Assises du logement / Auf der Suche nach dem Kompromiss: Wohnungsbauminister Kox diskutiert mit Branchenvertretern
Wohnungsbauminister Henri Kox wollte mit der vorgezogenen Einberufung der „Assises du logement“ seine Kritiker beschwichtigen. Eingeladen wurden Interessenvertreter aus dem gesamten Wohnungsbausektor – was zu einem wenig aufschlussreichen und teils sehr fragmentierten Austausch führte.
Handwerkervertreter, Architekten, Ingenieure, Unternehmer, Immobilienmakler, Politiker, Vertreter der öffentlichen Verwaltungen, Bauträger, Mieterschutz – alle waren sie der Einladung von Wohnungsbauminister Henri Kox („déi gréng“) zu den „Assises du logement“ am Mittwochmorgen in der Abtei Neumünster gefolgt. Die Kritik der vergangenen Monate ist nicht spurlos am Grünen-Minister vorbeigegangen. „Ich hoffe, mit den Ankündigungen und Gesetzesänderungen von heute mit einem breiteren Rücken in den Regierungsrat gehen zu können“, begrüßte Kox die zahlreich erschienenen Gäste. Im Mai soll laut Kox eine weitere Konferenz folgen, die dann eher „technischer Natur“ sein soll.
„Herausforderungen des privaten Wohnungsmarktes“ war die erste Debatte am Mittwochmorgen überschrieben. Eingeladen waren Handwerksvertreter Roland Kuhn, der Diekircher Bürgermeister Claude Thill, Mieterschutz-Präsident Jean-Michel Campanella, SNHBM-Direktor Guy Entringer und Julien Licheron vom „Observatoire de l’habitat“, der eingangs der Debatte noch einmal aktuelle Zahlen zum Luxemburger Wohnungsmarkt vorstellte, auf denen die anschließende Debatte fußen sollte. Sollte, weil auch die eingeladenen Gäste so unterschiedliche Interessen und Anliegen hatten, dass bei der Diskussion nicht immer ein roter Faden zu erkennen war.
Diffuse Besprechung
Kuhn forderte als Handwerksvertreter ein schnelles Handeln der Regierung in der jetzigen Wohnungskrise, Campanella kritisierte das Mietgesetz, während Thill sich über die Verantwortung von Gemeinden im Hinblick auf die Kaffee-Zimmer ausließ und Entringer über die richtige Ratio von Miet- und Kaufobjekten bei der SNHBM philosophierte. Abschließend wurden dann auch noch das öffentliche Parkraummanagement und die Beteiligung des Privatsektors an bezahlbarem Wohnraum thematisiert.
Der einzige gemeinsame Nenner der Diskussionsteilnehmer: Die Politik muss handeln. Wobei sich auch hier einige Vertreter teilweise in starken Gegensätzen verstrickten. So meinte Roland Kuhn etwa auf die im Mietgesetz angesprochenen Mietendeckelung auf 3,5 Prozent des investierten Kapitals, dass es eines solchen staatlichen Eingriffes in den Markt nicht bedürfe. „Der Markt soll sich selbst regulieren“, sagte Kuhn – und forderte im nächsten Atemzug ein schnelles Handeln und steuerliche Maßnahmen der Regierung, um den zum Erliegen gekommenen Wohnungsmarkt wieder anzukurbeln.
Baugewerbe in Aufruhr
Der Handwerksvertreter verwies in dem Kontext auf die rund 20.000 im Baugewerbe beschäftigten Handwerker, deren Arbeitsplätze bei einem kompletten Baustopp gefährdet sein werden. Den von Kuhn geforderten steuerlichen Maßnahmen erteilte Wohnungsbauminister Henri Kox eine Absage – unter anderem, weil man sich an den regulatorischen Rahmen der EU halten müsse. „Auch dürfen wir nicht wieder auf die Maßnahmen zurückgreifen, die in den letzten Jahren zu dieser Preisspirale geführt haben“, sagte Kox. Jedoch würde das Ministerium bereits erste Anträge prüfen, um im Bau befindliche Projekte von Privatunternehmern aufzukaufen. Dafür müsse der Sektor aber auch dem Ministerium entgegenkommen, das nicht für die Gewinnmargen der Bauträger aufkommen könne. Er könne sich aber mit einer Erhöhung des Freibetrags beim „bëllegen Akt“ für Erstkäufer anfreunden.
In dem Kontext sicherte zumindest Guy Entringer von der SNHBM dem Privatsektor fortlaufende Aufträge zu. „Wir beobachten die Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, sagte Entringer. Als SNHBM sei man an die öffentlichen Ausschreibungen gebunden – weshalb es teilweise schwierig sei, an gute Handwerker zu kommen. „Wir werden auf jeden Fall weiter Arbeit bieten.“
Jean-Michel Campanella vom Mieterschutz forderte in seinen Ausführungen, dass besonders die Bevölkerungssparten, die auf Kaffeezimmer angewiesen sind, besser geschützt werden. „Wir begrüßen deshalb, dass künftig mehr Reservewohnungen geschaffen werden sollen“, sagte Campanella. Eine Frage dränge sich jedoch auf: „Warum werden die zuständigen Eigentümer nicht konsequent bestraft?“ Die Luxemburger Behörden müssten sich viel konsequenter dafür einsetzen. Was auch den Zuspruch vom Diekircher Bürgermeister Claude Thill fand, dem das Problem als „Bürgermeister einer Brauereistadt ausreichend bekannt ist“. Die Gemeinden müssten definitiv Verantwortung übernehmen.
Zahlreiche Gesetzesänderungen
Ein Tag mit einem „kontroversen, konstruktiven und zielorientierten Dialog“, schlussfolgerte Wohnungsbauminister Henri Kox auf einer abschließenden Pressekonferenz am Mittwochnachmittag. Im Vorfeld habe man einige Vorschläge ausgearbeitet, die am Donnerstag auch in der zuständigen Chamberkommission diskutiert werden sollen.
Die von Minister Henri Kox am Mittwoch vorgestellten Änderungen betreffen insgesamt drei Gesetze, darunter auch das viel diskutierte Mietgesetz. Einen genauen Zeitrahmen für die genannten Änderungen und Maßnahmen konnte Kox jedoch nicht nennen. Der „bëllegen Akt“ müsse noch mal mit der Finanzministerin diskutiert werden. Bei den VEFA-Verträgen befinde man sich aber bereits in Verhandlungen mit verschiedenen Bauträgern.
Angekündigte Änderungen
Gesetz zum bezahlbaren Wohnraum:
– Einführung einer Reihe von Wohnungen für bestimmte Zielgruppen wie Jugendliche, über 60-Jährige, Arbeitnehmer oder Mitglieder von Genossenschaften, die als soziale Bauträger tätig sind;
– Vereinfachung der Verfahren für die Vergabe von erschwinglichen Mietwohnungen auf Antrag der sozialen Träger;
– Anpassung der Verwaltungspauschalen sowie Vereinfachung der Bedingungen für die Zulassung als Sozialvermieter;
– Berücksichtigung von Grundstücken, die natürliche und juristische Personen sozialen Bauträgern in Erbpacht für die Entwicklung von Projekten für erschwinglichen Wohnraum zur Verfügung stellen;
– Einführung eines strukturierten Dialogs mit den Akteuren vor Ort, um gemeinsam das Recht auf Wohnen für alle zu verwirklichen.
Mietgesetz: „Ich will am Prinzip dieses Gesetzes festhalten, weil wir momentan kein funktionierendes Gesetz haben“, sagte Kox. Den einen gehe es zu weit, anderen wiederum nicht weit genug. Mit den neuen Änderungen sollen Mieten nur noch alle zwei Jahre um maximal zehn Prozent steigen dürfen. Zusätzlich sollen Investitionen in ältere Gebäude sich lohnen, sodass die Abwertung von Sanierungen erst ab dem Datum berechnet wird, an dem die Sanierung abgeschlossen wurde.
VEFA: Wohnungsbauminister Henri Kox kündigte an, dass das Ministerium über einen Spezialfonds sogenannte VEFA-Verträge („Vente en l’état futur d’achèvement“) aufkauft.
Primo-Accédant: Kox unterstützt die Erhöhung des „bëllegen Akt“ auf 30.000 Euro, „auch wenn das nicht komplett in mein Ressort fällt“, sagte er auf der abschließenden Pressekonferenz.
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„Der Markt soll sich selbst regulieren“, sagte Kuhn…., Das Ergebnis der Markregulierung ist jedem Bekannt. Fast die Hälfte der Arbeitnehmer in Luxemburg sind Grenzgänger und die wenigsten können sich hier eine Wohnung leisten. So setzt Luxemburg weiterhin auf selektive Migration, die Reichen dürfen rein und die Armen bleiben draußen. Da außerdem die Lohnsteuer in Luxemburg abgeführt wird, hält Luxemburg dem ärmeren Teil der Arbeitnehmer auch noch das Geld für die notwendige Infrastruktur an ihrem Wohnort vor.