Science Center / „Anfassmuseum“ in der sanitären Krise: Wo Vorsicht auf Wissenschaft trifft
Ende Juni hat das Science Center in Differdingen wiedereröffnet. Seitdem ist in dem Technikmuseum alles ein wenig anders als vorher.
Damit sie auch in Zeiten von Corona Besucher empfangen können, müssen sich Luxemburgs Kultureinrichtungen einiges einfallen lassen. Physische Distanzierung, Hygiene und Mund-Nasen-Schutz sind derzeit das A und O, um sicher durch die sanitäre Krise zu kommen. Das Science Center in Differdingen ist zu seiner Wiedereröffnung einen Schritt weiter gegangen. Das technische Know-how der Mitarbeiter erlaubt es dem Wissenschaftsmuseum, die Maßnahmen einen Schritt weiterzutreiben und sie sogar in die Ausstellung einzubauen.
Bestes Beispiel dafür ist ein Versuchsaufbau zu Desinfektionsmitteln. Den Besuchern wird ein Desinfektionsmittel angeboten, das eine fluoreszente Substanz enthält, die unter einem Scanner sichtbar gemacht werden kann. So können sie, nachdem sie sich die Hände desinfiziert haben, überprüfen, wie gut sie das Mittel auf ihrer Haut verteilt haben. Das Resultat überrascht viele Besucher, sodass sie gleich noch einmal zum Desinfektionsmittel greifen, sagt Nicolas Didier, Leiter des Science Center, gegenüber dem Tageblatt.
Änderungen in der Ausstellung
Eine zusätzliche Überlegung ging ursprünglich dahin, die Körpertemperatur der Besucher am Eingang zu messen und sie gleichzeitig darüber aufzuklären, dass dies keine vollkommen zuverlässige Methode ist, da eine Covid-19-Erkrankung auch asymptomatisch verlaufen kann. Davon hat man aber Abstand genommen. Fieber ist zwar ein Symptom einer Covid-19-Erkrankung, aber kein eindeutiges. „Damit hätten wir ein falsches Zeichen gesetzt“, so Didier. Stattdessen hat das Science Center die Körpertemperatur nun zu einem Teil der Ausstellung gemacht. Bei einem Versuchsaufbau wird die Körpertemperatur mithilfe von Infrarotstrahlung gemessen. Gleichzeitig wird erklärt, warum sie kein verlässlicher Indikator für die Covid-19-Erkrankung ist.
Andere Versuchsaufbauten mussten aus Hygienegründen abgeändert werden. An der Station, die den Besuchern das Mixen von Musik nahebringen soll, wurden die Kopfhörer entfernt und durch zielgerichtete Lautsprecher ersetzt. Hier muss das „Anfassmuseum“ Abstriche machen. Überhaupt werde jetzt fünf- oder sechsmal am Tag alles gereinigt, so Didier weiter. Darüber hinaus werde das Personal alle zwei Wochen auf Covid getestet, um die Sicherheit der Besucher zu garantieren.
Auch bei banalen Themen wie den Toiletten setzt das Science Center auf Innovation. In den Räumen sind jeweils nur zwei Personen gleichzeitig erlaubt. Toiletten sind in der Regel kleine Räume, in denen es schwer ist, Abstand zu halten. Da von außen allerdings nicht ersichtlich ist, wie viele Personen bereits drinnen sind, und man ansonsten die Tür öffnen und nachfragen müsste, hat sich das Science Center ein Ampelsystem überlegt. Sensoren zählen nun, wie viele Menschen die Räume betreten und verlassen. Eine Ampel schaltet auf Grün, wenn weniger als zwei Menschen drinnen sind. Die Sensoren dafür erhielt das Science Center von einem seiner Sponsoren, dem Technologieunternehmen IEE.
Digitales Angebot
Mit der sanitären Krise hat das Science Center aber auch gelernt (und lernt noch immer), vermehrt von digitalen Medien Gebrauch zu machen. Während der Zeit, in der es geschlossen war, produzierte die Einrichtung zum Beispiel Filme, in denen es populäre Mythen über das Coronavirus aufzählt und widerlegt. Dabei konnte das Science Center auf das Fachwissen eines Mitarbeiters zurückgreifen. Daneben zeigte es auf seiner Internetseite einfache Experimente, die Erwachsene und Kinder zu Hause durchführen können. Dabei werden Utensilien benutzt, die sich in jedem Haushalt finden lassen.
Eine Zielgruppe des Science Center sind Schulklassen. Da die Schüler bis zum Ende des Jahres keine Klassenausflüge machen dürfen, plant das Science Center, interaktive Shows über das Internet in die Klassenzimmer zu bringen. Die Idee, die dahintersteckt, lautet: „Wenn die Schulklassen nicht ins Science Center kommen können, bringen wir das Science Center ins Klassenzimmer“. Erste Versuche mit der benachbarten „Ecole internationale“, mit der das Science Center gute Kontakte pflegt, waren laut Didier erfolgreich. Aber es scheint noch Luft nach oben zu geben. Zudem sei es schwierig, eine richtig interaktive Veranstaltung abzuhalten, wenn sich die Klasse die Vorführung auf einem großen Bildschirm ansieht. Ginge es nach ihm, würden die Schüler dafür die Tablets benutzen, die viele Schulen mittlerweile haben. Dabei gibt es jedoch noch einige technische Punkte zu klären, zum Beispiel was den Schutz der Privatsphäre der Schüler angeht.
Seit seiner Wiedereröffnung am 26. Juni beobachtet das Science Center eine Veränderung in Bezug auf das Verhalten der Besucher. Diese suchen das „Anfassmuseum“ nicht mehr vorwiegend am Wochenende auf, sondern auch unter der Woche. Das könnte eine Nebenerscheinung des Home-Office sein, so Didier. Trotz der Bemühungen: Zwischen dem 26. Juni und dem 19. August lagen die Besucherzahlen um 16 Prozent unter denen des Vorjahreszeitraums. Interessierte müssen im Moment per Internetseite ein Ticket reservieren, wenn sie das Science Center besuchen wollen.
Einfach den Song ‚U can’t touch this‘ den ganzen Tag laufen lassen.