Tripartite / Aufregender Anfang, unaufgeregtes Ende – Mietbeihilfen in zwei Wochen verabschiedet?
Das Tripartite-Vorhaben eines besonderen Mietzuschusses wurde unter großer Aufregung in ein separates Gesetz verfrachtet – und dann in die Logement-Kommission verschoben. Dort fristete es in den vergangenen Wochen ein eher unscheinbares Dasein, auch die Opposition scheint mit den Maßnahmen größtenteils einverstanden. In den kommenden zwei Wochen könnte es aber vom Parlament verabschiedet werden. Gelten sollen die neuen Regeln ab 1. August.
Es war Freitag, der 29. April, als Luxemburgs Parlament Post vom Finanzministerium bekam: Ressortchefin Yuriko Backes hatte das „große“ Tripartite-Gesetz eingereicht. Es umfasste einige – nicht alle – der Maßnahmen, die die Regierung einen Monat zuvor mit den Arbeitgebern und den Gewerkschaften CGFP und LCGB vereinbart hatte. Auf 96 Seiten wurde den Abgeordneten ein Teil des achtseitigen Sozialpakt-Abkommens in Gesetzessprache übersetzt. Sechs Punkte aus dem „Accord“ sollten mit dem Text auf einmal geregelt werden. Darunter das Einfrieren der Mieten, den Steuerkredit und – der geneigte Leser wird sich erinnern – Brocken wie die Verschiebung der nächsten Indextranche(n). Ebenfalls Teil der Paragrafensammlung: die Einführung und Anpassung von Mietzuschüssen.
Am 20. Mai gab’s dann wieder Post für die Parlamentarier: Der Staatsrat hatte sein Gutachten zur Ur-Fassung des Projekts. Und das Gremium riet dem Parlament, das „Logement“-Kapitel vom Rest der restlichen Maßnahmen zu trennen und in einen separaten Text fließen zu lassen: „Der Staatsrat stellt fest, dass Kapitel 1, das sich auf den Mietzuschuss bezieht, für sich allein einen homogenen Rechtsakt bilden kann, der in einem separaten Gesetz geregelt werden müsste.“ „Sammelgesetze“ oder „Mosaikgesetze“ seien „absolut abzulehnen, da die Anwendung eines solchen Verfahrens Nachteile für die Qualität der Rechtsordnung mit sich bringen kann“. Zudem gäbe es den „großen Nachteil“, dass die „Suche nach autonomen Texten, die in ein und demselben Regelwerk enthalten sind, sowie nach Änderungen im geltenden Regelwerk sehr mühsam ist“.
Der Rest ist Geschichte. Die Chamber teilte das Gesetz in die Projekte 8000A und 8000B auf. 8000A enthielt weitgefächerte Maßnahmen inklusive der Verschiebung der Indextranche. Der Text wurde nach einigem Hin und Her, einiger Polemik und vor dem Hintergrund einiger neuen Informationen am 15. Juni in der Chamber verabschiedet. Text 8000B, also der Teil über den Mietzuschuss, wanderte am 24. Mai in die Logement-Kommission.
Tripartite-Maßnahme Mietzuschuss
„Die Regierung verpflichtet sich, die Mietsubventionen vorzeitig bis zum 1. August 2022 zu reformieren“, heißt es im Tripartite-Abkommen. Die Zahl der berechtigten Haushalte soll auf das Einkommen ausgeweitet werden, das dem „mittleren Lebensstandard“ entspricht. Der Mietzuschuss soll so im Durchschnitt um 50 Prozent steigen. Der monatliche „Höchstbetrag der Mietsubvention für kinderreiche Familien“ soll laut Sozialpakt auf 400 Euro angepasst werden.
Der „mittlere Lebensstandard“ betrug 2018 bei einer allein lebenden Frau 1.988 Euro, bei einer Familie mit zwei Kindern 4.079 Euro. Neue Zahlen gibt es laut Statec nicht. „Es handelt sich um eine punktuelle Studie, von der es keine Aktualisierung der Daten gibt“, erklärt eine Statec-Sprecherin gegenüber dem Tageblatt.
Copy and paste
Dabei sind die Artikel von Gesetzesprojekt 8000B eigentlich alte Bekannte. Die „Sozialpakt“-Beihilfe für die „individuellen Wohnbeihilfen“ basiert nämlich auf dem Gesetz 7938, das bereits am 24. Dezember 2021 in der Chamber eingebracht wurde und Anfang Januar von Wohnungsbauminister Henri Kox der Presse vorgestellt wurde. Jenes Gesetz sollte die mehr als 40 Jahre alten Regeln zur Wohnungsbeihilfe reformieren. Im ersten Entwurf zum Tripartite-Gesetz erklärt die Regierung demnach auch: „Der Gesetzentwurf Nr. 7938 sieht die lang erwartete Reform dieses Gesetzes aus dem Jahr 1979 vor.“ Es werde demnach vorgeschlagen, „alle Artikel, die sich auf den Mietzuschuss beziehen, aus dem Gesetzentwurf Nr. 7938 in den vorliegenden Gesetzentwurf zu übernehmen“.
Gesetz 7938 dreht sich nicht nur um Mietzuschüsse. Und es befindet sich noch in den Mühlen der Chamber. Das Ministerium für Wohnungsbau erklärte am Montag gegenüber dem Tageblatt, dass man noch auf den „Avis“ vom Staatsrat warte. „Wir hoffen, dass das Gesetz bis Ende dieses Jahres oder Anfang 2023 verabschiedet werden kann“, heißt es aus dem Hause Kox. Zumindest was die Mietzuschüsse angeht, soll es jetzt wegen der Tripartite schneller gehen. Die Regierung hat im Sozialpakt niedergeschrieben und im Gesetzesprojekt angekündigt, die im Gesetz 7938 „geplanten Anpassungen vorzeitig zum 1. August 2022“ einzuführen. Wenn das Gesetz Nummer 7938 irgendwann einmal selbst in Kraft tritt, sollen die Tripartite-Bestimmungen aufgehoben werden.
Definitorische Unklarheiten
Insofern können die Mitglieder der Wohnungsbaukommission später von den Erkenntnissen aus dem jetzigen Gesetzgebungsprozess profitieren. Schon in seinem ersten Avis über das noch nicht aufgesplittete Gesetz gab der Staatsrat bereits eine Einschätzung zu den Artikeln über die Wohnungszuschüsse selbst. Dabei legte das Gremium auch mehrere „Oppositions formelles“ ein – einen formellen Einspruch, wenn der Staatsrat der Ansicht ist, dass der Entwurf gegen höherrangige Rechtsnormen verstoßen und demnach auf unsicheren juristischen Beinen steht.
Hauptkritikpunkt ist: Wer darf die Zuschüsse empfangen? „Es gibt verschiedene Fragen“, sagt Marc Lies (CSV), Co-Präsident der Logement-Kommission. „Es ist nicht ganz transparent, wie mit kommerziellen Untermieten umgegangen wird.“ So könnten Personen in den Genuss der Zuschüsse kommen, die nicht darauf angewiesen sind. In diesem Punkt sei aber bereits nachgebessert worden, über ein zweites, wesentlich kürzeres Avis des Staatsrats tage die Kommission am Donnerstag.
CSV unterstützt Gesetzesprojekt
Für große Polemik sorgt das Papier bis jetzt nicht. CSV-Mann Lies sagte am Mittwochabend gegenüber dem Tageblatt: „Wir werden das unterstützen.“ Wenn man heute auf die Energiekosten schauen würde, müsse man „gucken, dass den Menschen, die am meisten Schwierigkeiten haben am Ende des Monats, geholfen wird“. Die Beträge, die im Wohnungszuschuss-Gesetz der Tripartite genannt werden, seien höher als die vom „regulären“ Projekt 7938.
Die Linken-Abgeordnete Nathalie Oberweis kritisiert, dass ein Mietzuschuss nicht die „Lösung“ für Luxemburgs Wohnraumprobleme sei. „Er unterstützt die weitere Preiserhöhung“, sagte sie im Gespräch mit dem Tageblatt. Das Geld fließe direkt in die Mieten ein und treibe die Preise weiter hoch. „Das ist das fundamentale Problem dieser Preisspirale“, sagte sie. Da helfe auch das temporäre Einfrieren der Mieten nicht viel. In der Zeit zwischen der Ankündigung dieser Maßnahme im Tripartite-Abkommen und der juristischen Umsetzung des Gesetzes am 15. Juni hätten einige Vermieter noch genug Zeit gehabt, Mieten zu erhöhen.
Gänzlich gegen die Subvention sprechen sich aber auch die Linken nicht aus. „Weil wir ja möchten, dass man den Menschen hilft, die finanziell nicht über die Runden kommen“, sagt Oberweis. Der Staat fange die Kosten eines versagenden Marktes immer mehr auf. „Dieses Gesetz resümiert eigentlich gut den Ansatz der jetzigen Regierung.“
Laut Kommissionspräsidentin Ahmedova Semiray („déi gréng“) will der Ausschuss am Donnerstag das neuerliche Avis des Staatsrats analysieren. Am kommenden Donnerstag soll dann der Rapport des Berichterstatters verabschiedet werden – und in der Woche darauf dem Plenum präsentiert werden.
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