Verkehrspolitik / Bascharage/Sanem: In den Streit um die Umgehung kommt Bewegung
Es war die Nachricht vor wenigen Tagen. Nach 30 Jahren Kampf um die Umgehung von Bascharage und Sanem kommt neuer Schwung in die Sache. Verkehrs- und Umweltministerium haben nun der Öffentlichkeit via Pressemitteilung eine Tunnelvariante präsentiert. Sie stößt in der Gemeindepolitik auf gemischte Gefühle, die von Verwunderung über Verärgerung bis zu Lob für „guten Kompromiss“ reichen.
Die Umgehung ist eine unendliche Geschichte und müsste eigentlich einen Bart haben. Dabei war das Projekt, an dessen Sinn und Zweck auf politischer Seite niemand zweifelt, weit fortgeschritten. Seit fünf Jahren ist das Finanzierungsgesetz verabschiedet und so mancher rechnete schon mit den ersten Baggerarbeiten in diesem Frühjahr.
139 Mio. Euro sollen in die Umgehung investiert werden, deren Trasse auch Gegner hat. Nach medienwirksamer Waldbesetzung und Kunstaktionen der Umweltschützer überraschten die beiden Minister jetzt mit einer neuen Variante für die Umgehung, die wie ein Zurückrudern wirkt.
Durch den 600 bis 700 Meter langen Tunnel soll ein Erholungsgebiet, sprich der „Bobësch“ und die Natura-2000-Zone „Zämerbësch“, „erheblich geschont“ werden, heißt es in der gemeinsamen Presseerklärung. Zweitens soll die neue Straße direkt in das kommunale Gewerbegebiet „Op Zämer“ und das nationale Gewerbegebiet „Robert Steichen“ führen, anstatt sie zu umgehen.
LSAP hatte Tunnel schon vor Jahren vorgeschlagen
Und drittens soll die Bahnhaltestelle Bascharage-Sanem für Fußgänger, Radfahrer, Buslinien und Autos zugänglich bleiben. Begründet wird die Tunnelalternative damit, dass sich zwischenzeitlich die Ausgangslage für die ursprünglichen Planungen verändert hat. Dazu gehören neueste Erkenntnisse zu den üblichen Kompensationsmaßnahmen, um die Eingriffe in die Umwelt zu mildern.
Hinzu kommt Transportminister Bauschs großer Wurf, der Nationale Mobilitätsplan 2035, heißt es in der Pressemitteilung. Obwohl dieser neue Anlauf eigentlich Begeisterung hervorrufen müsste, sind die Reaktionen gemischt.
Die LSAP-Opposition im Käerjenger Gemeinderat ist „verwundert“. „Die neue Variante entspricht exakt dem, was wir als LSAP schon vor sieben Jahren vorgeschlagen haben“, sagt Yves Cruchten, der gleichzeitig Chef der parlamentarischen Fraktion im Parlament ist. „Damals hieß es: Technisch kompliziert und extrem teuer“. Seine Fraktion im Gemeinderat werde verlangen, dass die Minister die Fragen der Räte „en detail“ in einer Sitzung beantworten. Ihn, der auch in der Chamber sitzt, ärgert, dass es nun wieder eine Verzögerung geben wird.
CSV Bascharage fürchtet lange Verzögerung
Im Büro des CSV-Bürgermeisters ist die Stimmung eher ungehalten. Auf Anfrage des Tageblatt spricht Michel Wolter sogar davon, man habe „sie ins Messer laufen lassen“. Er gehört zu denen, die darauf gewartet haben, dass die Bagger bald anrollen. Wolter empfindet das Ganze als ein „außergewöhnliches Vorgehen“ – zumal keine Details vorliegen. „Das ist ein Blatt Papier“, sagt er. „Und das Ganze wirft uns um 10 bis 15 Jahre, wenn nicht noch länger, zurück“.
Für „déi gréng“ im Gemeinderat wäre die neue Variante „ein guter Kompromiss“. „Die Auswirkungen auf die Natur fallen kleiner aus und wir haben die juristischen Auseinandersetzungen aus den Füßen“, sagt Josée-Anne Siebenaler-Thill („déi gréng”, Mitglied im Bascharager Gemeinderat) auf Anfrage des Tageblatt.
Bürgeriniative hat Umdenken erreicht
Zumal der Ausgang der juristischen Auseinandersetzung ungewiss ist. „Wir haben das ‚Contournement’ als Entlastung für unsere Bürger immer befürwortet“, sagt sie. Das bezweifelt die „Biergerinitiative Gemeng Suessem A.s.b.l.“ (BIGS), die seit 20 Jahren gegen die Umgehung kämpft. Dort herrscht Erleichterung und eine generelle Einsicht.
„Wir sind erleichtert und haben es fertiggebracht, dass ein Umdenken einsetzt“, sagt deren Sprecherin Patrizia Arendt auf Anfrage des Tageblatt. „Es gibt jetzt eine offene Erklärung, dass der Wald schützenswert ist“, sagt sie und denkt im Wahljahr 2023 weiter: „Das wird auch für jede neue Regierung schwierig, es wieder zurückzunehmen.“
Die BIGS zweifelt am Sinn und Zweck des ganzen Vorhabens. „Es löst die Verkehrsprobleme in der Avenue de Luxembourg in Bascharage nicht“, meint Arendt. Auch seien die belastenden Luftwerte so niedrig, dass sie für den Menschen keine Problematik darstellten. „Es lohnt sich, zu kämpfen“, ist das Fazit der BIGS, die sich – zumindest moralisch – bestätigt sieht.
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Bei der Unmenge an Bäumen die die grüne Verkehrspolitik bislang geopfert hat käme es auf die paar wenigen auch nicht mehr an. So klingt die Aussage der Bascharager Gemeinderätin Siebenaler (déi gréng) wie ein schlechter Witz.
Vielmehr handelt es sich bei diesem Paradigmenwechsel um durchschaubare Wahlpropaganda.
„hieß es: Technisch kompliziert und extrem teuer“.
Warum so klein denken, wir haben es doch. Neue Variante bitte prüfen. Ab Schouweiler hinter Uwerkaerjeng vorbei, hoch zum Schack, weiter über die Attertlinntrasse, Tunnel unter dem Hierschbierg, dann hinüber zur Autobahn nach Messancy.
Kaerjeng, Suessem, Péiteng alle zufrieden!