Tourismus / „Baggerweieren“ in Remerschen: Zufrieden mit dem Neustart
Mit viel Elan gestartet, kurz danach Corona, Lockdowns, im Jahr darauf ein verregneter Sommer und jetzt Blaualgen: Der Start der Asbl. „Erliefnis Baggerweieren“ hätte besser laufen können. So sehen das Außenstehende. Asbl.-Direktor Ramon Hemmer (49), zuständig für das Tagesgeschäft der Freizeitanlage, sieht das allerdings anders und ist sogar zufrieden.
Freizeit, Badespaß, Partymeile: Die Baggerweiher in Remerschen sind ein beliebter Treff – vor allem im Sommer. An heißen Tagen halten sich teilweise bis zu 8.000 Besucher dort auf. Wenn der Direktor der Asbl. „Erliefnis Baggerweieren“ Ramon Hemmer über das insgesamt 25 Hektar große Gelände spricht, sagt er zuerst „Atelier d’inclusion“. Die Asbl. betreibt das Gelände seit 2018 in Eigenregie.
Hemmer ist mit dem Anspruch angetreten, nicht nur dem Freizeitanspruch und dem Unterhalt der Anlage gerecht zu werden, sondern gleichzeitig Menschen mit einem Handikap einen Arbeitsplatz zu bieten. 25 solcher Arbeitsplätze sind mittlerweile entstanden und einiges hat sich sichtbar geändert.
Es gibt gut zugängliche Stege, behindertengerechte Pontons und einen gut angelegten Rundweg um das Seengebiet mit 16 Hektar Wasserfläche. Wo früher Rollstuhlfahrer, Familien mit Kindern und Kinderwagen oder Senioren mit Rollatoren kläglich scheiterten, ist jetzt der Zugang barrierefrei. Das neue Team seinerseits hatte Zeit, sich zu finden und sich einzuarbeiten.
Die nächste Badesaison kann kommen
„Wir sind jetzt fit für die nächste Saison“, sagt Hemmer. „Es war gut, dass der Betrieb nicht gleich von null auf hundert gestartet ist.“ Die Arbeitsplätze bei der Asbl. sind besondere. „Wir arbeiten hier mit Menschen zusammen, die noch nie gearbeitet haben“, sagt der Asbl.-Direktor. Deshalb vergleicht er die letzten beiden Jahre gerne mit einer „Lehre“. Hemmer hat 24 Jahre in einer Behindertenwerkstatt gearbeitet und bringt die Erfahrung mit.
Investitionen in die Infrastruktur sind das eine, Aus- und Weiterbildung das andere. 22 Mitarbeiter wurden zu Rettungsschwimmern ausgebildet, Weiterbildungen für den Umgang mit Gartengeräten wurden bezahlt. Ein Budget von 7.000 Euro stand dafür zur Verfügung. Zwar sind die Besucherzahlen von zuletzt fast 50.000 im Jahr 2019 auf geschätzt 23.000 bis 24.000 im Jahr 2021 zurückgegangen, den Asbl.-Direktor stört das nicht.
„Wir haben viel umsetzen können in der Zeit und das Publikum hat sich verändert“, sagt er. Immer mehr Familien und Menschen mit Handicap entdecken die Weiher neu. Die Tatsache, dass das Gelände nur noch bis 8 Uhr abends geöffnet ist, hat die frühere Attraktivität als Partymeile eingeschränkt. Außerdem wurde viel für Angler getan.
Das „Carpodrom“ an einem der beiden kleinen Nebenweiher ist immer gut besucht und die Fans des Sports haben Zutritt bis zum 20. Dezember. Langfristig soll das Gelände ganzjährig geöffnet sein. Tom Weber (32), Hemmers Vize und als Schöffe für Sport und Tourismus bei der Gemeinde zuständig, ist ebenfalls zufrieden und optimistisch – zumal es ein Wagnis für die Gemeinde war, sich auf das Projekt einzulassen.
„Big Business“ ist nicht gewollt
„Die Besucherzahlen spiegeln den Erfolg des Projektes sicherlich nicht wider“, sagt Weber. „Aber es ist viel bewegt worden.“ Beim Blaualgen-Problem, das auch in diesem Jahr aufgetaucht ist, ist natürlich auch er machtlos. „Wir suchen noch nach Lösungen“, sagt er. „Stehendes Gewässer und wenig Wind sind das Problem.“ Finanziell steht das Projekt bislang trotz der fehlenden Eintritte auf gesunden Beinen.
Hemmer verfährt seit jeher nach dem Motto: „Das Fest muss bezahlt sein, ehe es losgeht.“ Allein 2021 wurden 600.000 Euro, das Jahr davor rund 200.000 Euro investiert. Ab Oktober sollen Ruhebänke den Rundgang um den See ergänzen. Und die Sicherheit beim Baden soll nach den Unfällen der letzten Jahre noch mehr ausgebaut werden.
„Wir sind kein big Business, aber eines im Einklang mit der Natur und inklusiv“, sagt Hemmer. „Das ist die Seele des Projektes.“ So viele Besucher an einem Tag wie in früheren Jahren ist nicht mehr das Ziel. 2.000 bis 3.000 reichen an sonnigen Tagen und sind umweltverträglicher. Langfristig ist geplant, die Mitarbeiterzahl der Asbl. weiter auszuweiten, und das Endziel steht.
„Wenn wir es schaffen, unseren Mitarbeitern irgendwann eine richtige Lehre anbieten zu können, haben wir gute Chancen, sie in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen“, sagt Hemmer. Nicht nur deshalb spielen die Baggerweiher im barrierefreien, naturnahen Tourismus schon jetzt eine Pionierrolle.
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