Tuvalu-Pakt / Australien öffnet seine Tür für Klimaflüchtlinge – nicht ganz ohne Hintergedanken
Während eines jährlichen Gipfeltreffens im Pazifik ist ein Abkommen in Kraft getreten, das Klimaflüchtlingen aus dem winzigen Pazifikstaat Tuvalu eine neue Heimat in Australien gewährt. Gleichzeitig schloss Canberra ein neues Polizeiabkommen mit den pazifischen Inselstaaten. Ziel ist es, Chinas Präsenz in der Region entgegenzuwirken.
Australien verstärkt seit über zwei Jahren seine Bemühungen um die pazifischen Nachbarn. Bereits im letzten Jahr unterzeichnete das Land beim Treffen des regionalen Pacific Islands Forums ein „bahnbrechendes“ Abkommen mit dem Inselstaat Tuvalu. Dieses trat nun während des diesjährigen Treffens in Tonga in Kraft.
Im Rahmen des Abkommens wird Australien jedes Jahr bis zu 280 Visa für Menschen aus dem kleinen polynesischen Staat ausstellen, dessen Inseln so niedrig gelegen sind, dass ihre Existenz durch den durch die Klimaerwärmung steigenden Meeresspiegel bedroht ist. Zusätzlich dazu wird Canberra Entwicklungsprojekte finanzieren sowie Maßnahmen, die dem Land helfen sollen, sich an die neuen Klimabedingungen anzupassen. Dieses großzügige Angebot an den Pazifikstaat geht mit einer Vereinbarung einher, dass die Inselgruppe Entscheidungen rund um die Themen Sicherheit und Verteidigung künftig mit Australien absprechen muss.
Der „größte, nicht überwachte Raum“ der Erde
Gleichzeitig hat Australiens Premierminister Anthony Albanese das regionale Gipfeltreffen am Mittwoch dazu genutzt, ein neues Polizeiabkommen mit den Pazifikstaaten zu schließen. Über einen Zeitraum von fünf Jahren sollen 400 Millionen Australische Dollar, umgerechnet rund 244 Millionen Euro, zur Verfügung gestellt werden. Damit sollen ein neues Koordinierungszentrum in den Einrichtungen der australischen Bundespolizei in Brisbane und vier regionale Ausbildungszentren im Pazifikraum geschaffen werden, beginnend mit Papua-Neuguinea. Außerdem soll eine neue multinationale Polizeieinheit künftig auf Naturkatastrophen und andere Krisen reagieren.
Diese Polizeiinitiative setze eine lange Geschichte der Zusammenarbeit der pazifischen Polizeikräfte fort, „um Frieden und Sicherheit in der Region zu stärken und sich in Zeiten der Not gegenseitig zu unterstützen“, betonte Albanese. Auch der Premierminister von Papua-Neuguinea, James Marape, lobte den Deal. Er beschrieb den Pazifik als „den größten nicht überwachten Raum auf dem Planeten Erde“, wie es im Sydney Morning Herald hieß. Die Länder stünden vor großen Herausforderungen durch Drogenhandel und illegale Fischerei.
Brennpunkt für strategischen Wettbewerb
Albanese ist mit dem neuen Pakt ein diplomatischer Sieg gegen China gelungen, das seine Präsenz in der Region seit Jahren stetig ausbaut. Peking umwirbt die Inselstaaten mit Finanzspritzen für Infrastrukturprojekte und polizeilicher Unterstützung. Aufgrund dieser recht offenen Rivalitäten kamen jedoch auch kritische Stimmen hoch, die fühlen, dass die kleinen Staaten zwischen den Interessen des Westens und Chinas aufgerieben werden. Letzteres fasste die internationale Denkfabrik Lowy Institute in Sydney in einem Bericht im August zusammen. Die pazifischen Inselbewohner hätten bemerkt, dass ihre Region, die zuvor von größeren Mächten unterbewertet worden sei, „nun ein Brennpunkt für strategischen Wettbewerb“ sei, hieß es da.
In dem Bericht mit dem Titel „The Great Game in the Pacific Islands“ schrieben die Experten des Thinktanks, dass die geopolitische Landschaft des Pazifiks „zunehmend überfüllt“ sei und mehrere Mächte um Einfluss wetteifern würden. „China erweitert seine Reichweite durch diplomatische Beziehungen, Infrastrukturprojekte und Entwicklungsfinanzierung, während traditionelle Partner wie Australien und die Vereinigten Staaten danach streben, ihren Einfluss aufrechtzuerhalten“, hieß es. Letzteres wird neben dem australischen Engagement auch dadurch deutlich, dass die USA den stellvertretenden Außenminister Kurt Campbell zum Gipfeltreffen nach Tonga geschickt haben. Dieser wird während seiner Pazifikreise auch eine neue US-Botschaft in Vanuatu eröffnen.
Technologieoffensive angelaufen
Erst im Juli hatte Australien auch bekannt gegeben, ein neues digitales Kabelzentrum für die Region einrichten zu wollen, um die Konnektivität, aber auch die Resilienz der Pazifikstaaten zu verbessern. Hier sollen in den kommenden vier Jahren 18 Millionen Australische Dollar, umgerechnet fast elf Millionen Euro, fließen. Bereits im Oktober hatten Australien und die USA zudem ein Abkommen geschlossen, das vorsieht, dass Google Unterseekabel in die Region verlegt und damit einer Reihe von pazifischen Ländern ein zuverlässigeres und günstigeres Internet ermöglicht. Das Projekt gibt beiden Ländern damit auch die durchaus wichtige Telekommunikationshoheit in der Region.
Zusätzlich dazu haben Canberra und Washington im vergangenen Jahr ein Sicherheitsabkommen mit Papua-Neuguinea vereinbart, das sich in einer strategisch wichtigen Lage nördlich des fünften Kontinents befindet. Diese Abkommen folgten auf einen chinesischen Pakt mit den Salomonen: Honiara hatte 2022 ein Sicherheitsabkommen mit der Volksrepublik unterzeichnet und sich danach verstärkt chinesischen Interessen angenähert.
Obwohl die einzelnen Pazifikstaaten finanziell von dem entstandenen Wettbewerb zwischen Ost und West profitieren, so könne dieser – so kritisierte das Lowy Institute – von den dringendsten Bedürfnissen des Pazifikraums ablenken. Dazu gehören neben den Auswirkungen des Klimawandels, auch Korruption, politische Instabilität, eine Schuldenkrise nach der Pandemie und ein schnelles Bevölkerungswachstum.
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