Trëntenger Dall / Aufregung in Waldbredimus und Bous: „Schutzzonen mit den Menschen und nicht ohne sie“
Der Streit um die Naturschutzzone im Trëntenger Dall ist in erster Linie ein Kommunikationsproblem. Sowohl die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden als auch die betroffenen Landwirte beklagen ein „von oben nach unten“. Mit Plakaten wehren sich vor allem die Einwohner seit Wochen gegen das, was kommen soll: eine insgesamt 1.700 Hektar große Schutzzone von nationalem Interesse für das Tal.
„Diese Geschichte ist nicht gut gelaufen“, sagt Carlo Kutten (65), (Noch-)Bürgermeister von Bous. „Das Umweltministerium ist das falsch angegangen.“ Er erfährt von den Plänen durch einen Besuch von Vertretern des Umweltministeriums im Rathaus. Die Gemeinde veröffentlicht es im „Reider“, dem Gemeindeblatt. Danach gibt es zwei Infoveranstaltungen in Contern und Bous.
Gleiches sagt sein parteiloser (Noch-)Kollege Thomas Wolter (60) in Waldbredimus: „Wir haben in den letzten zehn Jahren an einem allgemeinen Bebauungsplan gearbeitet, der seit Ende 2021 in Kraft ist. Dieser ,Plan d’aménagement général‘ (PAG) legt die Entwicklung der Gemeinde für die nächsten fünf Jahre fest.“ Erst im Mai 2022 ist er darüber informiert worden, dass das geplante Schutzgebiet kommt.
„Das konnten wir gar nicht mehr berücksichtigen“, sagt Wolter. „Jetzt stellen wir fest, dass unsere Ortschaften durch die neue Naturschutzzone zu Enklaven werden.“ Enklaven? „Die jetzt festgelegten Grenzen der Zone reichen bei uns bis an die Grenzen der Ortschaften und das gilt für immer“, erklärt Wolter. Die Ausweisung von neuen Baugebieten ist nicht mehr möglich.
Die geplante Schutzzone ist kein Natura-2000-Gebiet
Es handele sich nicht um eine Natura-2000-Zone, sondern um eine „Zone protégée d’intérêt national sous forme de réserve naturelle et paysage protégé“. Das stellt das Umweltministerium auf Anfrage des Tageblatt klar. Basis für diese Maßnahme ist das Naturschutzgesetz vom 18. Juli 2018, das im Art. 2 die Ausweisung von Naturschutzgebieten vorsieht. Das ist richtig. „Zum anderen gibt es den nationalen Naturschutzplan 2 (2017-2021), der am 13. Januar 2017 offiziell anerkannt wurde“, schreibt das Ministerium und verweist auf eine Liste im Anhang des Plans.
Sie zeigt Gebiete im Land, wo weitere Schutzgebiete von nationalem Interesse ausgewiesen werden können. Dort findet sich das Trëntenger Dall genauso wie das Gebiet Däerebësch/Waal/Hellengerbësch zwischen Düdelingen, Frisingen und Bettemburg oder der Dumontshaff zwischen Schifflingen, Monnerich und Bettemburg. „Wir werden jetzt dem Ministerium Vorschläge unterbreiten, mit denen alle leben können“, sagt der Waldbredimuser Bürgermeister Wolter und betont, dass die Gemeinden in dieser Sache kein Vetorecht haben.
Jean-Claude Muller (47) hat eine ganz klare Meinung dazu. Sein 35 Hektar großer Obst- und Gemüseanbau mit angegliederter Destillerie in Contern ist zwar betroffen, aber nur teilweise. 2008 hat er die Destillerie gegründet, 2013 hat er den Hof von Milchvieh auf Obst und Gemüse umgestellt. Mit „nul n’est censé ignorer la loi“ kommentiert er den Verweis des Ministeriums, dass das Trëntenger Dall auf der Liste steht. „Das ist leicht gesagt“, sagt er.
Direkte Kontakte zu den Landwirten hätten geholfen
Er geht davon aus, dass wenn das Ministerium auf die Beteiligten zugegangen wäre, hätte es große Kooperationsbereitschaft für die geplante Zone gegeben. „Die Generationen vor uns haben die Kirschbäume hier angepflanzt, die jetzt in die Schutzzone fallen“, sagt er. Außerdem tun die Einwohner in seinen Augen schon einiges. Muller belegt das unter anderem mit der Zahl der Biotope in dem Gebiet.
„Wir haben mehr Streuobstwiesen hier als vor zehn Jahren“, sagt er. „Ohne Schutzzone ist hier schon ganz viel gemacht worden, weil die Leute sich bewusst sind, dass sie etwas tun müssen.“ Naturschutz müsse aber mit den Menschen und nicht gegen sie vom Schreibtisch aus gemacht werden. Das Ministerium argumentiert damit, dass die Landschaft im Trëntenger Dall „bemerkenswert einzigartig“ sei. Wenn man Bauer Muller folgt, haben Menschen dafür gesorgt.
Die Bedenken stoßen im Ministerium auf Unverständnis. Verhaltensregeln innerhalb des geplanten Schutzgebietes fielen weniger streng aus als bei einem klassischen Naturschutzgebiet, antwortet das Ministerium weiter. Bezüglich Düngung und Pestizideinsatz für den Bauern und Winzer werde sich nichts ändern. Der Einsatz von Dünger und Pestiziden auf geschützten Biotopen und Lebensräumen sei gemäß Naturschutzgesetz ohnehin verboten, schreibt das Ministerium.
Dünger- und Pestizideinsatz
Das ist Bauer Mullers größte Sorge. „Es heißt, jeglicher Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist verboten“, sagt er. „Dann ist es hier mit Obst-, Gemüse- und Weinanbau vorbei.“ Das betrifft ihn direkt. In einem Teil seiner Flächen, die zur zukünftigen Zone gehören, stehen seine Mirabellenbäume. „Die Kunden wollen kein Obst mit Maden drin“, sagt er. Er ist nur ein Beispiel. Bei anderen geht es um Existenzängste. „Sie hätten das mit uns besprechen müssen“, sagt Muller.
Den Waldbredimuser Bürgermeister Thomas Wolter treibt noch etwas ganz anderes um. „Durch das Gebiet, was jetzt die geschützte Zone werden soll, zieht sich die N2“, sagt er. Die N2 verbindet Remich mit der Stadt und ist stark befahren. „Wir setzen uns schon seit Jahren dafür ein, dass der Verkehr dort reduziert wird“, sagt er. „Darüber wird gar nicht gesprochen.“ Noch ist nichts in Stein gemeißelt. Erst wenn konkrete Pläne des Ministeriums vorliegen, läuft die Frist für Widerspruch, Einwände und Anmerkungen.
Die „Zone protégée d’intérêt national“
In den 1.700 Hektar, die zur Schutzzone werden sollen, sind insgesamt 1077,8 Hektar landwirtschaftliche Fläche enthalten, was 62,79 Prozent der gesamten Fläche entspricht. Davon entfallen 129,36 Hektar auf Ackerland, was 7,54 Prozent der Gesamtfläche entspricht. 760,57 Hektar entfallen auf Grünland, was 44,31 Prozent der Gesamtfläche entspricht und 18,72 Hektar auf den Weinbau, was 1,09 Prozent der Gesamtfläche entspricht. Der Rest verteilt sich auf andere Sonderkulturen, vor allem Obstbäume und Streuobstwiesen. Die Zahlen stammen vom Umweltministerium. In dem geplanten Naturschutzgebiet leben zahlreiche seltene Tier- und Pflanzenarten. Beispiele sind die Gelbbauchunke, die Mauereidechse, der Steinkauz und der Acker-Rittersporn. „Schutzgebiete werden nicht willkürlich ausgewählt, sondern auf Basis der dort lebenden Tier- und Pflanzenarten sowie der Qualität und Anzahl an geschützten Biotopen“, schreibt das Ministerium auf die Tageblatt-Anfrage.
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Firwat steet Briedemes op Tschechesch do?
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Oh, jetzt mussten wir aber zweimal hinsehen… aber dann: Díky za tip!
Grüße aus der Redaktion