Bildung und Corona / An den Schulen in Luxemburg sind alle nervös: Steil steigende Fallzahlen und Angst vor Durchseuchung
An Luxemburgs Schulen überschlagen sich die Ereignisse. Die Infektionszahlen wachsen rasant. Die Akteure des Bildungswesens und Oppositionspolitiker werden zunehmend nervös. Die Angst vor einer Durchseuchung in den Schulen nimmt zu und die Forderungen nach verstärkten Maßnahmen werden lauter.
Alle sind nervös. Das merkt man, wenn man mit schulischen Akteuren und deren Umfeld spricht. Vergangene Woche startete der Lehrer Laurent Kneip eine Petition, in der er den flächendeckenden Einsatz von Luftfiltern in Klassenzimmern fordert (siehe Infobox). Am Dienstag haben sich mehrere Eltern und Lehrer zusammengetan und einen offenen Brief an Gesundheitsministerin Paulette Lenert und Bildungsminister Claude Meisch geschrieben. Darin erläutern sie ihre Sorgen angesichts der sehr hohen Infektionszahlen an den Schulen, stellen Forderungen und bitten um eine Reaktion. Am selben Tag beantwortet Paulette Lenert eine dringende parlamentarische Frage der CSV-Abgeordneten Martine Hansen und Max Hengel, in der sie unter anderem wissen wollen, ob die aktuellen sanitären Maßnahmen in „Crèches“, „Précoce“ und Zyklus 1 noch den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen genügen, um die Kinder adäquat schützen zu können (siehe Infobox).
Lehrergewerkschaften sprachen vergangene Woche vom totalen Krisenmodus und vom Risiko einer Durchseuchung an den Schulen. Manche Mitglieder lokaler Elternvertreter sind sehr besorgt und sprechen von teils katastrophalen Zuständen. Das Contact Tracing für die Schulen setzt vermehrt auf automatisierte Vorgänge und beruft sich auf routinierte Abläufe, um die schiere Masse an Infektionen überhaupt noch erfassen zu können. Die Suche nach Infektionsquellen wurde längst aufgegeben. Am Mittwoch meldete das Bildungsministerium im wöchentlichen „Santé“-Bericht für die Woche vom 17. bis 23. Januar insgesamt 7.417 Infektionsfälle an den Schulen: 4.487 in den Grundschulen, 2.920 in den Lyzeen und zehn in den Kompetenzzentren. 68 Klassen wurden in ein Szenario 4 (mehr als fünf positive Fälle) versetzt, davon 43 Klassen in den Grundschulen und acht in den Lyzeen. In der Woche davor gab es rund 5.000 Infektionsfälle und in der ersten Kalenderwoche rund 3.000.
Was mich wütend macht, ist das Fehlen von Maßnahmen zugunsten der Schüler zwischen fünf und elf Jahren, die ihr Impfschema noch nicht abgeschlossen habenElternvertreter, Luxemburg-Stadt
Jean-Marc Cloos ist einer von vier Elternvertretern in der Schulkommission von Luxemburg-Stadt. Im Tageblatt-Gespräch sagt er: „Was mich wütend macht, ist das Fehlen von Maßnahmen zugunsten der Schüler zwischen fünf und elf Jahren, die ihr Impfschema noch nicht abgeschlossen haben.“ Die Impfung für diese Alterskategorie läuft erst seit dem 23. Dezember. Seiner Meinung nach sollte man die Risiken einer Infektion minimieren, solange die Kinder keinen Basis-Impfschutz aufgebaut haben. Man sollte den Eltern, die sich dazu entschieden haben, ihre Kinder impfen zu lassen, auch die Chance dazu geben, sagt er.
Das Long-Covid-Risiko ernst nehmen
Cloos, ärztlicher Direktor der psychiatrischen Abteilung der „Hôpitaux Robert Schuman“, beschäftigt sich als Vater, aber auch in seiner Rolle als Elternvertreter mit dem Risiko des Long Covid bei Kindern und Jugendlichen. Je nach Studie schwanke die Quote der Kinder und Jugendlichen, die nach einer überstandenen Corona-Infektion über lang anhaltende Symptome klagen, zwischen 0,8 und 18 Prozent. Die Studien seien allerdings allesamt wegen unzureichender „Subjects“ nicht wirklich belastbar. „Sollte sich herausstellen, dass das Risiko tatsächlich 0,8 Prozent beträgt, dann müssen wir das ernst nehmen“, so Cloos.
Ich finde, das Bildungsministerium nimmt das Ganze ein wenig zu sehr auf die leichte SchulterElternvertreter, Luxemburg-Stadt
Der Vater von zwei Söhnen befürwortet die aktuell geltende generelle Maskenpflicht. Diese sei nur zu spät eingeführt worden. Er kann aber immer noch nicht verstehen, wieso sämtliche Arten von Atemschutzmasken in den Schulen freigegeben sind. In der Tat gilt in Luxemburgs Bildungseinrichtungen die freie Wahl des Materials. Sogar die ganz am Anfang der Pandemie kostenlos verteilten „Buffs“ aus dünnem Stoff sind weiterhin erlaubt. Dabei haben Studien längst bewiesen, dass solche „Buffs“ sowie andere Masken aus Stoff nur wenig vor einer Corona-Infektion schützen. Nur FFP2-Masken bieten einen ausreichenden Schutz. „Ich finde, das Bildungsministerium nimmt das Ganze ein wenig zu sehr auf die leichte Schulter“, sagt Cloos. Auf Tageblatt-Nachfrage beim Bildungsministerium schreibt dieses, dass es nicht über die nötigen Kompetenzen verfüge, um sich in der Wirksamkeit von sanitärem Material auszusprechen. Man halte sich an die Empfehlungen der „Santé“.
Eine Maßnahme funktioniert, noch eine dazu funktioniert noch besser und keine Maßnahme hat eine hundertprozentige SicherheitElternvertreter, Luxemburg-Stadt
Cloos spricht vom sogenannten Schweizer-Käse-Modell: „Eine Maßnahme funktioniert, noch eine dazu funktioniert noch besser und keine Maßnahme hat eine hundertprozentige Sicherheit.“ Für ihn sind medizinische Masken besser als gar keine, FFP2-Masken aber viel sicherer. Nehme man den Einsatz von Luftfiltern dazu, sei das noch besser. Daneben sollte man laut Cloos die Distanz einhalten und regelmäßig die Hände waschen. In manchen Klassen würden die Kinder auf weniger als einem halben Meter voneinander sitzen. Ein weiteres wichtiges Element sei die Impfung des Personals und der Schüler.
Angst vor Durchseuchung an den Schulen
Am Dienstag haben sich mehrere Eltern und Lehrer zusammengetan und einen offenen Brief (siehe Infobox) unter anderem an Gesundheitsministerin Paulette Lenert, Bildungsminister Claude Meisch sowie an die Abgeordneten, den Ombudsmann für Kinder und Jugendliche und an die Menschenrechtskommission geschrieben. Darin erläutern sie ihre Sorgen angesichts der sehr hohen Infektionszahlen an den Schulen. Der Brief stammt aus der Feder der Administratoren der englischsprachigen Facebook-Gruppe „Covid in Schools (Luxembourg)“. Der Brief wurde zudem auf der Seite der Facebook-Gruppe gepostet, mit der Aufforderung, ihn zu unterschreiben.
Wie können wir in dieser unübersichtlichen Situation von den Kindern und Jugendlichen verlangen, noch normal zu funktionieren?„Matenee géint de Covid-19 #firiech #mateis“
Auch die Facebook-Gruppe „Matenee géint de Covid-19 #firiech #mateis“, die sich unter anderem aus Mitgliedern und Spezialisten aus dem Gesundheitsbereich, Eltern sowie Lehrern zusammensetzt, zeigt sich sehr besorgt über die aktuelle Lage an den Schulen. Die Kinder und Jugendliche seien erneut vergessen worden, heißt es. Sie seien schließlich jene, die am meisten von der „Durchseuchung“ betroffen seien. Und die Eltern stünden mit ihren Fragen alleine da. Die Gruppe wünscht sich, dass mehr mit der Bevölkerung gesprochen oder kommuniziert wird, insbesondere mit Kindern und Jugendlichen. „Wie können wir in dieser unübersichtlichen Situation von den Kindern und Jugendlichen verlangen, noch normal zu funktionieren?“, lautet eine der Fragen in ihrem auf Facebook geposteten Brief.
Einer der Punkte im offenen Brief der „Covid in Schools“-Gruppe betrifft den Einsatz von Luftfiltern in Klassenzimmern. Am vergangenen Freitag startete der Lehrer Laurent Kneip eine Petition, in welcher er den Einsatz solcher Geräte an sämtlichen Schulen fordert. Kneip betrachtet den Einsatz der Luftfilter als eine zusätzliche Sicherheit. Auf das Lüften sollte dennoch nicht verzichtet werden. Stoßlüften sei allerdings in vielen Klassen gar nicht möglich, weil die Fenster nur auf Kipp gestellt werden könnten. Und im Winter werde oftmals zu wenig gelüftet. Kneip schätzt die Ausgaben für einen Luftfilter auf circa 2.000 bis 3.000 und die Gesamtkosten für einen flächendeckenden Einsatz auf etwa zehn Millionen Euro.
Luxemburg-Stadt wird 190 Luftfilter bestellen
Die Gemeinde Bartringen hat auf eigene Initiative ihre Klassenzimmer mit Luftfiltern ausgestattet und die Gemeinde Luxemburg den Kauf von Filtern in Erwägung gezogen. Laut Elternvertreter Jean-Marc Cloos wird Luxemburg-Stadt insgesamt 190 solcher Geräte bestellen. 100 für Zyklus-1-Klassen, 30 für die „Foyers scolaires“ und weitere 60 für die Zyklen 2 bis 4. Letztere sollen gezielt in Klassen eingesetzt werden, wo es den Kindern nicht möglich ist, die nötige Distanz untereinander einzuhalten. Die Pressesprecherin des Bildungsministeriums schreibt auf Tageblatt-Nachfrage, keine Kenntnis über weitere Kommunen zu haben, die Luftfilter eingeführt haben oder dies noch vorhaben.
Ich bin nicht davon ausgegangen, dass die Bevölkerung durchseucht werden sollte, im Moment gehe ich allerdings davon aus, dass dies das Ziel der Regierung istLehrer und Petent
Die Motivation für eine Petition lag bei Laurent Kneip darin, dass er vor den Weihnachtsferien eine große Omikron-Welle auf die Schulen zurasen sah. „Ich bin nicht davon ausgegangen, dass die Bevölkerung durchseucht werden sollte, im Moment gehe ich allerdings davon aus, dass dies das Ziel der Regierung ist“, sagt er. „Wenn wir die Schulen auflassen wollen, brauchen wir dort so viel Sicherheit wie möglich.“ Wenn Omikron ansteckender sei, dann müsse man Luftfilter einsetzen. Nach Omikron kämen vielleicht andere Varianten, gegen die man dann besser gewappnet sei, sagt er.
Luftfilter: Studienlage unklar
Die Forderung nach einem flächendeckenden Einsatz von Luftfiltern in den Klassenzimmern gewinnt nun an Gewicht. Eine neue Petition, die vom Lehrer Laurent Kneip ins Leben gerufen wurde, fordert den Einsatz solcher Geräte. Am 14. Dezember betonte „Santé“-Direktor Jean-Claude in einer Parlamentskommission, dass Luftfilter eine falsche Sicherheit vermitteln würden und dass die Wirksamkeit dieser Geräte nicht von internationalen Studien untermauert sei. In der Tat sind sich Wissenschaftler und Experten uneinig über den Nutzen von Luftfiltern. In Deutschland haben zum Beispiel Bund und Länder hunderte Millionen Euro an Fördergeldern bereitgestellt, um die Klassen mit solchen Geräten auszustatten. Dennoch wurde bislang nur ein Bruchteil an Klassenzimmern mit Luftfiltern ausgestattet. Einerseits fördert ein Programm auf Bundesebene Auf- und Umrüstung von fest verbauten Anlagen. Daneben finanzieren manche Länder auch mobile Luftfilter. Eine von den Befürwortern der Luftfilter häufig zitierte Studie des Aerosolforschers Christian Kähler besagt, dass Geräte wie Luftfilter besser zur Belüftung geeignet seien als das bloße Öffnen von Fenstern und Türen. Kritiker weisen in einem Artikel auf Br.de allerdings darauf hin, dass der Forscher in seinem Labor, wo er die Messungen vornahm, gar keine Außenfenster gehabt habe und lediglich die Tür zwischen zwei Laborräumen, in denen die gleiche Temperatur herrschte, benutzt habe. Eine Recherche der Süddeutschen Zeitung ergab, dass Kähler teilweise von Luftfilter-Herstellern finanziert würde, was eventuell zu Interessenskonflikten führen könnte.
Babys und Kinder: Kein schwerer Verlauf durch Omikron
Zurzeit gibt es laut Gesundheitsministerin Paulette Lenert keine wissenschaftlichen Daten, die beweisen, dass die Omikron-Variante einen schwereren Krankheitsverlauf bei Babys und Kindern verursachen würde als die Delta-Variante. In diesem Sinne seien keine strengeren Maßnahmen in den „Crèches“, dem „Précoce“ und im „Cycle 1“ vorgesehen, antwortete Lenert auf die Frage der CSV-Abgeordneten Martine Hansen und Max Hengel, ob die sanitären Maßnahmen, um die Kinder adäquat zu schützen, noch den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen würden. Unveröffentlichte Daten der ECDC würden laut Lenert zeigen, dass die Krankenhauseinweisungen bei Babys und kleinen Kindern gleich hoch seien bei den Varianten Delta und Omikron. Zudem habe eine rezente europäische Studie, an der auch Luxemburg teilnahm, gezeigt, dass schwere Verläufe bei Kindern sehr selten seien. Demnach wurden 1,2 Prozent der Kinder mit Symptomen im Krankenhaus behandelt und 0,08 Prozent mussten in die Intensivstation. Allerdings verzeichne die Kinderklinik in Luxemburg seit Anfang Januar einen leichten Anstieg der Krankenhauseinweisungen bei Babys im Zusammenhang mit Covid-19, schreibt die Ministerin. Allerdings seien diese ohne schwere Komplikationen verlaufen. „Im Moment kann dieser Anstieg aber nicht durch einen schwereren Verlauf durch die Omikron-Variante belegt werden.“ Lenert betont, dass seit dem Anfang der Pandemie das Recht auf Bildung und der Schutz der Schulgemeinschaft stets im Mittelpunkt standen. Dementsprechend sei der Stufenplan immer dann angepasst worden, wenn die sanitäre Situation es erforderte. Neu sei nun, dass in den „Crèches“ eine Quarantäne erst nach dem dritten Fall in der Gruppe ausgesprochen werde. Hier können sich die Kinder anhand eines zertifizierten Schnelltests oder PCR-Tests freitesten lassen.
„Covid in Schools“-Brief: Fragen und Kritik an Regierung
Mehrere Eltern und Lehrer haben sich in der Facebook-Gruppe „Covid in Schools“ zusammengetan und am Dienstag einen offenen Brief an Gesundheitsministerin Paulette Lenert, Bildungsminister Claude Meisch sowie an die Abgeordneten, den Ombudsmann für Kinder und Jugendliche und an die Menschenrechtskommission geschrieben. Der Brief enthält vor allem Fragen, die an die Regierung gerichtet sind. Unter anderem wollen die Schreiber wissen, welche Maßnahmen bislang für einen flächendeckenden Einsatz von Luftfiltern unternommen wurden. Zudem wird die Frage nach der Zuverlässigkeit der in den Schulen eingesetzten Schnelltests aufgeworfen. Kritik wird zudem an der Transparenz von Informationen geäußert. Die Meldungen über Infektionszahlen an Schulen seien unklar. Mehr Transparenz würde den Eltern helfen, die lokale epidemiologische Situation besser einzuschätzen und demzufolge ihre täglichen Aktivitäten anzupassen. Kritik äußern die Schreiber des Briefes auch an der Maskenpflicht. Diese sei vor dem Ausbruch der Omikron-Welle unter anderem von Kinderärzten gefordert worden und sei erst eingeführt worden, als die Welle bereits in vollem Gange war. Sie stellen die Frage: „Auf welcher wissenschaftlichen Basis wurde entschieden, die generelle Maskenpflicht nicht schon früher wieder einzuführen?“ Wie das Ministerium die Rechte von vulnerablen Kindern und Erwachsenen schützen wolle und von welchen Wissenschaftlern sich die Regierung beraten lasse, lauten weitere Fragen. In Bezug auf Long Covid, das auch bei asymptomatischen Kindern und Jugendlichen eintreten kann, fragen die Schreiber, ob die Regierung ein Identifikationssystem an Schulen eingerichtet hat, um solche Fälle frühzeitig zu erkennen. Dies sei wichtig, um das Wohlbefinden der Kinder zu schützen und die schulischen Leistungen nicht zu gefährden.
- Was Jugendliche im Internet treiben: Bericht zeigt Nutzungsverhalten auf digitalen Geräten - 8. Februar 2023.
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Keine Angst.Die Durchseuchung wird kommen. Ende April sind wir alle durch. Die Mutationen mutieren sich tot.Wir werden eine „neue“ Grippe haben. Wie wir heute sagen würden „Influenza 2.0“ . Es werden weiter Menschen sterben-weil sie nicht geimpft sind.
Oder weil sie zu alt sind oder…!
Déjà vu. Wir sollten froh sein, dass wir die Wissenschaft soweit voran getrieben haben,dass wir..ach ja.Da sind ja die Besserwisser,die Ochs&Co,die Schwurblerdummschwätzer,die Esoteriker und Astrologen. Wieviele Tote werden wir diesen Hirnrissigen zu verdanken haben? Derweil hetzen wir die Politiker,UNSERE Volksvertreter,an den Wahnsinn.Wie blöde kann eine Nation eigentlich sein? Ich fordere alle „normalen“ Bürger auf im Sinne eines Thomas Jefferson: “ Wenn eine Ungerechtigkeit herrscht,sollte jeder Bürger aufstehen und lautstark protestieren,gegen Dummheit und Wahnsinn.“
Ich bin dabei.