Politische Einstellung / Arabische Welt ist laut Studie der Demokratie gegenüber aufgeschlossen
Die Menschen in der arabischen Welt stehen der Demokratie mehrheitlich aufgeschlossen gegenüber. Allerdings hakt es bei der Umsetzung, wie eine jüngst veröffentlichte Studie des „Arab Center for Research and Policy Studies“ zeigt.
Nach Angaben der Autoren ist die auf Umfragen basierende Studie „The 2022 Arab Opinion Index“ die größte ihrer Art in der arabischen Welt. Sie befasst sich neben politischen Themen mit wirtschaftlichen und religiösen Aspekten des Lebens in vier verschiedenen Regionen zwischen Marokko und dem persischen Golf. Und in diesen ist jeweils eine Mehrheit der Meinung, dass eine Demokratie, trotz ihrer Mängel, das bessere Regierungssystem ist. Insgesamt stimmen 72 Prozent dem zu. Zwar ging dieser Wert gegenüber der letzten Umfrage 2019/20 von damals 76 Prozent leicht zurück, doch wurde seit der ersten Umfrage 2011 eine stetige Zustimmung zu dieser Frage festgestellt. Am geringsten sind die Menschen in den Golfstaaten mit 63 Prozent vom demokratischen System überzeugt, die größte Zustimmung dazu gibt es im Levante/Maschrek mit 78 Prozent. Und wenn auch 71 Prozent der Befragten angeben, dass ein demokratisches System das geeignetste Regierungssystem für ihr Land sei, behauptet dennoch eine knappe relative Mehrheit von 47 Prozent, dass ihre Gesellschaft nicht für eine Demokratie vorbereitet sei. 45 Prozent hingegen widersprechen dieser Behauptung. Die Religion spielt bei dieser Frage offensichtlich keine entscheidende Rolle, denn nur 24 Prozent der Befragten geben an, dass die Demokratie nicht mit dem Islam vereinbar sei. 66 Prozent jedoch widersprechen dieser Aussage und zehn Prozent haben dazu keine Meinung.
Was aber, wenn es zu freien und fairen Wahlen kommt, würden die Befragten akzeptieren, dass eine Partei an die Macht kommt, mit der sie nicht einverstanden sind? Im Maghreb und im Nil-Tal würden 60 Prozent, in der Golf-Region 59 Prozent eine gegnerische Partei in der Regierung hinnehmen. Im Levante/Maschrek hingegen nur 38 Prozent, 54 Prozent der Befragten geben an, dagegen zu opponieren. Allerdings hat die Wahlbegeisterung seit der ersten Studie kontinuierlich abgenommen. Gaben 2011 noch 59 Prozent der Befragten an, bei der kommenden Parlamentswahl ihre Stimme abzugeben, waren es 2019/2020 nur noch 48 Prozent und 2022 51 Prozent. Das liegt wohl daran, dass das Misstrauen in die politischen Parteien groß ist. Im Levante/Maschrek ist es mit 74 Prozent am größten (18 Prozent Vertrauen), im Maghreb misstrauen 66 Prozent den Parteien (29 Prozent Vertrauen), im Niltal haben 60 Prozent kein Vertrauen in politische Parteien (34 Prozent Vertrauen). Zu den Golf-Staaten gibt es dazu keine Angaben.
Armee ist beliebteste staatliche Institution
Auf andere Regierungssysteme angesprochen, gibt immer nur eine Minderheit an, dass sie auch einem nicht-demokratischen System den Vorzug geben könnten. Wobei eine Militärregierung mit 38 Prozent noch den größten Zuspruch erhält (53 Prozent dagegen). 35 Prozent der Befragten könnten sich vorstellen, unter einer Regierung zu leben, die sich auf die islamische Scharia beruft (57 Prozent Ablehnung) und 31 Prozent unter einem nur auf islamischen/islamistischen Parteien basierten Wahlsystem (61 Prozent Ablehnung). Immerhin noch 22 Prozent könnten sich mit einem undemokratischen, autoritären System anfreunden.
Dass so viele Befragte sich auch ein Leben unter einer Militärregierung vorstellen können, darauf liefert die Studie ebenfalls ein Erklärung. Denn erhoben wurde dazu, welches Maß an Vertrauen die Menschen in die Institutionen ihrer jeweiligen Länder haben. Dabei liegt die Armee mit 84 Prozent (59 Prozent hohes Vertrauen, 25 Prozent Vertrauen zu einem gewissen Grad) eindeutig an der Spitze. Gefolgt von den Sicherheitskräften (Polizei, usw.) mit 73 Prozent, den Scharia-Gerichten (69 Prozent) und dem Gerichtswesen (68 Prozent). Es folgen auf der Vertrauensskala die Regierung mit 55 Prozent und das Parlament, dem von den Befragten nur zu 47 Prozent Vertrauen und zu 48 Prozent kein Vertrauen entgegengebracht wird.
Wenig Vertrauen haben die Menschen in den arabischen Ländern darin, dass der Rechtsstaat gleichermaßen für jeden gilt. Wenn auch seit der ersten Studie im Jahr 2011 das Vertrauen in den Rechtsstaat kontinuierlich gestiegen ist. Dennoch sind es 2022 immer noch nur 34 Prozent der Befragten (2011: 19 Prozent), die meinen, dass die Regeln des Rechtsstaates gleichermaßen für jeden gelten. 39 Prozent sind der Ansicht, einige Bevölkerungsgruppen würden gegenüber anderen besser behandelt werden, 24 Prozent meinen, dass der Rechtsstaat überhaupt nicht zur Anwendung gelangt.
The 2022 Arab Opinion Index
– Für die Studie wurden 33.300 Menschen in 14 Ländern persönlich befragt, so viele wie nie zuvor.
– Die Länder waren: Algerien, Libyen, Marokko, Mauretanien, Tunesien (Maghreb); Ägypten, Sudan (Nil-Tal); Irak, Jordanien, Libanon, Palästina (Levante/Maschrek); Katar, Kuwait, Saudi-Arabien (Golf-Region).
– Es handelt sich um die 8. Auflage der Umfrage, die erste wurde 2011 durchgeführt.
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