Bürden / Alternativer Standort für Windkraftanlage wird geprüft
Die Gesellschaft Nordenergie S.A. (Gemeinden Ettelbrück und Diekirch) plant zusammen mit der 2001 gegründeten „Société luxembourgeoise des énergies renouvelables S.A.“ (Soler), an der die SEO („Société électrique de l’Our S.A.“) und Enovos Luxembourg S.A. jeweils zur Hälfte beteiligt sind, den Bau des „Windparks Nordenergie“ (wir berichteten in unseren Ausgaben vom 27. und 31. Juli). Dagegen, dass im Rahmen dieses Vorhabens das größte bis dato in Luxemburg errichtete Windrad in direkter Nähe von Bürden aufgestellt werden soll, wehrt sich eine ganze Ortschaft.
„Es wird das bis dato größte Windrad Luxemburgs“, hatte ein Verantwortlicher der Soler während der Informationsversammlung vom 9. Juli angemerkt. Es werde zudem eine Windkraftanlage, die am nächsten an Wohnhäusern stehen wird, und zwar in einer Entfernung von nur 750 Metern. Aber ncht allein diese Tatsache treibt die Einwohner aus Bürden auf die Palme, sondern auch die Vorgehensweise der Bauherren.
Zu keinem Zeitpunkt seien die Bürger mit in die Planung einbezogen worden. Ganz im Gegenteil. Das Projekt sei bereits 2015 in Angriff genommen worden, die Gemeindeväter aus Erpeldingen/Sauer (die Ortschaft Bürden ist eine Sektion dieser Gemeinde) seien erst 2018 in Kenntnis gesetzt worden, ohne Einzelheiten zu erfahren. Zudem habe man die Einwohner Bürdens erst am 9. Juli dieses Jahres auf einer Informationsversammlung ins Bild gesetzt – oder sollte man besser sagen, vor vollendete Tatsachen gestellt, denn am 6. Juli hatte bereits die Kommodo-Inkommodo-Prozedur für dieses Projekt begonnen.
Alternativer Standort
„Die Tatsache, dass wir erst drei Jahre nach Planungsbeginn über das Projekt der Nordenergie S.A. und unserer beiden Nachbargemeinden in Kenntnis gesetzt wurden, hat natürlich einen faden Beigeschmack”, so Claude Gleis, Bürgermeister der Gemeinde Erpeldingen/Sauer, am Mittwoch gegenüber dem Tageblatt. „Es wäre ratsam gewesen, uns gleich mit ins Boot zu nehmen, damit hätte man verhindern können, dass sich die Einwohnerschaft unserer Gemeindesektion Bürden komplett überrumpelt fühlt.“ Ganze 121 von insgesamt 165 Haushalten der Ortschaft Bürden hatten sich im Rahmen einer Unterschriftenaktion gegen den geplanten Standort der 230 Meter hohen Windkraftanlage ausgesprochen. „Unser Schöffen- und Gemeinderat stehen natürlich hinter unseren Bürgern, die sich ernsthafte Gedanken über ihre Gesundheit machen. Sie – und natürlich wir auch – wollen wissen, ob, und wenn ja, welche Studien zu diesem Standort und der geplanten Anlage gemacht wurden.”
Inzwischen ist bekannt, dass der Erpeldinger Gemeinderat der Nordenergie S.A. einen alternativen Standort für die Windkraftanlage angeboten hat. Es handelt sich dabei um ein Areal auf dem Gebiet der Gemeinde Erpeldingen/Sauer, jedoch unweit der Gemeindegrenze zu Diekirch. „Da die Nordenergie S.A. ihre kommerziellen Aktivitäten jedoch auf die Gemeinden Diekirch und Ettelbrück begrenzen soll oder muss, stellt sich natürlich die Frage, ob ein Standort außerhalb dieser beiden Gemeinden überhaupt annehmbar ist. Doch es würde sich sicherlich lohnen, das zu prüfen”, so Claude Gleis.
„Eine Überlegung wert“
Auf diesen Vorschlag der Nachbargemeinde angesprochen, meinte der Ettelbrücker Bürgermeister Jean-Paul Schaaf, dass diese Alternative eine Überlegung wert sei. Obschon das initiale Projekt bereits in der Kommodo-Inkommodo-Prozedur sei, werde Soler den vorgeschlagenen neuen Standort prüfen. „Es ist niemandem daran gelegen, ein solches Projekt auf Biegen und Brechen in die Realität umsetzen zu wollen.“
Zu diesem Zeitpunkt sehe das Projekt der Nordenergie S.A. zwei Windkraftanlagen vor: Eine soll eben in Bürden, eine zweite unweit des Ortes Karelshaff, zwischen Ettelbrück und Mertzig, errichtet werden. In den beiden Fällen handele es sich um Anlagen der neuesten Generation. „Da es zum Standort Karelshaff bis dato keine Beschwerden gab, könnte diese WKA nach Abschluss der Genehmigungsprozeduren auch dann bereits errichtet werden, wenn zu dem Moment der zweite Standort noch unklar wäre”, so Jean-Paul Schaaf. Es sei aber zu früh, sich auf irgendeine Prozedur festzulegen, da eben noch einige Fragen offenstünden.
Auf die Frage, warum ein Windpark nicht im Rahmen der angestrebten Fusion der „Nordstad“-Gemeinden Bettendorf, Diekirch, Erpeldingen/Sauer, Ettelbrück und Schieren hätte geplant werden können, gab es unterschiedliche Antworten von unseren beiden Gesprächspartnern. Da Nordenergie lediglich in den Gemeinden Ettelbrück und Diekirch aktiv sei und die restlichen drei Gemeinden eben andere Stromanbieter hätten, wäre es nicht einfach, ein solches Projekt „Nordstad“-übergreifend umzusetzen, aber unmöglich wäre es sicherlich nicht, so Gleis.
„Da winkt jeder ab“
Sein Amtskollege aus Ettelbrück sieht das anders. „Wenn wir ein solches Vorhaben jetzt über das Gebiet der fünf Gemeinden erstrecken wollten, müssten wir wieder bei null beginnen. Und da winkt jeder Partner in diesem Projekt ab”, so Schaaf.
Apropos Fusion: Die Gemeinden des Projektraums „Nordstad“, mit Ausnahme von Colmar-Berg, wollen bekanntlich fusionieren. Man hat sich dazu selbst eine Frist gesetzt, und zwar die nächsten Gemeindewahlen im Juni 2023. Wo steht man heute mit diesen Plänen? – „Wir haben wichtige Schritte in die richtige Richtung gemacht, doch es ist noch ein sehr weiter Weg“, so Claude Gleis. „Im Oktober sollen nun Bürgerforen in den fünf Gemeinden stattfinden, um den Puls bei den Leuten zu fühlen. Anschließend wird die Entscheidung fallen, ob es zu einem Referendum kommen wird oder nicht. Die gesetzte Frist ist meines Erachtens sehr ambitiös.“
Fest steht, dass es seit Beginn der Fusionsgespräche, die bis dato auf der Ebene der Schöffenräte der fünf Kommunen ablaufen, längst nicht nur Befürworter gibt. In Bürden sieht das im Moment nicht anders aus. „Firwat solle mer mat deene fusionéieren, déi eis elo iwwer eis Käpp ewech riseg Wandmillen virun d’Dir setzen, déi net nëmmen eiser Gesondheet schuede wäerten“, so ein aufgebrachter Einwohner aus Bürden dieser Tage.
Er fände es schade, wenn das WKA-Projekt nun mit in die Entscheidungsprozedur um eine eventuelle Fusion einfließen würde, so Jean-Paul Schaaf. „Wir wollen weiterkommen. Die Vertreter der fünf Gemeinden werden sich am 5. August ein weiteres Mal zu Gesprächen treffen, bevor die Sommerpause beginnt. Wir haben den Termin vom Juni 2023 trotz Corona nicht aus den Augen verloren. Es ist im Moment nicht einfach, Diskussionsrunden zu organisieren, doch wir versuchen alles, damit wir in der Fusionsplanung weiterkommen. Ich hoffe, dass die Bürgerforen im kommenden Oktober stattfinden können. Die sind überaus wichtig für den weiteren Verlauf der Planung.“
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