LUXEOSys / Bausch wirft Schneider Versäumnisse bei Planung und Budgetierung vor
Wer trägt die Schuld an der Kostenexpolsion für den Erdobservationssatelliten LUXEOSys? Im Juni hatten der frühere Verteidigungsminister Etienne Schneider (LSAP) und sein „Directeur de la Défense“, Patrick Heck, vor dem parlamentarischen Budgetkontrollausschuss ihre Hände in Unschuld gewaschen. Am gestrigen Montag warf der aktuelle grüne Verteidigungsminister François Bausch ihnen schwere Versäumnisse bei der Planung und Budgetierung vor.
Laut Berechnungen des Finanzberaters PwC sollen die Zusatzkosten für den Erdobservationssatelliten LUXEOSys zwischen realistischen 117,7 Millionen und maximalen 138,3 Millionen Euro liegen. Im März war Verteidigungsminister François Bausch („déi gréng“) noch von 180 Millionen Euro ausgegangen. Nach neuen Berechnungen von PwC konnte dieser Betrag aber nun etwas verringert werden. Zusammen mit dem 2018 vom früheren Verteidigungsminister Etienne Schneider (LSAP) veranschlagten Betrag von rund 170 Millionen Euro soll LUXEOSys den Luxemburger Steuerzahler am Ende insgesamt zwischen 288 und 318 Millionen Euro kosten.
Wegen der gestiegenen Kosten hatten sich die parlamentarische Budgetkontrollkommission und der Ausschuss für Innere Sicherheit und Verteidigung in den vergangenen Wochen mit dem Militärsatelliten befasst. Die Mehrkosten seien zustande gekommen, weil Schneider im ersten Gesetz von Juli 2018 nicht alle Ausgaben aufgeführt hatte, erläuterte François Bausch am Montag auf einer Pressekonferenz. Der ursprüngliche Betrag von 170 Millionen Euro sei lediglich für den Kauf und den Start des Observationssatelliten, den Bau von Antennen und der Einrichtung einer Zentrale zur Kontrolle und Verwaltung des Systems vorgesehen gewesen, erläuterte Geoffroy Beaudot, der das Projekt von Anfang an im Verteidigungsministerium begleitete.
Bereits zwei Monate nachdem das Gesetz mit großer Mehrheit vom Parlament angenommen worden war (nur „déi Lénk“ stimmte dagegen), sei das gesamte Budget schon nahezu aufgebraucht gewesen, sagte Bausch. Bestimmte Elemente, die zum Funktionieren des Satelliten benötigt werden, seien von Schneider falsch geplant gewesen. So sei es aus Platzgründen unmöglich, die ganze Bodenanlage zur Steuerung des Satelliten und zur Auswertung seiner Observationsbilder auf dem Herrenberg in Diekirch anzusiedeln. Eine Machbarkeitsstudie sei unter Schneider nicht durchgeführt worden. Andere Elemente seien zwar geplant, aber nicht berechnet worden. Dazu gehörten u.a. ein Datenzentrum und eine polare Antenne, die der Staat nun auf Spitzbergen mieten will. Weitere Teile der Bodenanlage will der Staat künftig nahe der belgischen Ortschaft Redu errichten.
Etienne Schneider und der damalige „Directeur de la Défense“, Patrick Heck, hatten ihre Vorgehensweise im Juni vor dem Parlament damit rechtfertigt, dass Folgekosten zu einem späteren Zeitpunkt über den „Fonds d’équipement militaire“ hätten budgetiert werden sollen. Nachdem er Mitte Juni von der parlamentarischen Budgetkontrollkommission gehört worden war, hatte Patrick Heck, inzwischen hoher Beamter im Außenministerium, den Abgeordneten ein Memorandum zukommen lassen, in dem er seinen und Schneiders Ansatz verteidigt und dem heutigen Verteidigungsminister François Bausch die Schuld an der Kostenexplosion zuschiebt. Hauptgrund für die Mehrausgaben sei, dass Bausch den Betrieb des Satelliten an ein Subunternehmen auslagern wolle, während Schneider die Luxemburger Armee damit beauftragen wollte.
„Schneider hat nicht sauber gearbeitet“
Am Montag schlug François Bausch nun zurück. Etienne Schneider und Patrick Heck hätten einige Dinge falsch eingeschätzt, andere seien schlichtweg nicht umsetzbar gewesen, bemängelte Bausch. Laut seinem Verständnis müsse ein Finanzierungsgesetz sämtliche Kosten beinhalten. Im Hinblick auf die staatliche Buchhaltung habe sein Vorgänger nicht sauber gearbeitet, kritisierte Bausch. Anders als Schneider behauptet habe, seien weder im Gesetz noch im „Fonds d’équipement militaire“ ausreichend Ausgaben für den Betrieb der Satellitenanlage vorgesehen gewesen.
Laut François Mousel, Chef von PwC Luxemburg, chiffrieren sich alleine die zusätzlichen Personalkosten für den Betrieb des nun geplanten „Mission Operating Center“ (Kontrolle und Steuerung) sowie des „Data Processing Center“ (Bildübertragung und -verarbeitung) auf 53 bis 63 Millionen Euro (für zehn Jahre). Demnach machen die Personalkosten fast die Hälfte der neu berechneten Mehrkosten aus, die zwischen 118 und 138 Millionen Euro liegen sollen. François Bausch ergänzte jedoch, dass auch die Baukosten für die von Schneider nicht geplante oder nicht budgetierte Architektur und Infrastruktur einen nicht unwesentlichen Teil der Zusatzkosten ausmache. Ferner sei es unrealistisch, zu denken, dass die luxemburgische Armee personell gut genug aufgestellt sei, um das LUXEOSys-Projekt eigenhändig zu stemmen.
Laut einem früheren PwC-Bericht war das Satellitenprojekt von Anfang an mit Unstimmigkeiten behaftet. Radio 100,7 berichtete im Mai dieses Jahres, dass die Initiative für LUXEOSys 2016 von der Privatwirtschaft ausgegangen sei. In den Folgejahren sei es zu mutmaßlichen Interessenkonflikten sowohl bei den beteiligten Unternehmen als auch zwischen Schneiders Ministerressorts Wirtschaft und Verteidigung gekommen. PwC stellt auch Unregelmäßigkeiten bei der Ausschreibungsprozedur fest, die auf Zeitdruck der Regierung zurückzuführen seien. Unklar ist ebenfalls, wieso sich das öffentlich-private Unternehmen LuxGovSat, das der Staat mit SES betreibt, sich aus dem Projekt zurückgezogen hat. Ursprünglich sollte es die Steuerung des Satelliten übernehmen. Diese Aufgabe wird nun öffentlich ausgeschrieben.
Trotz dieser mutmaßlichen Unstimmigkeiten, die François Bausch nach seinem Amtsantritt 2018 vorgefunden hat, hält auch er weiter an LUXEOSys fest. Bei einem Abbruch würden dem Staat 145 Millionen Euro verloren gehen, sagte der Verteidigungsminister am Montag. Strafrechtliche Schritte gegen Schneider oder Heck wurden bislang offenbar nicht eingeleitet.
Am 23. Juli will Bausch einen Änderungsantrag im Regierungsrat einreichen, der den im Gesetzesprojekt vom 27. März festgeschriebenen Finanzierungsbetrag von 180 Millionen Euro aufgrund der neuen PwC-Berechnungen um 40 Millionen reduziert. Im Herbst soll das Parlament dann über den Gesetzentwurf abstimmen. Ende 2022 soll der Satellit in die Erdumlaufbahn geschossen werden, ab 2023 soll er betriebsbereit sein. Zehn Jahre lang soll er dann hochauflösende und detaillierte Bilder von der Erdoberfläche liefern, die Luxemburg der UNO, der NATO, der EU sowie seinen Partnerstaaten zur Verfügung stellen will.
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Etienne Schneider weiß schon warum er gegangen ist, aber wir haben ja noch mehr von der Sorte.
Luxemburger Steuerzahler am Ende insgesamt zwischen 288 und 318 Millionen Euro kosten.
wir haben ja genug Steuerzahler die sich melken lassen.
Ich denke das nach Corona die größere Pandemie weltweit bei den Politikern liegt ( Machtgeilheit gepaart mit Vakuum im Oberstübchen ).