/ Auf den Punkt mit ... Ken Corral
In unserer Rubrik „Auf den Punkt mit …“ fühlen wir Akteuren aus der BGL Ligue etwas anders auf den Zahn. Der Fußball spielende Anwalt der Fola, Ken Corral, hat kein spanisches Temperament geerbt und hat Defizite im Bein.
Tageblatt: Wie viel Anwalt kann man auf dem Fußballplatz sein?
Ken Corral: Wenn die Emotionen mal überkochen, kann ich als Vermittler eingesetzt werden. Ich versuche dann, die zwei Seiten zu beruhigen und ein gutes Abkommen für jeden zu finden. Ich bin nicht hitzköpfig, deshalb ist es für mich überhaupt kein Problem, auf dem Fußballplatz einen klaren Kopf zu bewahren.
Sie absolvieren derzeit eine Ausbildung zum Notar. Was reizt Sie an diesem Job?
Ich weiß eigentlich noch nicht ganz genau, wohin mein Weg führen wird. Die Wartezeit, um Notar zu werden, beträgt 15 Jahre. Wer weiß, wohin mich mein Leben bis dahin geführt hat. Zurzeit möchte ich am liebsten als Anwalt für Wirtschaftsrecht oder beim Staat arbeiten. Ich bin aber auch nicht abgeneigt, eine Karriere als Botschafter oder Diplomat anzugehen. Die Arbeit beim Staat wäre derzeit ideal für mich. Ich kann noch ein paar Jahre auf einem guten Niveau Fußball spielen und dieser Job würde mir geregelte Arbeitszeiten garantieren. Als Anwalt wäre es fast unmöglich, den Sport und die Arbeit zu kombinieren.
Zurzeit arbeiten Sie mit F91-Spieler Ryan Klapp zusammen. Wie viel wird im Büro über Fußball gesprochen?
Er arbeitet in einem anderen Gebäude, aber wenn wir uns über den Weg laufen, ist Fußball das Thema Nummer eins. Das wird in den nächsten Monaten jedoch nicht mehr so oft der Fall sein, weil er unbezahlten Urlaub beantragt hat, um sich auf die Gruppenphase mit dem F91 konzentrieren zu können. Aber auch mit meiner Chefin (Danielle Kolbach, Vizepräsidentin der US Hostert) und mit zwei Arbeitskollegen, die in Hostert spielen, wird oft über Fußball geredet.
Am Sonntag geht es gegen Ihren Ex-Verein Jeunesse. Wie schwer war der Wechsel zum Erzrivalen Fola?
Auch für mich kam dieser Wechsel überraschend. Die Jeunesse bot mir damals einen Vertrag mit Konditionen an, die für mich nicht tragbar waren. Ich wollte neu verhandeln, aber die Jeunesse teilte mir am letzten Spieltag der Saison 2016/17 mit, dass sie mir keinen neuen Vertrag anbieten wollen. Dabei war ich für alle Alternativen offen. Es ging mir nicht ums Geld. Aber das wurde danach behauptet. Das war auch bei meinem Wechsel von Käerjeng zur Jeunesse so. Die wenigsten wissen jedoch, dass ich damals einen Teil der Transfersumme aus eigener Tasche bezahlt und bei der Jeunesse zu Beginn auf die Hälfte meines Gehalts verzichtet habe. Die Reaktionen der Jeunesse-Fans haben mich jedoch überrascht. Sie haben meine Entscheidung verstanden.
Sie treffen im Derby auch auf Ihren früheren Käerjenger Teamkollegen Alessandro Fiorani. Wer ist schneller?
Er würde wahrscheinlich sagen, dass ich schneller bin. Sagen wir es mal so: Er ist mit dem Ball schneller und ich ohne. Da Fußball jedoch mit einem Ball gespielt wird, ist er der schnellere Spieler.
„Pato“ Fiorani hat den Wunsch geäußert, dass Sie wieder an die „Grenz“ zurückkehren.
Diesen Wunsch haben viele Leute. Ausschließen will ich es nicht. Ich bin aber zurzeit sehr zufrieden bei der Fola. Wenn sie mir einen Vertrag am Ende dieser Saison anbieten, werde ich mit großer Wahrscheinlichkeit auch unterschreiben. Ich habe mir immer geschworen, in meinem Leben nie in mehr als drei Vereinen zu spielen. Deshalb kommen nur Fola, Käerjeng und Jeunesse in Zukunft in Frage.
Bei der Fola sind Sie als „Mister Zerrung“ bekannt. Gibt es mittlerweile eine Lösung für dieses Problem?
Als ich zur Fola wechselte, sprach mich unser Fitnesstrainer Miguel da Costa darauf an und empfahl mir eine Rehabilitierungsmaschine. Ich habe seinen Rat jedoch nicht sofort befolgt, weil ich immer der Meinung war, dass die Zerrungen nicht mehr auftauchen würden. Mittlerweile habe ich mich einer Analyse unterzogen und es wurde festgestellt, dass ich im linken Bein ein Defizit von 35 Prozent habe. Das ist enorm. Seitdem arbeite ich mit der empfohlenen Maschine und das Problem müsste jetzt eigentlich behoben sein. Aber diese Übungen sind richtig anstrengend.
Manch früherer Mitspieler fragt sich, ob Sie noch immer Ihr Haarband und Ihre Schuhe farblich anpassen.
Privat bevorzuge ich lange Haare, aber auf dem Platz ist das sehr unpraktisch. Wenn ich meine Haare jedoch wieder wachsen lassen sollte, dann werden Haarband und Schuhe farblich kohärent sein.
Zu Käerjenger Zeiten hatten Sie anscheinend Angst vor Abwehrspieler Henid Ramdedovic.
Das waren meine ersten Schritte in der ersten Mannschaft. Auf dem Platz hatte ich Angst vor Henid, Julien Rolandi, Jonathan Zydko und Paulo da Costa. Außerhalb des Platzes hatte ich vor allem Respekt für sie. Als ich dann zur Jeunesse wechselte, stellte ich jedoch fest, dass Adrien Portier noch mit ganz anderen Wassern gewaschen ist. Er hat mich in meinem ersten Training gleich umgesäbelt. Von diesem Moment an wusste ich, wie es läuft.
Auf dem Platz sind Sie recht ruhig. Ist Ihnen das spanische Temperament abhandengekommen?
Gute Frage. Ich habe nicht viel Temperament geerbt und bin auch eher bleich. Die Gene meiner luxemburgischen Mutter haben sich wohl durchgesetzt.
Zwei Fragen zum Wochenende
Der Fola-Start war wacklig. Seid ihr trotzdem bereit für das Derby gegen die Jeunesse?
Gegen eine starke Petinger Elf haben wir am vergangenen Spieltag eine korrekte Leistung abgeliefert (2:0-Sieg). Wir müssen jedoch am Sonntag bestätigen. Es wäre tragisch, die drei Punkte gegen die Jeunesse nicht zu holen. Gut tut uns auf jeden Fall die Rückkehr von Stefano Bensi. Er hat uns doch sehr gefehlt.
Ist die Inkonstanz vor allem durch die vielen Abgänge zu erklären?
Seit ich bei der Fola spiele, war jeder Saisonbeginn schwer. Diesmal kann keiner behaupten, dass wir von einer Europa-League-Runde müde sind. Fakt ist aber, dass uns vier Leistungsträger der vergangenen Saison fehlen. In der Mannschaft müssten jedoch die Automatismen klappen, da wir fast keine neuen Spieler hinzubekommen haben. Aber woran liegt es? Was fehlt uns? Damit beschäftigt sich unser Trainer Jeff Strasser ständig. Es gibt derzeit zu viele Fragen und zu wenige Antworten.
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