Editorial / Autoschlangen und Blechlawinen: Mobilität muss auf kommunaler Ebene mitgedacht werden
Stau. Ein Luxemburger Kulturgut, das genauso zum Landschaftsbild im Großherzogtum gehört wie majestätische Burgen und gewundene Bäche. Die Politik hat jahrzehntelang dafür gesorgt, dass die prachtvollen Autoschlangen morgens und abends gut gefüttert werden – doch nun soll Schluss damit sein. National- und Kommunalpolitiker schmieden nämlich jetzt, vor den Wahlen, Pläne, um die kriechenden Viecher auszurotten.
Die Verkehrsprobleme beschränken sich seit Jahren nicht mehr nur auf Autobahnen – die Blechlawinen schwappen mittlerweile auch auf Dorf- und Nationalstraßen über. Der Monnericher CSV-Bürgermeister Jeannot Fürpass nennt die Verkehrssituation in seiner Gemeinde im Gespräch mit dem Tageblatt „dramatisch“. Menschen, die sich während der Rushhour durch die Straßen der Kommunen schleichen, um dem Stau auf den Autobahnen auszuweichen, würden diese Bewertung wahrscheinlich teilen. Trotzdem fahren sie weiterhin durch Dorf und Stadt und erhoffen sich, dadurch ein paar Minütchen zu gewinnen.
Für Fürpass gibt es kaum kurz- oder mittelfristige Lösungen, die die Situation tatsächlich verbessern könnten. Monnerich will an allen Ortseingängen verkehrsberuhigende Maßnahmen einführen. Dass das Grundproblem damit nicht aus der Welt ist, weiß Fürpass auch. Die Hoffnung steckt also in nationalen Megaprojekten wie der schnellen Tram oder dem Steinbrückener Oval. Dabei handelt es sich allerdings um ferne Zukunftsmusik – und Luxemburg sitzt das Bevölkerungswachstum im Nacken. Dauerhaft können nur ein Wechsel der Mobilitätsmentalität und ein Umstieg auf den öffentlichen Transport für eine Entlastung der Straßen sorgen. Daran führt kein Weg vorbei.
Genau diesen Mentalitätswandel kann man nur mithilfe der Kommunen erreichen, die sich an passenden Infrastrukturprojekten beteiligen. Doch die Gemeinden für den Mobilitätswandel zu begeistern, ist „die größte Herausforderung“ von Verkehrsminister François Bausch. Das sagte er jedenfalls im Tageblatt-Interview Ende März. Vor den Gemeindewahlen sollte man sich als Wähler also ein ausgefeiltes Mobilitätskonzept von seinem Schöffenrat und den Oppositionsparteien erwarten.
Verschiedene Gemeinden wollen sich dementsprechend einen Mobilitätsplan geben, der Straßen und Nerven entlasten soll. So stellt Esch sein neues Mobilitätskonzept am 21. April vor. Sollten dort tatsächlich alle Maßnahmen vorgestellt werden – nicht so wie beim Sicherheitsplan vor ein paar Wochen – und diese auch noch Sinn ergeben, könnten vielleicht verschiedene Probleme in der Südstadt behoben werden. Luxemburg-Stadt wollte ebenfalls mit so einem Plan an die Öffentlichkeit treten. „Die DP/CSV-Mehrheit finalisiert ihren Mobilitätsplan nicht vor den Wahlen“, twitterte François Benoy allerdings Ende März. Beide Parteien würden sich somit der politischen Diskussion zu diesem wichtigen Wahlthema verschließen, meinte der grüne Oppositionspolitiker im städtischen Gemeinderat.
Dabei sollte ein durchdachter Mobilitätsplan ein essenzieller Teil der Wahlprogramme sein. Immerhin könnte so ein Konzept die lokale Verkehrspolitik der nächsten fünf Jahre bestimmen – und damit auch die Autoschlange.
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Keine Autos in die Innenstädte lassen, dann ist schnell Ruhe.
Luxemburg auf der Suche nach einem durchdachten Mobilitätsplan …
Wie man aber in Luxemburg vermuten kann, werden sich die Parteien nicht eins werden. Parteipolitisches Kalkül wird jegliche Einigung auf ein vernünftiges Verkehrskonzept zunichte machen.
Dabei bedarf die Dringlichkeit einer Problemlösung angesichts des täglichen Verkehrschaos einer parteiübergreifenden Kooperation, bei der es nicht um Profilierung einzelner Politiker oder Parteien geht, sondern darum, die seit Jahren durch übermäßiges Verkehrsaufkommen verlorengegangene Lebensqualität wieder herzustellen, soweit möglich.
@Tarchamps: Warum verlangen sie nicht das komplette Verbot von Autos? Dann wäre noch schneller noch mehr Ruhe.
Was wollen/sollen die Kommunen denn in dieser Angelegenheit Grossartiges bewirken? Die Gemeinden sind eh mit dieser Problematik überfordert und werden zudem noch aufgefordert sich immer mehr zu vergrössern. Bei steigender Einwohnerzahl nimmt aber auch der innerörtliche Verkehr kontinuierlich stark zu.
Kein Wunder, wenn der Staat von den Gemeinden verlangt, dass sie sich permanent bevölkerungsmässig vergrössern sollen. Zuerst wird gebaut, auf Teufel komm raus, die Zahl der Einwohner verdoppelt, verdreifacht sich, parkende Fahrzeuge engen die Strassen ein, weil es an Garagen oder überteuerten Unterständen fehlt. Zuerst alles zugebaut um dann festzustellen, dass es an der nötigen Infrastruktur fehlt. Und so entstehen dann landesweit, allerorten die berühmt berüchtigten Baustellen.