„Bretzelsonndeg“ am 14. März / Auf den Spuren süßer und herzhafter Liebesbeweise
Es ist wieder so weit: „Bretzelsonndeg“ steht in Luxemburg vor der Tür. Wie das traditionelle Gebäck hergestellt wird und welchen vinophilen Zuwachs die „Bretzel“-Familie in diesem Jahr bekommt – Daisy Schengen ging auf Entdeckungsreise in Remich.
„Das Geheimnis einer guten ‚Bratzel’ ist die richtige Verarbeitung“
Wenn man nicht schon Kavalkade feiern kann, dann halten wir wenigstens die Tradition des „Bretzelsonndeg“ hoch, heißt es mit einem Augenzwinkern in Remich. Der Umzug, der am 14. März zur Mitte der Fastenzeit vor Ostern hätte stattfinden sollen, muss in diesem Jahr pandemiebedingt ausfallen. Doch die Tradition des Blätterteig-Gebäcks wird in Remich weiterhin hochgehalten, bestätigt Bäcker- und Patisserie-Meister Claude Feltz.
In dem gleichnamigen Familienbetrieb werden seit 62 Jahren Brezel gebacken. Die Zutatenliste dafür ist sehr übersichtlich: Butter, Zucker, Salz, Eier, Milch, Hefe und Mehl. „Das Geheimnis einer guten ‚Bratzel’ ist die richtige Verarbeitung“, erklärt Feltz auf Tageblatt-Nachfrage. Zunächst werde ein Stück Butter in den Teig eingeschlagen, dann wird dieser ausgerollt und wieder gefaltet. Dieser Vorgang wird viermal wiederholt.
Jetzt ist der Teig bereit zur Weiterverarbeitung. Daraus werden Streifen geschnitten, per Hand ausgerollt und geformt. Für die gefüllte Variante wird Schokolade in die Teigstreifen eingearbeitet, die klassische Brezel kommt ohne Füllung aus.
Für welche Variante man sich am Sonntag entscheidet, ist reine Geschmackssache. Doch inzwischen hat die gefüllte Brezel die Überhand bei der Gunst der Kunden gewonnen, sagt Feltz und eilt wieder in die Backstube zurück, „wegen der Bratzel“. Wie viele er von dem beliebten Gebäck per Hand ausgerollt hat, weiß der Bäckermeister nicht: „Bestimmt Tausende, ich habe sie nie gezählt.“ Aber weil die Nachfrage am „Bretzelsonndeg“ so groß ist, „haben die ‚Bratzel’ nie ausgereicht“, lacht er.
„Bratzel“ oder „Bretzel“?
Beides ist richtig, sagt der „Lëtzebuerger Online Dictionnaire“ des „Zentrums fir Lëtzebuerger Sprooch“ (ZLS). Bei der „Bratzel“ handelt es sich um ein weibliches Substantiv. Die Mehrzahl lautet „Bratzelen“. „Bratzel“ ist eine Variante von „Bretzel“.
Premiere für die herzhafte „Bretzel“ aus Remich
Seit zwei Wochen gibt es in Remich auch eine herzhafte „Schwester“ der traditionellen Brezel. Ausgeklügelt wurde die neue Kreation in der „Boucherie Clement“. Metzgermeister Carlo Frieden erzählt am Telefon, wie die sie zustande kam. Vor etwa 14 Tagen entstand die Idee dazu, vergangene Woche wurde sie in die Tat umgesetzt. „Wir dachten, wir versuchen, die Brezel, die Bäcker Claude Feltz macht, mit Fleisch zu machen.“
Gesagt, getan. Der Meister und sein Team orientierten sich dabei an der klassischen „Rieslingspaschtéit“, sodass die herzhafte Brezel zur Hälfte aus Kalbs- und zur Hälfte aus Schweinefleisch besteht, erklärt Frieden. Hat man einmal den Bogen raus, geht die Herstellung recht schnell von der Hand: „Etwa eine Viertelstunde bis zu 20 Minuten – von der Mischung der Fleischfüllung bis zum Einwickeln und Formen des Teiges“, erklärt der Chef.
Seitdem die „Rieslingspaschtéit-Bretzel“ in die Auslage kam, wurde sie zu einem „großen Erfolg“, bestätigt der Metzger aus Remich. Für den „Bretzelsonndeg“ am 14. März sei die Nachfrage noch einmal gestiegen. Wer bis dahin keine herzhafte Brezel beim Metzger ergattern konnte, bekommt in der nächsten Woche eine zweite Chance oder auf Bestellung für besondere Anlässe.
So will es die Tradition
„Am Bretzelsonndeg, dem Brezelsonntag, schenkt der Mann seiner Herzdame gemäß der Tradition das berühmte Gebäck. Werden die Gefühle erwidert, erhält er an Ostern ein Osterei. Sonst gibt sie ihm einen sprichwörtlichen Korb.“ An Schaltjahren beschenken die Frauen ihre Auserwählten. Die Brezelform symbolisiert die „ineinander verschlungenen Arme von zwei Liebenden“.
So schildert Autor Georges Hausemer die Tradition des „Bretzelsonndeg“ in Luxemburg. Das Gebäck, das mit Zuckerguss und Mandelblättchen, mit und ohne Praliné-Füllung angeboten wird, war zunächst in seiner salzigen, herzhaften Variante weit verbreitet. Heute, schreibt Hausemer, sei die süße Variation beliebter und „vorwiegend zu finden“.
(Quelle: Apropos … Feste und Traditionen in Luxemburg, Georges Hausemer, (2019)); kostenloser download: https://luxembourg.public.lu/de/publikationen)
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Schein Reportage👍🏻