Kann eine 21-jährige Praktikantin die Sicherheit des Europaparlaments gefährden? Diese Frage wird in Brüssel heiß diskutiert, nachdem bekannt wurde, dass die Tochter des russischen Präsidenten-Sprechers Dimitri Peskov für den französischen Europaabgeordneten Aymeric Chauprade arbeitet.

Von unserem Korrespondenten Eric Bonse, Brüssel

Chauprade war früher bei der rechtsextremen „Front National“, Peskov ist ein Vertrauter des russischen Staatschefs Wladimir Putin. Einige Medien machen daraus die ganz große Verschwörung: „Putins Praktikantin“ solle für den Kreml – und die russophilen EU-Gegner – das Europaparlament ausspionieren.

Infokrieg kurz vor den Europawahlen?

Allerdings deutet bisher wenig darauf hin, dass Elizaveta Peskova, so heißt die junge Dame, ein russisches „U-Boot“ ist. Eher schon sieht es nach einem gezielten Leak aus: Die Story über die russische Praktikantin wurde zuerst von amerikanischen Sender „Radio Free Europe“ verbreitet. Und der wird vom US-Kongress finanziert, wie die französische Tageszeitung „Le Monde“ spitz anmerkt.

Geht es hier also um ein Stück aus dem „Infokrieg“, der vor der Europawahl im Mai erwartet wird? Die US-Regierung in Washington, aber auch die EU-Kommission in Brüssel warnen seit Wochen vor russischer Einmischung und „Desinformation“ – und versuchen, mit eigenen Initiativen dagegenzuhalten.

Oder geht es doch um mehr? Dies argwöhnen vor allem osteuropäische Europaabgeordnete. Sie fürchten, dass Peskova Zugang zu sensiblen Daten aus dem Parlament erhalten könne. „Dies ist ein Bruch der Sicherheits-Regeln“, kritisiert die lettische Abgeordnete Sandra Kalniete von der konservativen EVP-Fraktion, die mit dem deutschen Spitzenkandidaten Manfred Weber (CSU) in die Europawahl zieht.

Grüne mahnen zur Gelassenheit

Chauprade weist das zurück. Er habe seine frankophile Praktikantin, die auf Instagram mit Vorliebe Fotos aus Paris postet, ganz offiziell bei der Parlamentsverwaltung  angemeldet, und Zugang zu sensiblen Informationen habe sie auch nicht. Andererseits genießt Peskova – wie alle Praktikanten – freien Zugang zu den Parlamentsgebäuden in Brüssel und Straßburg. Auch an Ausschusssitzungen darf sie teilnehmen.

Die Alarmglocken bei den Osteuropäern schrillen auch deshalb, weil Chauprade als Freund der Russen gilt. Er reiste als „internationaler Beobachter“ zu dem von Moskau organisierten Referendum über den Anschluß der Krim – aus EU-Sicht war das illegal. Allerdings hat der Abgeordnete danach mit seiner Partei und Nationalisten-Führerin Marine Le Pen gebrochen, als einflußreich gilt er nicht. Die meisten Parlaments-Kollegen haben seinen Namen im Zusammenhang mit der aktuellen Affäre zum ersten Mal gehört.

Der Chef der Europa-Grünen, Reinhard Bütikofer, mahnt denn auch zu Gelassenheit. „Ehrlich gesagt macht mir die Praktikantin aus dem Kreml-Umfeld bei einem Rechtsextremisten weniger Sorgen als die Nord Stream 2-Begeisterung bei aufrechten Demokraten.“ Doch gegen die deutsch-russische Gaspipeline Nord Stream haben die Europaabgeordneten noch weniger Handhabe als gegen „Putins Praktikantin“. Die Entscheidungen fallen im Ministerrat, und dort gibt Deutschland den Ton an – das weiter eng mit Russland zusammenarbeitet.

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