Differdingen / „Begeistert vom Interesse“: Pilotprojekt soll energetische Sanierungen vereinfachen
Das Projekt „Zesumme renovéieren“ von der Klima-Agence zusammen mit der Differdinger Gemeinde soll energetische Sanierung leichter machen. Bewohner können seit April teilnehmen. Bis jetzt haben sich knapp 100 Menschen bei der Beratungsstelle gemeldet – rund 4.000 Einfamilienhäuser könnten auf diese Weise renoviert werden. Die Klima-Agence ist jedenfalls sehr zufrieden mit dem bisherigen Interesse.
Die energetische Sanierung des Gebäudebestands ist laut Luxemburger Klimaplan von „entscheidender Bedeutung“. Das Projekt „Zesumme renovéieren“ in Differdingen soll diesen Vorgang beschleunigen. Die Klima-Agence soll die Bewohner von Anfang bis Ende begleiten und beraten. „Es geht darum, die Hausbesitzer zu motivieren, in eine energetische Renovation zu investieren“, erklärt Fenn Faber, Direktor der Klima-Agence, gegenüber dem Tageblatt. Die Aktion läuft seit April – am Mittwochabend zogen die Verantwortlichen zusammen mit Energieminister Claude Turmes und Umweltministerin Joëlle Welfring (beide „déi gréng“) durch die Differdinger Straßen, um den Bürgern das Projekt noch einmal näherzubringen.
Was ist „Zesumme renovéieren“?
Grundsätzlich geht es darum, mehrere Häuser gleichzeitig auf ihre Energieeffizienz hin zu analysieren und zu renovieren. Das sei möglich, weil sich viele Häuser in Differdingen ähneln. Es gibt Gebäudetypen, die 150-mal in Differdingen gebaut wurden. Heißt: Die Klima-Agence hat zusammen mit ihren Partnern einen Steckbrief pro Hausmodell mit allen möglichen Energiesparmaßnahmen zusammengestellt, der dann auf mehrere Haushalte angewendet werden kann. Betroffen sind Wohngebäude, die viel Energie verbrauchen. In diesem Fall seien das Häuser, die vor den 1990er-Jahren gebaut wurden – in Differdingen gebe es viele davon. In der Praxis sieht es so aus, dass die Klima-Agence die Besitzer so weit wie möglich bei der Renovierung begleitet. Anschließend müssten sich diese trotzdem noch mit einem zertifizierten Energieberater zusammensetzen, um das standardisierte Modell zu personalisieren.
Die erste Zwischenbilanz sei jedenfalls positiv: „Wir sind wirklich begeistert vom Interesse“, sagt Faber. Mittlerweile haben sich 94 Differdinger bei der Klima-Agence gemeldet. Davon fragten 71 Kunden nach einer ersten Beratung und 47 konnten danach an einen zertifizierten Energieberater vermittelt werden. 13 von ihnen haben bisher einen „accord de principe“ beim Ministerium angefragt. Mehr als 30 Personen müssten noch weitere Details mit ihrem Energieberater klären.
Insgesamt befinden sich in Differdingen 4.000 Einfamilienhäuser, die für die energetische Sanierung des Projektes „Zesumme renovéieren“ infrage kommen. „Wenn man die Teilnehmerzahl mit den 4.000 vergleicht, ist das natürlich überschaubar, aber das sind weit mehr als das, was wir normalerweise in diesen Vierteln hätten“, meint Faber. „Wir haben jetzt schon knapp 100 Menschen, die sich bei uns gemeldet haben, und bei rund der Hälfte gibt es eine Konkretisierung der Projekte – das sind Zahlen, die wir in unserer alltäglichen Arbeit nicht kennen.“ Im Vergleich mit der bisherigen Anzahl an Differdinger Kunden sei das eine enorme Steigerung.
Das Menschliche
Schlussendlich komme es nicht nur darauf an, neue Kunden zu gewinnen, sondern auch zu erreichen, dass sich die Menschen mit dem Thema energetische Sanierung beschäftigen. Die Verantwortlichen haben während des Spazierganges beispielsweise auch Nachbarn angesprochen, die noch nicht am Projekt teilnahmen. „Die Hemmschwelle ist dann sehr klein – es wurden viele Fragen gestellt“, sagt Julie Dupont. Sie ist die Viertelberaterin und erste Ansprechpartnerin für die Bewohner. Nach dem Spaziergang haben laut Dupont sechs neue Nachbarn einen Beratungstermin angefragt.
Die Beraterin ruft die Kunden auch regelmäßig an und informiert sich, ob es noch Fragen gibt und wie weit das Renovierungsprojekt fortgeschritten ist. „Die Tatsache, dass wir eine Person haben, die ‚um Terrain’ unterwegs ist und nachfragt, macht einen großen Unterschied, um die Menschen bei der Stange zu behalten“, sagt Fenn Faber. Dabei gehe es auch oft nur um kleine Fragen, an denen das Projekt ohne Betreuung gescheitert wäre.
„Das ist für mich eine neue Erfahrung – so nah am Kunden und mit so vielen Kunden habe ich bisher noch nicht gearbeitet“, sagt Dupont. Dabei gehe es nicht nur um die Beratung, sondern auch um den menschlichen Aspekt. „Für verschiedene Bewohner ist der administrative Teil eine große Hürde und da muss man dann dahinter bleiben und sich nicht sofort aufregen“, fügt sie hinzu.
Von lokal auf national
Im Rahmen dieses Projektes übernimmt die Klima-Agence die Kosten des Energieberaters. Die Berater versuchen ebenfalls enger mit den Handwerkern zusammenzuarbeiten, um die Hausbesitzer sofort in Kontakt mit den jeweiligen Betrieben bringen zu können. „Damit das marktneutral ist, haben wir einen Aufruf bei der Handwerkskammer gemacht, die wiederum ihre Betriebe kontaktiert hat“, berichtet Faber. Bis jetzt hätten sich allerdings nicht sonderlich viele Unternehmen gemeldet. „Es sind ein paar, aber das ist nicht in der Größenordnung, in der wir das gerne hätten und bräuchten“, sagt Faber. Die Klima-Agence arbeite allerdings weiter daran, mehr Betriebe mit ins Boot zu nehmen.
„Schlussendlich geht es auch darum, mit dem Energie- und Umweltministerium zu schauen, welche Lehren wir daraus ziehen können, um das auf nationaler Ebene umzusetzen“, sagt Faber. Andere Gemeinden hätten schon ihr Interesse ausgesprochen. „Wir sind in einer Pilotphase – momentan sind wir also nicht so aufgestellt, dass wir viele Gemeinden gleichzeitig abdecken könnten.“ Es sei sinnvoll, sich auch weiterhin auf verschiedene „Hotspots“ wie Differdingen zu konzentrieren. „Es gibt auch andere Gemeinden, in denen es eine hohe urbane Dichte, wichtige sozio-ökonomische Faktoren und eine Homogenität bei den Gebäuden gibt“, sagt Faber. Aber diese Entscheidungen müsste dann eine zukünftige Regierung treffen.
Bis jetzt ist jedenfalls noch kein Enddatum für „Zesumme renovéieren“ in Sicht – das Pilotprojekt werde wohl noch ein paar Jahre laufen. Der Spaziergang am Mittwochabend sei jedenfalls nicht der letzte gewesen. „Das gehört auch zu diesem Projekt: Die Idee ist, immer wieder solche Veranstaltungen zu organisieren, um die Menschen weiter zu mobilisieren“, sagt Dupont.
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