sie. Dennoch sei der Sprit ein wichtiger Faktor. Sie muss jeden Tag eine Stunde mit dem Auto anreisen. „Die gestiegenen Spritpreise merke ich spürbar.“ In diesem Punkt stimmt auch Marisa Fernandes zu. Die Studentinnen gehen manchmal gerne feiern. „Jetzt gehen wir weniger aus und passen jedes Mal auf, nicht zu viel Geld auszugeben.“
Vor einem Jahr konnte ich für 20 Euro viele Sachen kaufen. Heute kann ich mit dem gleichen Geld nur noch die Hälfte kaufen.Student
Mehr Sorgen als die Studierenden aus Luxemburg macht sich offenbar Malan Ilangarthna aus Sri Lanka. Er studiert seit drei Semestern Architektur im Masterstudiengang an der Uni Luxemburg. Auch vor der Preissteigerung kaufte der Student ausschließlich in Low-Cost-Supermärkten ein. „Vor einem Jahr konnte ich für 20 Euro viele Sachen kaufen. Heute kann ich mit dem gleichen Geld nur noch die Hälfte kaufen“, sagt er. Nebenher arbeitet Malan Ilangarthna 15 Stunden pro Woche in einem Restaurant.
Essenzielle Lebensmittel
Viele Studierende aus dem Ausland haben Nebenjobs, so der Architekturstudent. „Damit verdient man nicht so viel. Mit dem Geld über die Runden zu kommen, ist zurzeit schon eine Herausforderung“, sagt er. „Als Studierende spüren wir die Inflation voll und ganz. Vielleicht können jene Leute, die Vollzeit arbeiten, sich dies noch leisten. Wir nicht mehr. Es ist eine schwierige Situation.“ Malan Ilangarthna kauft insgesamt weniger ein. Denn selbst die billigsten Produkte seien teuer geworden, sagt er. Er meint insbesondere die Lebensmittel, da diese essenziell seien. Aber auch andere Produkte wie Elektroniksachen, etwa Mobiltelefone, haben seiner Beobachtung zufolge eine enorme Preissteigerung durchgemacht.
Für sie hat die Preissteigerung hierzulande einen größeren Einfluss als die Inflation bei ihnen zu Hause. Damit haben viele Studenten zu kämpfen.Studentin
Milena* aus Armenien ist Architekturstudentin an der Universität Luxemburg. „Ich bin froh, dass ich ein Stipendium bekomme.“ Zudem ist sie Hilfswissenschaftlerin an ihrer Fakultät. Dennoch macht ihr die Preissteigerung zu schaffen. Viele Studierende in Luxemburg seien aus dem Ausland, sagt sie. „Für sie hat die Preissteigerung hierzulande einen größeren Einfluss als die Inflation bei ihnen zu Hause. Damit haben viele Studenten zu kämpfen.“ Milena sagt, dass sie keine Sachen kauft, die nicht unbedingt notwendig sind.
Han* und Li* sind zwei Studierende aus China, die an der Uni.lu eingeschrieben sind. Han hat nach ihrem Masterdiplom im Ingenieurswesen ein weiteres Masterstudium im Bereich der Finanzen in Luxemburg angefangen. Li ist PhD-Student am Institut für Computerwissenschaft. „Ich sehe, dass beispielsweise im Supermarkt alles teurer geworden ist. Aber das hält mich dennoch nicht davon ab, die Artikel zu kaufen“, sagt er. Li bekommt als Doktorand ein Gehalt ausbezahlt. Mit seinem monatlichen Einkommen seien die gestiegenen Preise noch akzeptabel. „Normalerweise kaufe ich generell nicht viel.“ Die Inflation hat demnach keinen großen Einfluss auf seinen Alltag.
Bei einigen wenigen Sachen, insbesondere bei Lebensmitteln, hat er dennoch seine Gewohnheiten geändert. Andere Sachen, wie etwa Kleider, kauft er stets in China und lässt sie entweder per Zug oder Schiff nach Europa kommen. „Das ist viel günstiger.“ Aber das habe nichts mit der Inflation zu tun. Die Kleider habe er auch vorher stets aus China kommen lassen.
Han kann nicht auf ein Gehalt wie Li zurückgreifen. Sie passt besonders bei Lebensmitteln gut auf. „Ich suche stets die günstigsten aus“, sagt sie.
* Namen von der Redaktion geändert. Diese Personen wollten anonym bleiben.
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