Luxemburg-Stadt / Angebote, ein Glücksrad und wechselhaftes Wetter: So verlief die diesjährige Braderie
Ein gelungener Start mit Sonne und hohen Temperaturen am Morgen, dann schwüles Wetter und anschließend starke Regengüsse: Das Wetter bei der Braderie am „Fouerméindeg“ in Luxemburg-Stadt war durchwachsen. Und doch kam die Kundschaft – wenn auch nicht so vielzählig, wie man das von früheren Ausgaben gewohnt war.
„Ich muss nichts kaufen. Ich bin eher hier, um eine gute Zeit zu haben. Wenn ich aber etwas sehe, das mir gefällt, würde ich das nehmen“, erklärt Sylvie aus Bettemburg lachend. Die 61-Jährige steht auf der place d’Armes in Luxemburg-Stadt in der Schlange der Menschen, die hoffen, nach dem Drehen an einem Glücksrad Geschenke zu ergattern. Um Leute zu treffen, einen schönen Tag zu verbringen und anschließend gemeinsam mit ihrer Begleitung etwas essen zu gehen, ist die Pensionärin am Montag zum ersten Mal seit langem zur Braderie gekommen.
An 207 Ständen bieten Geschäfte laut der „Union commerçiale Ville de Luxembourg“ (UCVL) an diesem Tag in den Straßen der Oberstadt und im Bahnhofsviertel Hosen, Taschen und vieles mehr zu reduzierten Preisen an. Mindestens 20 Jahre ist es her, dass Sylvie zum letzten Mal bei dem Ausverkauf war. „Mit zwei kleinen Kindern samt Kinderwagen war mir das immer zu stressig – auch mit der Parkplatzsuche“, erzählt sie. Mit Bus und Tram ist sie am Morgen aus dem Süden in die Hauptstadt gekommen, was ihr zufolge „perfekt“ geklappt hat.
Mehr Menschen als sonst sind an diesem Wochentag am Morgen in der Oberstadt unterwegs. Rund zwei Stunden nach Beginn der Veranstaltung um 9 Uhr sagt auch Sagida El Annouri, dass in der Einkaufsstraße „was los ist.“ Aber: „Nicht enorm viel“, so die 35-Jährige. Zum 14. Mal ist sie für die Arbeit bei dem Straßenverkauf dabei – der bereits seit 95 Jahren stattfindet. „In den letzten Jahren sind immer weniger Menschen gekommen, seit Covid ist das so“, beschreibt die Beraterin eines Ladens für Damenmode in der Oberstadt die Situation, wie sie viele Geschäftsleute schon bei vergangenen Ausgaben darstellten.
Zufriedene Kundschaft
„Ich weiß nicht, warum das so ist. Manche meiden jetzt vielleicht eher große Menschenansammlungen, andere müssen sparen“, überlegt Sagida El Annouri. Die Geschäftsinhaberin des Ladens, in dem sie arbeitet, ist mit diesem zum 28. Mal bei der Braderie dabei. Auch Fabienne Freising stellt fest, dass früher deutlich mehr Kundschaft kam. „In den großen Einkaufszentren findet am gleichen Tag die Braderie statt. Das müsste man ändern, um der Stadt eine Chance zu geben“, kritisiert die Geschäftsfrau.
Nur wenige Meter von Fabienne Freising entfernt berichtet auch Marguy Kirsch bei einem Gespräch in der „Groussgaass“ davon, dass es offenbar weniger Zulauf gibt. Regelmäßig ist die 63-Jährige aus Hünsdorf – die übrigens Bürgermeisterin der Gemeinde Lorentzweiler ist – in den vergangenen Jahren für den Traditionstermin in die Hauptstadt gekommen und stellt bei der diesjährigen Ausgabe fest: „Ich finde es angenehm, dass weniger los ist. Aber für die Geschäftsleute ist das wahrscheinlich weniger gut.“
Für sie hat sich der Besuch auf jeden Fall gelohnt: Anzug und Hose, zwei Pullover und eine Weste hat Marguy Kirsch bereits gekauft. „Mit meinem Mann werde ich noch etwas hier in der Oberstadt essen. Ins Bahnhofsviertel gehe ich nicht mehr, weil es dazu von der Zeit her nicht reicht. Bei anderen Ausgaben war ich aber auch dort unterwegs“, erzählt sie noch. Tatsächlich machen nämlich nicht nur die 722 Geschäfte in der Oberstadt, sondern auch 586 Betriebe in den Straßen rund um den Bahnhof bei der Braderie mit. Durch Sperrungen für den Verkehr wird u.a. die Avenue de la Gare an diesem Tag zur Fußgängerzone.
Regen als Spielverderber
Dort verkauft Murad an einem Stand Kleidung zu günstigen Preisen. „Im Bahnhofsviertel ist es besser, in der Oberstadt sind nur die Reichen“, antwortet er lachend auf die Frage, welchen Standort er bevorzugt. Der stellvertretende Geschäftsführer eines Kleiderladens sagt, dass der Start der Braderie gut verlaufen ist, der Großteil der Kundschaft allerdings meist erst am Nachmittag kommt. „Wenn es nicht regnet“, bemerkt er mit Blick in den inzwischen wolkenverhangenen Himmel.
Dass das Wetter eine Rolle spielt, zeigt das Gespräch mit Hervé Graff. Aus dem französischen Metz ist er mit seiner Frau nach Luxemburg gekommen. „Wir tun das jedes Jahr, wenn das Wetter gut ist. Es ist mal was anderes“, sagt er und erzählt beim Gespräch zwischen den Ständen in der „Aler Avenue“, dass seine Frau bereits ein Parfum ergattert hat. In seine Einkaufstausche ist dagegen noch nichts gewandert. „Ich suche auch nicht nach etwas Bestimmten“, erklärt der 75-Jährige, während erste Tropfen vom Himmel fallen.
Das sagt der Geschäftsverband
Kurz vor Beginn des neuen Schuljahres findet traditionell am „Fouerméindeg“ die Braderie in Luxemburg-Stadt statt. An dem Tag und bereits am Wochenende zuvor bieten Geschäfte Artikel früherer Kollektion zu günstigen Preisen an. In diesem Jahr waren laut der Direktorin der „Union Commerçiale Ville de Luxembourg“ (UCVL), Anne Darin, 207 Stände mit insgesamt 1.300 Meter Länge dabei. Im vergangenen Jahr gab es 202 Stände. Nach drei Stunden Braderie fiel eine erste Einschätzung der Direktorin des Geschäftsverbandes am Montag gegen 12 Uhr positiv aus: „Wir sind bislang zufrieden“, sagte sie bei der offiziellen Einweihung der Veranstaltung auf dem Pariser Platz. Rund eine halbe Stunde bevor es in der Hauptstadt kurzzeitig wie aus Kübeln goss, wies sie darauf hin, dass schlechtes Wetter „kontraproduktiv“ sei. Ein definitives Fazit will man erst nach dem Termin und bei Vorliegen der nötigen Zahlen ziehen.
Schnell erzählt er noch, dass das Paar zuvor in der Oberstadt unterwegs war und die Tram praktisch ist, um sich zwischen beiden Standorten zu bewegen. Wie viele andere suchen er und seine Frau dann Schutz unter den zahlreichen Pavillons, die die Geschäftsleute in weiser Voraussicht aufgebaut hatten, um sich und ihre Ware vor Sonne oder Regen zu schützen. Die Bilanz des Ausverkaufs dürfte am Ende so ausfallen, wie auch das Wetter an dem Tag war: durchwachsen.
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