„Mérite Jeunesse“ / Auf der Suche nach Abenteuer: Dreitägige Expedition führt fünf Schüler durch dick und dünn
Drei Tage lang wandern fünf Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Luxemburger Lyzeen rund 50 Kilometer durch den Süden des Landes. Die Expedition ist Teil des internationalen Programms „Mérite Jeunesse“. Eine Reportage.
Es ist kalt und die ersten Schneeflocken rieseln den fünf Schülerinnen und Schülern ins Gesicht. Es ist Freitag, 14 Uhr. Als Treffpunkt hatten die Verantwortlichen einen Parkplatz in Differdingen ausgesucht. Die schweren Wanderrucksäcke samt Isomatten lassen auf eine größere Expedition schließen. Drei Tage lang werden die Jugendlichen insgesamt 50 Kilometer durch den Süden Luxemburgs wandern und zweimal unterwegs in Hütten übernachten.
Alle fünf Kandidaten und Kandidatinnen tun dies im Rahmen des „Mérite Jeunesse“, eines international anerkannten Programms, das sich aus vier verschiedenen Bereichen zusammensetzt: Talent, Sport, Freiwilligenarbeit und Expedition. In allen Bereichen müssen die Jugendlichen festgelegte Aufgaben erfüllen (siehe Infobox). An diesem Freitag steht der letzte Teil der Herausforderung des „Mérite Jeunesse“ an: die Expedition. Laut Vorgabe sollen die Schülerinnen und Schüler „ein Abenteuer draußen in der Natur erleben“.
Es geht um die Motivation und darum, dass man sich etwas vornimmt und probiert durchzuziehen.Erzieherin im Lënster Lycée und Tutorin
Die erste Etappe führt von Differdingen über Petingen nach Rodange, wo die Jugendlichen im Scout-Chalet übernachten. Am Samstag geht es nach Beles ins neue „Gîte“ am „Minett-Trail“. Am letzten Tag findet die Ankunft im „Escher Déierepark“ statt. Die fünf Schülerinnen und Schüler werden von drei Tutorinnen des Programms begleitet: zwei Lehrerinnen und einer Erzieherin. Immer wieder stellen sich die drei Begleiterinnen an bestimmten Wegpunkten auf, um nach dem Rechten zu schauen. Bei den Übernachtungen sind die Tutorinnen stets dabei, da dies laut Vorgabe des Programms im Falle Minderjähriger Pflicht ist.
Motivation und Engagement zählen
Für die erste Etappe haben die Tutorinnen den Weg auf einer ausgedruckten Karte vorgegeben. Bei den nächsten zwei Etappen bekommen die Schülerinnen und Schüler nur noch das Ziel und eine grobe Wegbeschreibung in die Hand. Den genauen Weg müssen sie anhand detaillierter Wanderkarten selber festlegen und mit den Tutorinnen absprechen. Google Maps oder ähnliche Programme auf dem Handy sind nicht wirklich verboten, aber einerseits könnte das Internet ausfallen und andererseits seien diese Karten nicht präzise genug für die kleinen Wege, die anstehen, erklärt Lea Foubert.
Sie ist Erzieherin im „Service socio-éducatif“ des Lënster Lycée und eine von drei Begleiterinnen für die Expedition. Sie erklärt, dass man das Diplom auch erhält, wenn man das selbst festgelegte Ziel nicht erreicht. Damit meint sie, dass Jugendliche, die sich im Bereich Sport zum Beispiel das Ziel gesetzt haben, einen Marathon unter vier Stunden zu laufen, für diesen aber mehr als vier Stunden brauchen, trotzdem das Diplom bekommen. „Es geht um die Motivation und darum, dass man sich etwas vornimmt und probiert durchzuziehen“, betont sie. „Man soll also nicht abgestraft werden.“
Caroline Marsh und Elma Tippin sind auf 4e der internationalen Schule des Lënster Lycée. Sie sind beide noch minderjährig und wollten sich dieser Herausforderung stellen. „Ich möchte die Gelegenheiten ergreifen, die sich mir im Leben bieten“, sagt Caroline Marsh. „Das kann einen vorbereiten, auf was auch immer im Leben kommt.“ Die anderen drei Bereiche für das Diplom hat sie bereits erfüllt. In der Freiwilligenarbeit gibt sie Nachhilfestunden für Kinder in ihrer Muttersprache Ungarisch.
Am Lagerfeuer mit Stockbrot und Marshmallows
Ich habe zu viele Kleider und zu wenig Essen eingepacktSchülerin
Bei der Ankunft am Sonntag tun ihr die Füße weh. Doch sie bleibt positiv: „Ich würde am liebsten noch weiterlaufen.“ Sie gibt eine klare Empfehlung an alle, dies unbedingt einmal auszuprobieren. Auch Elma fehlt nur noch die Kategorie Expedition. „So etwas habe ich noch nie gemacht“, sagt sie. „Wenn meine Füße nicht nein sagen würden, würde ich noch weitergehen“. Auch Elma Tippin tun die Füße weh. Zudem auch der Rücken, vom schweren Rucksack. „Ich habe zu viele Kleider und zu wenig Essen eingepackt“, stellt sie fest.
Olivier Houot, 1re-Schüler im Escher Lycée Hubert Clément, ist seit vielen Jahren bei den Scouts und macht zudem Leichtathletik. Für ihn ist diese Expedition nichts Ungewöhnliches. Dennoch ist der Rucksack viel schwerer als bei den Scouts, da Lebensmittel für die drei Tage mitgenommen werden mussten. Philipp Bost, 2e-Schüler im Lycée Robert Schuman in Luxemburg, ist vor der Wanderung etwas mulmig zumute gewesen, gemischt mit einer guten Portion Vorfreude. Am Sonntag berichtet er: „Ich habe vier neue Freunde gefunden.“ Zuvor kannten sich die fünf nicht. Unterwegs in den einsamen Wäldern sind die Jugendlichen auf Rehe gestoßen, wie Philipp berichtet. Auch er wird sein Diplom im April bekommen, denn er hat nun alle Aufgabenbereiche erfüllt. Für die Freiwilligenarbeit engagiert er sich im Jugendparlament. Im Bereich „Talent“ spielt er Saxofon und im Sport macht er Fitness zu Hause. Letzteres zertifiziert er anhand seiner digitalen Uhr, die den Puls misst und diese Daten an sein Handy schickt.
Lilou Deischter ist auf 4e im Lycée Aline Mayrisch und hat ihre Silbermedaille in der Tasche. Nun überlegt sie sich, die Herausforderung Gold anzunehmen. „Das muss ich aber noch entscheiden“, sagt sie. „Gold ist eine große Herausforderung“, erklärt Lea Foubert. Die Expedition ist größer und die Schülerinnen und Schüler müssen zusätzlich an einem fünftägigen Projekt im Ausland teilnehmen. Alleine, nicht in der Gruppe, präzisiert die Erzieherin. Sie nennt als Beispiel eine Luxemburger Organisation in Afrika, welche dort eine Schule aufbaut.
Lilou zeigt sich am Sonntag begeistert von der Expedition. Abends saßen die Jugendlichen am selber gemachten Lagerfeuer mit Stockbrot und Marshmallows. Ihr Essen bereiteten sie auf dem mitgebrachten Gaskocher zu, spielten Karten und Gesellschaftsspiele. Zudem haben sie zwei Videos gedreht, die sie nun zurechtschneiden wollen. Im ersten haben sie Mensch und Tier interviewt. Letztere mussten dran glauben, weil nicht viele Menschen unterwegs waren. Das zweite Video enthält „magische Momente“ der Expedition. Vielleicht können sie die Videos auf der Diplomübergabe im April vorführen, sagt Foubert, die das Wochenende als ein erfolgreiches einstuft. „Es war ein Top-Team und sie waren sehr engagiert.“ Es sei wichtig, den Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, so etwas erleben zu können. „Das macht sie groß und stark“, so die Erzieherin.
„Mérite Jeunesse“
„Mérite Jeunesse“ gehört zu einem internationalen Programm, an dem 140 Länder teilnehmen. Er ist für Jugendliche im Alter von 14 bis 24 gedacht. Die jungen Menschen sollen darauf vorbereitet werden, etwas in ihrem Leben zu erreichen, ihre physischen Kapazitäten, Kompetenzen und Interessen kennenzulernen. Es gibt drei Kategorien: Gold, Silber und Bronze. Ab dem Alter von 14 Jahren können sich Interessierte für die Kategorie Bronze (Minimum sechs Monate) entscheiden. Silber ist ab 15 (sechs bzw. zwölf Monate) und Gold ab 16 (zwölf bzw. 18 Monate) möglich. Die vier Bereiche Sport, Talent, Freiwilligenarbeit und Expedition finden sich in allen vier Kategorien wieder. In den Bereichen Sport, Talent und Freiwilligenarbeit müssen die Kandidatinnen und Kandidaten während der festgelegten Mindestdauer ihrer Kategorie einmal pro Woche jeweils eine Stunde dieser Aktivität nachgehen. Einmal im Jahr findet die Diplomvergabe statt. Sind alle vier Kategorien zu diesem Zeitpunkt erfüllt, bekommen die Kandidatinnen und Kandidaten ihr Diplom „Mérite Jeunesse“.
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Bravo. Es gibt sie also noch.Jugendliche die auf die warme Stube und das Auto verzichten und versuchen das Leben zu entschleunigen ohne sich zu langweilen. Besser als das Wochenende im Reality Gaming Center und gesund ist es auch noch.