Umwelt / Anzeige gegen Umweltschützer: Ein erfundenes Ministerium beschäftigt die Justiz
Die Luxemburger Regierung hat drei Umweltorganisationen wegen des mutmaßlich betrügerischen Gebrauchs eines Regierungs-Logos angezeigt. Das geht aus den Antworten auf zwei parlamentarische Anfragen hervor.
Worum geht es? Die Europäische Union hat sich auf eine neue gemeinsame Agrarpolitik geeinigt. Das Großherzogtum hat daraufhin einen Plan ausgearbeitet, wie diese in Luxemburg umzusetzen ist. „Mouvement écologique“, Greenpeace und die Stiftung „natur&ëmwelt“ kritisieren diesen Plan. Um ihre Missbilligung bekannt zu machen, haben die Organisationen eine Anzeige veröffentlicht, mit dem Kopf eines fiktiven „Ministeriums für nachhaltige Landwirtschaft“, die in der Tagespresse abgedruckt wurde. Ein solches Ministerium gibt es in Luxemburg nicht. Richtig heißt es „Ministerium für Landwirtschaft, Weinbau und ländliche Entwicklung“. Der Briefkopf in der Anzeige ähnelt dem eines echten Ministeriums, allerdings in Schrift und Farbe. Auch der zweischwänzige rote Löwe ist vorhanden. Allerdings stehen die Logos der drei Organisationen im Fuß der Anzeige.
Die Regierung sieht hierin einen Verstoß gegen Artikel 232bis des „Code pénal“. Das Gesetz sieht für den nicht genehmigten Gebrauch von staatlichen Wappen und Symbolen eine Freiheitsstrafe von acht Tagen bis drei Monaten und/oder eine Geldstrafe von 251 Euro bis 5.000 Euro vor. Die Regierung habe deshalb am 9. Dezember Anzeige erstatten müssen, erklärt Premier Xavier Bettel (DP) in seiner Antwort an seinen Parteikollegen Gusty Graas.
In ihrer parlamentarischen Anfrage in der gleichen Sache hatte die Abgeordnete Martine Hansen (CSV) gefragt, welche Regeln Medienhäuser bei der Annahme solcher Anzeigen einhalten müssen. Die Annahme von Anzeigen liege alleine im Ermessen der Verleger, so Bettel in seiner Antwort an Hansen mit Verweis auf die Pressefreiheit.
Bettel erteilt Hansens Idee, behördliche Anzeigen in Zukunft mit einem QR-Code zu sichern, den Leser einscannen können, um ihre Echtheit zu prüfen, eine Abfuhr. Das angesprochene GouvCheck-System sei gedacht, um offizielle Dokumente zu sichern. Bei Anzeigen handele es sich aber lediglich um Ankündigungen und Mitteilungen, nicht um Dokumente mit einem bindenden Charakter für die Bürger.
Im Gespräch mit dem Tageblatt hatte sich die Aktivistin Blanche Weber von der Organisation „Mouvement écologique“ enttäuscht darüber gezeigt, dass die Regierung nicht auf den Inhalt, sondern nur auf die Form der Anzeige eingegangen sei.
In einer ersten Reaktion auf die Anzeige unterstreichen die Organisationen am Dienstag noch einmal, dass sie seit nunmehr Jahrzehnten eine offene Debatte über die Orientierung der Luxemburger Landwirtschaftspolitik fordern. Es ginge nicht nur um 750 Millionen Euro, die investiert würden, sondern auch „sowohl um das Überleben einer mittelständischen, regional orientierten Landwirtschaft als auch um den Erhalt der Biodiversität und eines stabilen Klimas, der Gewässergüte, der Bodenfruchtbarkeit und vieles mehr“. Die Organisationen hätten nach „kreativeren Mittel“ gesucht, „um ihre Belange nach außen zu tragen“.
Die Organisationen schreiben: „Es wäre zu hoffen, dass die politischen Akteure mit der gleichen Konsequenz, wie sie nun juristisch gegen die Organisationen vorgehen möchten, sich den angeführten inhaltlichen Argumenten widmen würden.“
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