Jubiläum / Baufirma Poeckes besteht seit 100 Jahren
Nur wenige Firmen können sich über ein solches Jubiläum freuen. Laut einer Meldung vom Statec vom vorigen April gab es im Bauwesen hierzulande im ersten Quartal dieses Jahres 71 Insolvenzen. Die Baufirma Poeckes aus Rümelingen jedoch feiert diese Woche ihr 100-jähriges Bestehen.
100 Jahre ist eine Zeitspanne, die sich zeigen lassen kann. Doch was ist das Geheimnis dieses Erfolges? Für Paul Nathan, seit 2014 Leiter des Familienbetriebs Poeckes in Rümelingen, gibt es hierfür mehrere Gründe. An erster Stelle nennt er die Qualität der Mitarbeiter. Mehrmals betont er: „Wir sind eine große Familie. Es ist ein Familienbetrieb in doppelter Hinsicht. Erstens natürlich, weil sich die Firmenanteile noch zu hundert Prozent in den Händen meiner Familie befinden; wir sind aber auch eine große Familie im weitesten Sinne, wir haben vielleicht nicht das gleiche Blut in unseren Adern, aber wir teilen eine Philosophie. Ich benutze gerne die Devise der Drei Musketiere ,Einer für alle, alle für einen‘.“
Das Hoch- und Tiefbauunternehmen wurde 1924 vom Maurermeister Jos Poeckes, dem Urgroßvater von Paul Nathan, gegründet. Heute ist es mit 220 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von rund 34 Millionen Euro eines der wichtigen Bauunternehmen im Land, in einem Wirtschaftszweig, dem es momentan nicht gerade gut geht: Mehrere Baufirmen sind in der rezenten Vergangenheit pleite gegangen.
Auf die Krise angesprochen meint Nathan, dass vor allem die Firmen Probleme haben, die ausschließlich im Wohnungsbau aktiv seien: Poeckes sei eine sehr vielfältige Firma, die sowohl im Hoch- und Tiefbau als auch im Wohnungsbau tätig sei. Die Aktivitäten umfassen Infrastrukturarbeiten, Gebäudebau, energetische Renovierungen. Erdarbeiten, u.a. „Und“, so betont er, „wir suchen nicht den kurzfristigen Gewinn, wir planen stets langfristig, außerdem betreiben wir auch viele kleinere Baustellen.“
Ein wichtiges Element der Firmenphilosophie sei, kein Wachstum anzustreben. „Wären wir mehr als die aktuellen 220 Angestellten, würden wir unsere spezifische Arbeitskultur und den menschlichen Zusammenhalt verlieren.“
Nischenstrategie
Zentrales Element der Firmenkultur von Poeckes sei auch die Strategie, Nischen zu besetzen. „Das wurde aber schon lange getan, bevor ich in der Firma war, sagt Nathan. Schon früh sei bei den Investitionen in Maschinen auf fortschrittliche Technologien gesetzt worden. Auch wurde sehr früh, bereits in den 1990er Jahren, auf hybride Bauformen – Holz und Beton – gesetzt.“
Daniel Fourmanois ist der am längsten in der Firma Beschäftigte: „Kommenden Februar werden es 50 Jahre sein, die ich hier arbeite“, sagt er stolz. „Aber ich bin keine Ausnahme, die meisten Angestellten bleiben sehr lange bei uns.“ Einer der Gründe sei vor allem die Sicherheit des Arbeitsplatzes. „Bei uns gab es nie Zahlungsprobleme, wie bei anderen. Und wir besitzen ein sehr gutes Arbeitsklima.“
Und Nathan ergänzt: „Unsere Arbeitskultur basiert auf Familienwerten. Die Qualität unserer Arbeit ist uns wichtig, wir wollen stolz auf unsere Arbeit sein. Das ist einer unserer Hauptwerte, neben, wie Daniel schon erwähnte, der Sicherheit. Sowohl auf dem Arbeitsplatz – eine Baustelle kann ein gefährlicher Arbeitsplatz sein – als auch die soziale Sicherheit. Bei uns mussten nie Mitarbeiter aus wirtschaftlichen Gründen entlassen werden. Diese beiden Werte führen automatisch zum dritten: dem Vertrauen.“
Wohnungen für Mitarbeiter
Zu der Familienkultur gehöre auch, dass man die Namen jeder einzelner Mitarbeiter kenne, sagt Nathan. „Wir sind hier keine Nummern“, bestätigt Fourmanois. Und die Familie kümmert sich um ihre Kinder. Am Empfang des Firmengebäudes erregt ein nur DIN-A4 großes Informationsblatt unsere Aufmerksamkeit: Es informiert die Mitarbeiter, dass die Firma ein Haus mit vier Wohnungen erworben hat; diese stehen für Mitarbeiter zur Verfügung, die eine Wohnung benötigen. Bereits in den Anfangsjahren des Unternehmens habe der Urgroßvater Wohnungen für Mitarbeiter bauen lassen, und später in den 1980er Jahre baute man ein Appartementhaus gegenüber dem Firmengelände; die dortigen Wohnungen seien später an Mitarbeiter zu Vorzugspreisen verkauft worden.
Die Firma wolle definitiv weiter in diesen Bereich investieren, sagt Nathan, „weil das Wohnungsproblem unsere Mitarbeiter doch sehr belastet“. Die „Familie“ sorgt sich auch außerhalb der Arbeit um ihre „Kinder“: „Wir sind Sponsor des lokalen Tennisclubs. Aber unser Logo überall sichtbar anzubringen, nützt keinem. Wir haben stattdessen für unsere Mitarbeiter feste Zeitfenster beim Klub reserviert, in denen sie dort spielen können. Sie brauchen also keine Mitgliedskarte dort zu kaufen.“
Um die spezielle, familiäre Firmenkultur zu bewahren, schaut sich Nathan neue Mitarbeiter genau an. „Wir führen bei jedem Bewerber mindestens zwei Gespräche, ich bin bei mindestens einem anwesend.“ Die Antwort auf die Frage, welche Qualität er vor allem bei Mitarbeitern schätzt, kommt wie aus der Pistole geschossen: „Loyalität“. Und dann müssten die Bewerber vor allem zeigen, dass sie in dem Sektor arbeiten wollten. „Technische Qualitäten kann man sich aneignen, aber die Leidenschaft für den Beruf muss man mitbringen.“
Es ist nicht der Stärkste, der überlebt, sondern derjenige, der sich am besten an Veränderungen anpassen kann
Als er die Firma übernahm, habe er nicht alles verändern wollen; was sich geändert habe, sei die Digitalisierung vieler Bereiche, sowohl in der Verwaltung als auch auf den Baustellen. „Wir sind aber noch lange nicht so weit, dass die künstliche Intelligenz alles übernehmen kann. Was bei uns zählt, ist vor allem das praktische Know-how.“ Auch würden die Entscheidungen nun nicht mehr in patriarchischer Art und Weise getroffen, sondern in einem Direktionskomitee.
Als weitere Erklärung für die Langlebigkeit der Firma zitiert Nathan Charles Darwin: „Wir müssen uns jeden Tag anpassen. Wie Darwin sagte, ist es nicht der Stärkste, der überlebt, sondern derjenige, der sich am besten an Veränderungen anpassen kann, und das gilt auch für eine Baufirma.“ Anpassen muss sich die Firma vor allem, was die großen Herausforderungen der Zeit angeht: Nachhaltigkeit, Dekarbonisierung, soziale Verantwortung, Kreislaufwirtschaft. „Wir haben z.B. Solarpanels auf dem Dach des Gebäudes installiert, ebenso haben wir nun eine Wärmepumpe. Unser Ziel ist es, im Firmengebäude Selbstversorger in Sachen Energie zu werden.“
Am 6. Juni findet eine akademische Sitzung mit dem Erbgroßherzog statt, am 7. Juni eine Feier für die Mitarbeiter. Auch bei diesen Feierlichkeiten soll die Besonderheit der Firma hervorgehoben werden. „Wir verteilen keine Gadgets an unsere Gäste, sondern spenden Geld an verschiedene Wohltätigkeitsorganisationen. Und außer der Begrüßung werde ich keine Rede halten. Sie wissen ja wie das ist, nach der zweiten Rede hört niemand mehr zu. Wir haben einen zwölfminütigen Film über die Firma drehen lassen, den wir bei der Geburtstagsfeier zeigen werden.“
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