Immigration / Asselborn: „Die große Katastrophe in Afghanistan steht noch bevor“
Jean Asselborn (LSAP) hat am Montagmorgen seinen Bericht über Asyl und Immigration im Jahr 2021 als Erstes den Abgeordneten des Parlaments und dann den Vertretern der Presse vorgestellt. Ein besonderes Augenmerk schenkte der Außenminister dabei Afghanistan und den dramatischen Entwicklungen im letzten Jahr dort.
Am 15. August 2021 hatten die Taliban die Macht in dem Land an sich gebracht. „Es ist kaum verständlich, dass es nach allem, was es zu Beginn dieses Jahrhunderts bereits an Terror, an Hass, an Intoleranz und Fanatismus gab, immer noch ein Regime wie die Taliban gibt, das seine eigenen Leute erstickt“, sagte Asselborn. „Ich glaube, die große Katastrophe steht noch bevor. Der Moment ist nicht weit, da Millionen Menschen nicht nur unfrei sind, sondern auch nichts mehr zu essen und zu trinken haben“, so Asselborn weiter über die Lage in dem krisengeschüttelten Land.
Als Antwort darauf hatte Luxemburg zuerst dabei geholfen, Personen aus dem Land zu evakuieren. Einige Personen wurden nach Luxemburg gebracht und 45 (darunter Richter und Menschen, die für EU oder NATO tätig waren) haben sofort internationalen Schutz erhalten. Anträge von Menschen aus Afghanistan, die bereits vor der Machtübernahme der Taliban abgelehnt wurden, wurden unter den neuen Gesichtspunkten erneut geprüft. Dafür hatte die Regierung diese Menschen per Brief kontaktiert und um neue Informationen gebeten. 36 von 83 der negativen Entscheidungen wurden so revidiert. Das Ministerium helfe abgelehnten Menschen aus Afghanistan aktiv dabei, sich zu „regularisieren“, zum Beispiel über einen bezahlten Job oder über den Status als Familienmitglied, erklärte Asselborn. Seit 2015 sei nur eine einzige Person von Luxemburg nach Afghanistan zurückgeschickt worden, erinnerte er. Bei der einen Person habe es ein Problem mit der öffentlichen Ordnung gegeben. „Mit der Entscheidung, keine Afghanen nach Afghanistan zurückzuschicken, sind wir eine große Ausnahme in Europa“, so Asselborn weiter.
Insgesamt hat Luxemburg im letzten Jahr 1.473 Entscheidungen über Geflüchtete gefällt. 754 Menschen wurde der Status als Geflüchtete gemäß der Genfer Konvention zuerkannt. Diese kommt zum Tragen, wenn Menschen aufgrund von Politik, ihrer Religion, ihrer Ethnie, ihrer Nationalität oder ihrer sozialen Gruppe verfolgt werden. 144 Menschen erhielten subsidiären Schutz. Dieser Schutz kann gewährt werden, wenn jemandem in seinem Heimatland Schaden droht, etwa durch Folter, Konflikte oder die Todesstrafe. Abgelehnt wurden auch Anträge von Personen, die bereits in einem anderen Land der EU einen Antrag gestellt haben. Sie wurden an dieses Land zurückverwiesen. Oft kamen diese Menschen aus den Nachbarländern oder aus Italien nach Luxemburg, erklärte Asselborn.
Geflüchtete nur kleiner Teil der Immigration
Geflüchtete machen allerdings nur einen kleinen Teil der Immigration in Luxemburg aus (13,7%). 2021 zählte das Ministerium 17.136 Anmeldebescheinigungen von Bürgern aus EU-Staaten und Staaten der europäischen Wirtschaftsunion (inklusive Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz). Ein fettes Plus gegenüber den 14.396 im Jahr davor. Die meisten Menschen stammten aus Portugal, Frankreich und Italien. Im gleichen Zeitraum erhielten 6.447 Menschen aus Drittstaaten eine erste Aufenthaltsgenehmigung von länger als drei Monaten. Hier machten Menschen aus Indien den Hauptteil aus (1031), gefolgt von ChinesInnen (461) und SyrerInnen (375).
Bei der Pressekonferenz äußerte sich Jean Asselborn auf Nachfrage hin auch zur Reise des Großherzogs zu den Olympischen Winterspielen nach China. Er hatte diese Reise in seiner Funktion als Mitglied des Olympischen Komitees wahrgenommen. In China hatte er sich auch mit dem chinesischen Präsidenten Xi getroffen. Die Reise war kritisiert worden, weil China Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden. Zahlreiche Politiker boykottieren die Spiele darum. Asselborn sagte, der Großherzog habe sich von ihm briefen lassen und bei Xi die Spannungen in der Ukraine angesprochen. China müsse auf den Chef des Kremls Druck machen, damit es nicht zu einer Intervention kommt, sagte Asselborn. Die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtete dagegen lediglich, der Großherzog habe seinen Willen bekundet, die Kooperation mit China zu vertiefen und Luxemburgs Bereitschaft erklärt, sich aktiv am chinesischen Prestigeprojekte „Belt and Road“ zu beteiligen.
Zur Situation in der Ukraine sagte Asselborn, es sei wichtig, alles daranzusetzen, dass kein Krieg entsteht. Erstens müsste mit allen Mitteln ein Krieg verhindert werden und zweitens müsse man Russland an einen Tisch bekommen, um zu verhandeln. Das Normandie-Format müsse reaktiviert werden, so Asselborn. Es wäre eine Katastrophe, wenn es mitten in Europa zu militärischen Interventionen käme.
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