Editorial / Altlasten und Perspektiven
Die bisherige Woche war sowohl politisch als auch sanitär intensiv. Nach einem physischen ADR-Kongress am Sonntag in Ettelbrück, bei dem 5/6-Urgestein Gibéryen tränenreich abgefeiert wurde und die unsägliche Dame Mischel u.a. anklingen ließ, dass manche Grüne Hunde und Kinder abschaffen möchten, da diese zu viel CO2 produzierten und klimaschädlich seien, wurde es am Dienstag und Mittwoch mit Bettels Erklärung zur Lage der Nation und mit Gramegnas Haushaltsvorlage sowie den entsprechenden Debatten über die künftige politische und finanztechnische Ausrichtung des Landes wieder ernster. Auch am morgigen Samstag wird wieder ein Parteikongress Politikinteressierte locken, diesmal allerdings rein digital. Die CSV lädt zu ihrem Nationalkongress ins weltweite Netz, das jeder zu Hause hat.
Dieser soll wegweisend werden nach den Distanzierungen der CSV von der erst ein gutes Dutzend Jahre alten politischen Sicht- und Handlungsweise von Staatsminister Juncker und Finanzminister Frieden (damals peinlicherweise auch von der LSAP unterstützt), die sich als Mittel der Wahl zur Krisenbewältigung (damalige Finanzkrise) ungezügelt in Spar- bzw. Austeritätspolitik versuchten und mit seltsamem Finanzinstrumentarium Geld ins Land locken wollten. Von beiden Methoden haben sich die Christlichsozialen in letzter Zeit wortreich verabschiedet, bloß der Neubeginn wird angesichts akuter Flügel- und Personalienkämpfe kein einfacher werden. Schade bloß, dass sich die Kontrahenten um die Zukunft der Partei in häuslichen Schlappen streiten werden; das nimmt dann doch viel von der potenziellen Brisanz …
Ein anderer Neubeginn interessiert aktuell sicher weitaus mehr Menschen im Land. Da stellte, von den wenigsten erwartet, der Staatsminister für Dezember einen Corona-Impfstoff in Aussicht. Die damit verbundenen überschwänglichen Hoffnungen bremste die Gesundheitsministerin vorsichtig und geschickt wieder ab. Der Zeitpunkt für aufkommende Vorfreude ist wohl nicht der günstigste. Frankreich schließt Städte, Deutschland diskutiert über Beherbergungsverbot, Belgien verlängert die Allerheiligen-Ferien, Holland schließt die Gaststätten und die nationalen Infiziertenzahlen zeigen nach oben …
Corona war denn auch das Hauptthema der politischen Woche (siehe oben), allerdings eher in einem wirtschaftlichen und finanztechnischen Kontext. Trotz beispielhaft hoher Investitionen in Gesundheit, in Betriebe und Bewahrung von Arbeitsplätzen und damit verbundener Mehrausgaben in Milliardenhöhe, trotz geringerer Einnahmen „kratzt“ das Land lediglich an der Verschuldungsrate von 30 Prozent. Neue Kredite bringen zudem wegen Negativzinsen mehr Geld als sie kosten. Die mittel- und langfristigen Aussichten sind gut, da der (geläuterte) Finanzplatz wieder Rekordumsätze verspricht.
Dennoch will der Finanzminister vorerst keine Steuern senken und die wenigen sozialen Maßnahmen im Haushalt sind kaum mehr als ein unzureichendes soziales Gegengewicht zu den angekündigten Mitteln zur Senkung des Karbonausstoßes, wie etwa die CO2-Steuer. Wenn der Regierung in diesem Jahr noch der Mut zu einer sozial ausgleichenden Steuerreform fehlt, so wäre es sinnvoll, entsprechende Maßnahmen für den kommenden Haushalt bereits intensiv vorzubereiten. Nach der Pandemie, die alle betrifft, wenn auch nicht gleichermaßen, würde ein weiteres Verzögern von Initiativen in Richtung Gerechtigkeit sicher auch einer geschwächten CSV und möglicherweise sogar einer seltsam philosophierenden ADR elektoralen Rückenwind geben, und wer kann das schon wollen …?
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Herr Gramegna nimmt’s mit Versprechen nicht so genau, siehe sein Gespräch wegen pétition über Junggesellensteuer mit Herrn Sartori. (Life bei RTL)
Fazit: der DP wird es wohl nichts ausmachen 6400 Stimmen weniger zu bekommen.