Luxemburg / Anpassung des Abtreibungsgesetzes: Regierung erwägt längere Frist und kürze Bedenkzeit
Das Recht, über den eigenen Körper bestimmen zu können, hat vor allem für Frauen einen besonderen Stellenwert. Abtreibungen sind auch heute noch besonders heikel und gelten vielerorts als Tabuthema. Die Regierung spielt mit dem Gedanken, Luxemburgs Abtreibungsgesetz anzupassen und so Frauen in einer Notlage entgegenzukommen.
Luxemburg spielt mit dem Gedanken, sein Abtreibungsgesetz anzupassen. Der ADR-Abgeordnete Jeff Engelen erkundigte sich in einer parlamentarischen Anfrage bei Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP), wie diese Änderungen aussehen könnten. Das Abtreiben ist im Großherzogtum derzeit bis zur 12. Woche nach der Zeugung möglich. Andere europäische Länder hätten ihre Frist erst kürzlich nach hinten verschoben oder würden dies planen – etwa in Belgien –, sagte die Gesundheitsministerin. So können Frauen in Frankreich bis 14 Wochen nach der Zeugung abtreiben. In den Niederlanden ist es sogar bis zur 22. Woche möglich. Die meisten unerwünschten Schwangerschaften würden jedoch in der Regel recht früh, um die fünfte bis sechste Woche, abgebrochen werden, meinte Lenert.
Allerdings gebe es auch eine kleine Anzahl an Frauen, die sich erst nach Ablauf der Frist dazu entscheiden und ihren Arzt dafür aufsuchen. Diese Frauen seien dann gezwungen, ihre Schwangerschaft fortzuführen, es sei denn, sie haben die finanziellen Mittel, um im Ausland abtreiben zu lassen. Aus diesem Grund sei auch in Luxemburg die Forderung lauter geworden, die Frist auf die 14. Woche nach der Zeugung anzuheben.
„Das Gesundheitsministerium steht dieser Forderung im Prinzip positiv gegenüber“, sagte Lenert. Die Position des Ministeriums basiere unter anderem auf einem rezenten, von der belgischen Regierung in Auftrag gegebenen Bericht einer akademischen Arbeitsgruppe. Die Studie sollte die „Situation der Abtreibung in Belgien kritisch analysieren“. Vertreter aus sieben Universitäten, die auch die großen politischen, philosophischen und religiösen Orientierungen repräsentieren sollten, sowie 28 weitere Experten aus verschiedenen Bereichen hatten der belgischen Regierung 25 Empfehlungen unterbreitet.
Letztlich sei die belgische Arbeitsgruppe zu dem Schluss gekommen, dass man die Frist für Abtreibungen auf bis zu 18 Wochen nach der Zeugung festlegen könnte, so die Gesundheitsministerin. Bei diesem Urteil sei das Recht der Frau, Zugang zu einer sicheren und effizienten Abtreibung zu gewinnen, ohne dabei finanziell eingeschränkt zu sein, aber auch das Entwicklungsstadium des Fötus in Anbetracht medizinischer und moralischer Kriterien berücksichtigt worden.
Verkürzung der Bedenkzeit
Die Regierung spreche sich zudem dafür aus, Abtreibungen künftig nur noch anonym deklarieren zu müssen – zuzüglich einiger sozial-demografischer und medizinischer Informationen. Dies sei bereits in Deutschland und in Belgien der Fall. Diese Prozedur würde Studien zu den Hintergründen der Abtreibungen ermöglichen, wodurch wiederum eine „gezieltere Prävention“ geplant werden könne, meinte die Gesundheitsministerin. Das sei allerdings nicht über präzisere Angaben in der Nomenklatur möglich, da diese nicht ausreichend Informationen für statistische Analysen lieferten. Die Nomenklatur sei in erster Linie zur Abrechnung medizinischer Akte von Nutzen. Details eines neuen Deklarationssystems müssten in gegebenem Fall mit den Gynäkologen ausgearbeitet werden.
Der ADR-Abgeordnete Jeff Engelen wollte zudem wissen, wie die Regierung sich hinsichtlich der Abschaffung der Bedenkzeit positioniere. Dabei handelt es sich um eine gesetzlich vorgeschriebene Zeitspanne von drei Tagen, zwischen der ersten ärztlichen Beratung und der Abtreibung (IVG). Die Abtreibung ist der einzige medizinische Eingriff, bei dem in Luxemburg eine obligatorische Bedenkzeit anfällt.
Auch in diesem Fall verwies Lenert auf die belgische Studie. Die Arbeitsgruppe hielt fest, dass die Frist „als erniedrigend empfunden wird und suggeriert, dass Frauen, denen eine obligatorische Bedenkzeit auferlegt werden soll, unreif sind, da man annimmt, dass sie nicht in der Lage sind, diese selbst zu planen“. Darum plädiere die Luxemburger Regierung dafür, diese Zeitspanne auf ein Minimum zu reduzieren, sodass der Eingriff praktisch gleich am Tag nach der ärztlichen Beratung durchgeführt werden kann.
Ende Mai 2023 habe sich erstmals eine Luxemburger Arbeitsgruppe zusammengefunden, um eine Bestandsaufnahme des aktuellen gesetzlichen Rahmens zu machen, sagte Lenert. Die Gruppe würde zudem die Verlängerung des Abtreibungs-Zeitraums sowie die Verkürzung der Bedenkzeit evaluieren und analysieren, welche Mittel notwendig wären, um auf aussagekräftige Statistiken zur Abtreibung zurückgreifen zu können.
- Mersch am Limit: „Maisons relais“ haben keinen Platz für die Kleinsten - 15. Oktober 2024.
- Würfeln, zocken, siegen: Das Bistrospiel des Jahres 2024 steht fest - 19. September 2024.
- Lösung kurz vor Schluss in Sicht: Können Schüler des „DAP Inclusion“ bald aufatmen? - 17. September 2024.
Wie stet es wenn man ungewollt schwanger wird durch eine Vergewaltigung?