Coronavirus / BA.2-Variante so infektiös wie Masern? Luxemburger Forscher klärt über die neue Omikron-Variante auf
Eine Infektiösität, die an Masernerreger heranreicht? Die Daten zur Omikron-BA.2-Variante wirken auf den ersten Blick besorgniserregend. Der Virologe Dirk Brenner vom LIH (Luxembourg Institute of Health) erklärt im Gespräch mit dem Tageblatt, was es mit der neuen Mutation auf sich hat und warnt: „Die Pandemie ist noch nicht zu Ende.“
Die Grippesaison hat Luxemburg pünktlich mit dem Wintereinbruch im April eingeholt. So lässt sich der wöchentliche Bericht des Nationen Gesundheitslabors (LNS) zusammenfassen. 10,66 Prozent aller Arztbesuche in Luxemburg waren auf grippeähnliche Symptome zurückzuführen. Influenza A war mit 64,1 Prozent Hauptverursacher der Symptome, gefolgt von menschlichen Rhinoviren (14,1 Prozent). Erst an dritter Stelle folgt das Coronavirus mit einem Gesamtanteil von 11,7 Prozent aller gesammelten Proben.
Insgesamt haben sich in der vergangenen Woche 9.550 Menschen in Luxemburg positiv auf das Coronavirus getestet. Davon haben die Wissenschaftler des LNS 680 Proben, also 7,1 Prozent der positiven Proben, sequenziert. ECDC-Standards verlangen, dass bei einer Inzidenzrate von minimal 2,5 Prozent mindestens 5,9 Prozent der positiven Proben sequenziert werden. Zusammen mit positiven PCR-Screenings wurden insgesamt 1.703 Coronavirus-Proben analysiert. Resultat: In Luxemburg kursiert mit überwiegender Mehrheit der BA.2-Untertyp der Omikron-Variante (85,8 Prozent). Lediglich 14,2 Prozent der Proben enthielten die herkömmliche BA.1-Omikron-Variante.
Doch was unterscheidet den BA.2-Untertyp der Omikron-Variante von der BA.1-Variante? „Trotz einer sehr ähnlich klingenden Klassifizierung, sind die beiden Viren genetisch sehr unterschiedlich“, erklärt Dirk Brenner, Professor für Immunologie am Luxembourg Institute of Health und der Universität Luxemburg im Gespräch mit dem Tageblatt. „Die BA.2-Variante könnte mittlerweile die Infektiösität des Masernerregers erreicht haben.“ Das höre sich beunruhigend an, der Blick auf die Krankenhausbelegungen in Großbritannien aber würde zeigen, dass diese Variante im Vergleich zu BA.1 zu keinem Anstieg der Krankenhausbelegungen führe. „Das krankmachende Potenzial unterscheidet sich nicht von der ursprünglichen BA.1-Mutante.“
Kein Pandemie-Ende
„Die BA.2-Variante weist eine doppelt so hohe Virenlast im Nasen-Rachen-Raum auf, dringt aber nicht so tief ins Gewebe ein und wird daher wahrscheinlich leichter übertragen“, führt Immunologe Brenner weiter aus. Das sei ein Zeichen für eher mildere Verläufe nach einer Infektion. In dem Sinne sei BA.2 ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. „Infektiösere Viren mit weniger schweren Verläufen.“ Die Impfwirkung hingegen sei bei der BA.1- und der BA.2-Variante gleich. „Die Impfung schützt vor schweren Verläufen, vor einer Infektion aber schützt sie nicht effizient.“ Auch die vierte Impfung würde nur in den „gehobeneren Altersklassen“ einen Unterschied bewirken. Die jüngere Bevölkerungsschicht sei auch mit der dritten Impfung bereits ausreichend geschützt. Im Hinblick auf die kommende Jahreszeit aber würde eine vierte Impfung gerade auch für besonders gefährdete Personen einen Sinn ergeben, denn: „Eine vierte Impfung bietet kurzzeitig einen Übertragungsschutz.“
Nun aber dominiert das Influenza-A-Virus das Infektionsgeschehen in Luxemburg, ein Anzeichen für ein baldiges Ende der Pandemie? „Nein, die Pandemie ist noch nicht vorbei“, meint Prof. Dirk Brenner vom LIH. „Wir werden in der kalten Jahreszeit wieder eine Welle bekommen.“ Wie die dann aussehen werde und welche Virus-Mutanten dann zirkulieren werden, sei jedoch schwer vorherzusehen. Nur eins könne man jetzt schon sicher sagen: „Omikron ist nicht die letzte Mutante des Virus.“ Langfristig werde sich das Virus wohl zu einem hochansteckenden, jedoch weniger krankheitsfördernden Erreger entwickeln.
Kurzfristig jedoch könne sich diese Entwicklung auch ins Gegenteil verkehren, sodass eine Virus-Mutation entstehen könne, die wieder mehr schwere Verläufe hervorrufe als die Omikron-Variante. Deshalb sei es auch wichtig, sich in der „hoffentlich noch kommenden inzidenzfreien Zeit im Sommer“ bestmöglich auf die zu erwartende Welle im Herbst und Winter vorzubereiten. „Es ist wichtig, dass wir noch möglichst viele Booster-Impfungen verabreichen, damit die Menschen vollständig geimpft sind“, sagt Brenner. „Mit der Booster-Impfung erreichen wir eine breite Immunität, wodurch das Immunsystem sich auch auf kommende Virusmutationen vorbereiten kann.“ Ein Argument für eine Impfpflicht also? „Das ist eine rein politische Entscheidung“, sagt der Experte.
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Aufklärung und Impfung anbieten.Wer’s dann nicht verstanden hat soll sehen was er davon hat,mit allen Konsequenzen für sich und seine Familie.