Editorial / Auf dem Holzweg: Esch bekämpft mit seiner WG-Politik die Falschen
Es sind nur zwei kleine Abschnitte am Ende von 42 Seiten – und doch haben sie die zweitgrößte Stadt des Landes in den letzten Wochen mächtig aufgewirbelt. Im neuen „Plan d’aménagement général“ (PAG) hat Esch festgeschrieben, wer mit wem wo zusammenleben darf.
Der erste Aufreger ist ein Satz, der unter der Definition eines Einfamilienhauses steht. In dieser Form von Gebäude dürfe nur eine einzige „communauté domestique“ unterkommen. Darunter – und dieser Abschnitt ist bereits der zweite Diskussionspunkt – versteht die Stadt, dass nur Menschen, die derselben Familie angehören oder einen „lien affectif“ pflegen – in Bürgermeister Georges Mischos Worten also miteinander gehen –, auch zusammenwohnen dürfen.
Es geht die Gemeinde schlicht nichts an, welche Beziehungen ihre Bürger pflegen. Und selbst wenn Bürgermeister Georges Mischo nicht müde wird, zu wiederholen, dass Wohngemeinschaften in Esch nicht verboten, sondern nur reguliert werden sollen, handelt es sich hierbei eindeutig um das Verbot von Wohngemeinschaften in Einfamilienhäusern.
Der dritte Abschnitt, der zu Diskussionen und Demonstrationen geführt hat, besagt, dass Menschen, die zusammen in einer „colocation“ leben, einen gemeinsamen Mietvertrag haben müssen. Dazu müssen sie zusammen im Bürgeramt erscheinen, um sich anzumelden. Die Idee dahinter: Die Menschen, die zusammenleben, sollen wissen, mit wem sie unter einem Dach schlafen. Das ist laut Gemeinde nämlich alles andere als selbstverständlich. In „chambres meublées“ wohnen häufig Personen zusammen, die sich nicht kennen. Der Stadt zufolge ein großes Sicherheitsproblem, besonders was den Brandschutz betrifft.
So weit, so klar. Denn Objekte, in denen solche „chambres meublées“ bestehen, gibt es den Schätzungen der Stadt zufolge etwa 200 in Esch – echte Wohngemeinschaften dagegen nur eine Handvoll. Dass die Sicherheit in diesen Zimmern gewährleistet werden muss und die Vermieter daran gehindert werden sollen, sich ins Unermessliche zu bereichern, ist verständlich.
Die Art und Weise, wie die Stadt dagegen vorgehen will, ist allerdings grundfalsch. Durch das Gesetz vom Dezember 2019 hat die Gemeinde ein Werkzeug, um gegen nonkonforme „Kaffeezimmer“ vorzugehen. Düdelingen zum Beispiel hatte das gleiche Problem – hat dieses laut Bürgermeister Dan Biancalana jedoch mit regelmäßigen Kontrollen in den Griff bekommen. Auf ein Warteregister wird in der „Forge du Sud“ niemand gesetzt.
In Esch jedoch soll dieses Gesetz nicht ausreichen. Die Leidtragenden sind die Mieter. Wollen sie sich beim Bürgeramt anmelden, sind sie es, die auf dem Warteregister landen, wenn ihr Vermieter es versäumt hat, das Haus oder die Zimmer allen Brandschutz- und Sicherheitsmaßnahmen anzupassen. Damit verlieren sie in erster Linie all ihre sozialen Rechte. Sie können kein Revis beantragen und auch das Recht auf die „allocation de vie chère“ geht ihnen verloren. Dabei handelt es sich um Personen, die nach alternativen Wohnformen suchen: Sie sind in den meisten Fällen nicht finanziell abgesichert. Sie rutschen, mitten in einer Krise, noch tiefer in die Prekarität ab, während die Vermieter weiterhin eine feste Adresse und ein warmes Bett haben.
Das Innenministerium hat es bestätigt: Der PAG ist nicht dazu da, festzulegen, wer mit wem wo lebt. Mit sozialer Politik hat das aktuelle Vorgehen nichts zu tun. CSV, DP und „déi gréng“ sollten sich dringend einen Weg überlegen, Mieter zu schützen und Vermieter zur Verantwortung zu ziehen. Die Zeit dazu haben sie ja jetzt.
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Es bringt den Vermietern mehr ein, sechs Schuhkarton-Studios an sechs Studenten zu vermieten, als ein EInfamilienhaus an eine Gruppe von 6 Studenten. Herr M. bedient seine Wähler.
Ich frage mich wirklich was in den Köpfen der Gemeindeverwaltung vorgeht auf der einen Seite wollen sie ihr PAG durchsetzen und Menschen bevormunden, wer mit wem und wann und wo und auf der anderen Seite werden Menschen ( rue de la Fontaine 9 ) auf die Straße gesetzt um Obdachlose unterzubringen.
Von Politik und anständiger Verwaltung einer Gemeinde ist Herr Mischo weit entfernt für ihn scheint es nur wichtig zu sein in der Chamber einen Platz zu finden statt für die Bürger der Stadt da zu sein, wir hatten schon mal eine Bürgermeisterin die nicht so für Volks nähe war, anscheinend wird dieser Job in Esch/Alzette nur als Sprungbrett für die Karriere Leiter benutzt.
Eine WG setzt sich aus mehreren chambres meublées zusammen. Eine rechtliche Definition für Colocation gibt es nicht, und Herr Mischo ist auch nicht befugt sowas zu definieren. “Kaffee Zimmer” ist nicht chambres meublées. Es gibt klaren Regeln für chambres meublées, Herr Mischo! Sie müssen sich nichts mehr ausdenken. Machen bitte nur die Augen auf!