Editorial / Angst vor der Zukunft: Über die Herausforderungen am Arbeitsmarkt
Die Arbeitswelt verändert sich in einem derart rasanten Tempo, dass es bei manchen Existenzängste hervorruft. Selbstbedienungskassen im Supermarkt sind bereits lange Realität, der flächendeckende Einsatz von selbstfahrenden Bussen ist wohl nur noch eine Frage der Zeit. Der Wandel des Arbeitsmarktes und die damit einhergehenden Herausforderungen waren Thema einer internationalen Fachtagung auf Belval.
Für Experten wie Christina Gathmann vom Luxembourg Institute of Socio-Economic Research wird der technologische Fortschritt nicht zum massiven Wegfall von Arbeitsplätzen führen. Im Gegenteil, die Wissenschaftlerin geht davon aus, dass durch künstliche Intelligenz mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Einschätzung der Expertin ist beruhigend, dennoch darf man nicht vergessen, dass sie den Arbeitsmarkt im Großen und Ganzen bewertet. Sektoriell gibt es aber teilweise große Unterschiede und so ist es nicht verwunderlich, dass sich manche Menschen größere und wohl auch berechtigtere Sorgen um ihre berufliche Zukunft machen als andere.
Auch wenn Gathmann recht behält und neue Jobs geschaffen werden, werden sich die geforderten Kompetenzen verändern. Digital Skills sind sicherlich nicht alles, um auf dem Arbeitsmarkt bestehen zu können, sie werden aber in sehr vielen Berufen eine immer wichtigere Rolle einnehmen. Umschulungen, Aus- und Fortbildungen werden also immer wichtiger werden. Diese sind oftmals mit Kosten für die Unternehmen verbunden und damit die digitale Transition am Arbeitsmarkt gelingt, muss der Staat seine Verantwortung übernehmen und weitere Anreize schaffen, damit Betriebe in die Kompetenzen ihrer Mitarbeiter investieren.
Dass diese Strategie zum Erfolg führen kann, zeigt das Beispiel Schweden. Die Skandinavier sind europäische Vorreiter in Sachen Digitalisierung und neue Technologien. Die schwedische Regierung hat Betrieben bereits in den Neunzigern Steuern erlassen, wenn sie ihren Angestellten kostenlos einen Computer zur Verfügung stellten. So wurde die Technologieaffinität aktiv gefördert. Während in Luxemburg das Programmieren erst so langsam Einzug in den Schulunterricht hält, ist es in Schweden schon längst ein fester Bestandteil des Schulalltags.
Heute ist Schweden auch als das Silicon Valley Europas bekannt und hat nach dem Tal südlich von San Francisco die meisten „Unicorns“ pro Einwohner, also die meisten Start-ups, die über eine Milliarde Dollar wert sind. Es ist kein Zufall, dass sich Skype, Klarna oder Spotify in Stockholm niedergelassen haben und die neuen Technologien so auch zu neuen Arbeitsplätzen führten.
Das Beispiel aus Skandinavien zeigt, dass die Digitalisierung gelingen kann, wenn der Staat die Richtung vorgibt. Sich dem Wandel des Arbeitsmarktes zu versperren, können sich weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer erlauben. Zur Realität gehört aber auch, dass bei jeder Transition einige auf der Strecke bleiben, ob Angestellte oder Unternehmen. Auch in diesen Fällen muss der Staat dann seiner Verantwortung gerecht werden.
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Der menschliche Aspekt tritt immer mehr in den Hintergrund. Weiter so und wir sind auf dem besten Weg in eine voll digitalisierte Roboterwelt in der die Menschen sich gegenseitig kaum noch wahrnehmen.